Israelischer Politiker sieht Chance auf Frieden in Nahost

"Neue Spieler auf internationalem Parkett"

Seit langem gebe es wieder eine kleine, aber realistische Hoffnung auf Frieden in Nahost. Der israelische Politiker und Friedensaktivist Jossi Beilin nährt seinen Optimismus vor allem durch zwei "neue" Figuren auf der politischen Bühne.

Israelische Fahne / © Oded Balilty (dpa)
Israelische Fahne / © Oded Balilty ( dpa )

domradio.de: Sie sehen heute eine realistische Chance auf Frieden zwischen Israel und Palästina, realistischer als vor einem Jahr. Was hat sich geändert?

Yossi Beilin (ehemaliger israelischer Außenminister): Es gibt zwei neue Spieler auf der internationalen Bühne. Einer ist der Kronprinz von Saudi-Arabien, der die Palästinenser zum Frieden mit Israel bewegen will. Er sieht Israel nicht als Feind, sondern als Partner und potentieller Freund. Der andere ist Donald Trump, der sich die Aufgabe gestellt hat, den Friedensprozess voranzubringen. Sein Ziel ist es, einen Deal da zu erreichen, wo andere versagt haben. Ich weiß nicht, ob das alles zum Frieden führen wird, aber es steht außer Frage, dass die Lage heute von Grund auf anders aussieht, als vor einem Jahr. Damals waren beide Seiten ermüdet von den endlosen Gesprächen ohne Ergebnis, das sieht heute anders aus.

domradio.de: Sie haben 1993 als Leiter der israelischen Delegation an den Oslo-Verträgen mitgewirkt. Wie könnte denn im Jahr 2017 ein Friedensabkommen zwischen Israel und Palästina aussehen?

Beilin: Es braucht eine Zwei-Staaten-Lösung. Das ist die beste Lösung für beide Seiten. Es ist fast unmöglich, die hunderttausenden von Siedlern im Westjordanland zu evakuieren. Stattdessen sollten wir versuchen, eine Art Bündnis, eine Konföderation der Staaten Israel und Palästina zu schaffen. Die israelischen Siedler sollten dann weiter in ihren Siedlungen bleiben können, allerdings als palästinensische Staatsbürger. Mit den Palästinensern in Israel sollte genau so verfahren werden, damit wären beide Seiten gleichgestellt, und die Siedlungsfrage wäre umgangen.

domradio.de: Wie realistisch ist es, dass es tatsächlich so weit kommt?

Beilin: Auf alle Fälle ist es realistischer, als die komplette Evakuierung der Siedlungen im Westjordanland. Für jede israelische Regierung der Zukunft wird das Problem leichter anzugehen sein, wenn es nicht mehr um die Frage der Siedler geht.

domradio.de: Welche Rolle spielt die Religion, der Konflikt zwischen Juden und Muslimen, bei der Auseinandersetzung?

Beilin: Die Frage der nationalen Identifikation ist tief mit der Religion verbunden. Viele Jahre gab es keinen Unterschied zwischen einem Juden und einem religiösen Juden. Alle Juden waren religiös. Die, die zum Christentum konvertiert sind, wurden religiöse Christen. Die Idee der Säkularisierung ist gerade mal 200 Jahre alt. Man kann also nicht verleugnen, dass die Religion beim Konflikt eine große Rolle spielt. Das kann sie aber auch bei der Lösung des Konfliktes sein. Das ist meine Hoffnung. Es ist einfach zu sagen: "In unserer Heiligen Schrift steht, wir für unser Vaterland kämpfen". in den gleichen Schriften steht aber auch, wir sollen in Frieden leben. Also sollten wir uns lieber darauf besinnen.

domradio.de: Finden Menschen, die an Gott glauben, einfacher den Weg zum Frieden?

Beilin: Absolut nicht. In Wahrheit ist es leider umgekehrt. Aber: Es gibt Rabbiner und Imame, die einen Weg des Friedens suchen. Wir sehen leider, dass viele Imame die jungen Leute aufrufen zu kämpfen, ihr Leben zu opfern und so in den Himmel zu kommen. Das ist sehr beunruhigend. Auf unserer Seite genau so. Es gibt Rabbiner, die ihren Extremismus mit der Heiligen Schrift rechtfertigen. Was wir brauchen und unterstützen müssen, sind die gemäßigten Kräfte. Leider sind die im Moment eine kleine Minderheit.

domradio.de: Was muss nun passieren?

Beilin: Wir müssen die gemäßigten Kräfte unterstützen. Die Friedensbefürworter auf beiden Seiten müssen zusammenarbeiten, um das Ziel zu erreichen. In Israel haben wir keinen religiösen Konflikt, wir haben einen politischen Konflikt mit religiösen Aspekten. Wenn wir Rabbiner und Imame finden, die uns beim politischen Prozess zum Frieden unterstützen, kann uns das nur gut tun.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Jossi Beilin / © Herausforderung Zukunft (DR)
Jossi Beilin / © Herausforderung Zukunft ( DR )

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman / © Uncredited (dpa)
Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman / © Uncredited ( dpa )

US-Präsident Donald Trump / © Susan Walsh (dpa)
US-Präsident Donald Trump / © Susan Walsh ( dpa )
Quelle:
DR
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