Diskussion über Grenze zwischen Religionskritik und Hass

Religion als Problem

Unter der Fragestellung "Wo beginnt der Hass?" diskutierten am Mittwochabend Religionsexperten in der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn die Grenze zwischen Religionskritik und Rassismus.

Autor/in:
Denise Thomas
Schilder einer islamfeindlichen Kundgebung / © Ricarda Schwitters (epd)
Schilder einer islamfeindlichen Kundgebung / © Ricarda Schwitters ( epd )

Als am Mittwoch ein Mann in der Nähe der Hallener Synagoge zwei Menschen erschießt und versucht, in das Gotteshaus einzudringen, kommt vor allem in den sozialen Netzwerken schnell die Frage nach Herkunft und Religion des Täters auf. Aber warum?

Religion werde in Deutschland oft als Problem wahrgenommen, versucht es Yasemine El-Menouar von der Bertelsmann Stiftung zu erklären. "Wir sprechen sehr problembehaftet über Religion", sagte sie am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn. Dort wurde unter der Leitfrage "Wo beginnt der Hass?" die Grenze zwischen Religionskritik und Rassismus ausgelotet.

"Tonlage verschärft"

Diese problembehaftete Wahrnehmung präge das öffentliche Bild von Religionen - besonders weil die Gesellschaft generell immer weniger mit Religion anfangen könne, so El-Menouar weiter. "Auseinandersetzungen über Religionen sind stärker geworden", bestätigt Gert Pickel, Religionssoziologe der Universität Leipzig, die Aussage El-Menouars. Dabei habe sich die Tonlage verschärft und enthemmt, so Pickel weiter.

Ein Beispiel: Der umstrittene Besteller "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin aus dem Jahr 2010. Dort beschreibt Sarrazin die Folgen, die sich seiner Ansicht nach durch die Migration aus überwiegend islamisch geprägten Ländern ergeben: Für ihn ist der Islam rückschrittlich und kulturfeindlich. Er schürt die Angst, dass Muslime Scharen von Kindern in die Welt setzen und damit den Intelligenzquotienten der deutschen Bevölkerung herabsetzen. "Sarrazin spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Salonfähigkeit von Rassismus geht", wirft Saba-Nur Cheema, pädagogische Leiterin der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, ein.

Studie: Mehrheit sieht Islam nicht als Bereicherung

Während generell gegenüber anderen Religionen in Deutschland eine gewisse Toleranz herrscht, wird der Islam von der Mehrheit der Deutschen nicht als Bereicherung, von einigen sogar als Bedrohung empfunden. Das ergab eine im Juli veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung. Skepsis gegenüber dem Islam bedeutet aber noch keine Islamfeindlichkeit, wird in der Untersuchung betont: Islamfeindlichkeit gehe über Vorbehalte hinaus und sei vielmehr "mit einer politischen Agenda verknüpft, wo es darum geht, Menschen zu schaden", sagte El Menouar dazu bei dem bpb-Forum.

Dass Religionen grundsätzlich öffentlich kritisiert werden, befürwortet die deutsch-türkische Autorin Lale Akgün, die sich für einen säkularen Islam einsetzt. "Religionskritik muss in einer Gesellschaft erlaubt sein und ist berechtigt." Allerdings dürfe diese Kritik nicht ausarten in Beleidigungen und müsse differenziert erfolgen, so Akgün weiter.


Quelle:
KNA