Sant'Egidio zum internationalen Friedenstreffen in Madrid

"Wir beten füreinander, für das gleiche Ziel"

Seit Sonntag findet in Madrid das internationale Treffen "Frieden ohne Grenzen" der Gemeinschaft Sant'Egidio statt. Matthias Leineweber von Sant'Egidio erklärt, dass Umweltschutz und Friedensarbeit untrennbar zusammen gehören.

Mehr Dialog zwischen den Religionen (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Erklären Sie uns: Was genau passiert denn bei so einem Friedenstreffen?

Matthias Leineweber (Geistlicher Begleiter der Gemeinschaft Sant'Egidio): Da sind Vertreter aus über 300 Religionen und Kulturen und anderen Einrichtungen vertreten, die in verschiedenen Diskussionsforen über aktuelle Herausforderungen des Friedens und der Konflikte diskutieren, sprechen und Lösungen suchen. Dabei suchen sie Ansätze für Politiker, für kulturelle Vertreter und vor allen Dingen für die Religionsvertreter der großen Weltreligionen, wie sie heute in dieser global schwierigen Zeit den Frieden stabilisieren können und die Konflikte gelöst werden können.

DOMRADIO.DE: Der Papst hat es vor Kurzem erst gesagt: Die heutige Fremdenfeindlichkeit erinnert ihn an die Zeit des Nationalsozialismus. Wie kann ein solches Treffen im Zeichen des Friedens daran etwas ändern?

Leineweber: Genau 81 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, mit der schrecklichen Schoah, sind wir hier natürlich auch besonders aufgerufen, aufeinander zuzugehen. Der Papst hat auch in seiner Botschaft geschrieben, die Mauern nutzen auf keinen Fall, sie grenzen nur ab. Es geht darum, dass wir nur mit Brücken diese Konflikte lösen, dass wir einander kennenlernen, statt aufeinander loszugehen und so Lösungen ür die Herausforderungen unserer Zeit finden. Und dazu sind diese drei Tage da, sich wirklich Zeit zu nehmen für die Begegnung, aufeinander zuzugehen. Das hat Papst Franziskus auch mit dem Kairoer Großimam Ahmad Mohammad Al-Tayyeb in dem Dokument klargemacht, an das er noch einmal erinnert hat - als wichtige Grundlage für den Dialog zwischen Christen und Muslimen.

DOMRADIO.DE: Bei dem Treffen sind nicht nur Vertreter der verschiedenen Religionen und Kulturen da. Auch die Bevölkerung und viele Jugendliche sind in Madrid dabei. Wie können sie sich denn einbringen, was gibt es da für Möglichkeiten?

Leineweber: Der Frieden hat natürlich ganz verschiedene Aspekte. Einmal der Dialog der Religionsvertreter und der Politik, aber auch der Frieden im Alltag, in meiner Stadt, in meiner Gesellschaft. Bei diesen Podien gibt es ganz offene Diskussionsforen, wo sich auch die Bevölkerung und gerade Jugendliche beteiligen können, um einfach über aktuelle Fragen, die die Jugendlichen bewegt, wie die Ökologie, den Umweltschutz und den Klimawandel zu diskutieren. Wie können wir in unserem Alltag auch Ansätze finden, um dem globalen Frieden zu dienen? Und da ist jeder gefordert. Alle Ideen, auch von den Jugendlichen, von der Bevölkerung sind einfach wichtig und werden eingebracht in dieses allgemeine Treffen.

DOMRADIO.DE: Auch das Thema Umwelt wird präsent sein. Wie passt das denn zum Thema Frieden?

Leineweber: Wir können ja heute feststellen, dass zum Beispiel die großen Migrationsbewegungen zum Teil auch durch den Klimawandel ausgelöst werden und auch Ungerechtigkeiten durch den Klimawandel entstehen. Der Hunger, die Dürren, lösen natürlich viele Probleme und Konflikte aus, wo es einfach um Ressourcen geht. Und das ist natürlich eine neue, aktuelle Frage, die uns die heutige Zeit stellt, wie wir darauf eingehen können, um auch Frieden auf diesem wirtschaftlichen und ökologischen Bereich zu schaffen. Wenn wir diese Frage nicht lösen, wird es zunehmend neue Konflikte geben. Das gibt es ja schon in verschiedenen Teilen der Welt. Deswegen ist das eine große, neue Herausforderung. Und Andrea Riccardi (Gründer von Sant'Egidio, Anm. d. Red.) sagte gestern: "Wir müssen neue Werkzeuge finden, auch für die Friedensarbeit, und da ist die Ökologie ein wichtiger Bereich".

DOMRADIO.DE: Am Dienstag um 20 Uhr findet ein großes Friedensgebet statt. Wie muss man sich das vorstellen? Es gab ja schon viele tausende Zusagen zu dem Treffen...

Leineweber: Frieden wird vor allen Dingen durch unsere Tätigkeit gebaut. Aber an erster Stelle steht natürlich der Frieden, den Gott uns schenkt. Die verschiedenen Traditionen treffen sich morgen Nachmittag in den verschiedenen Gebetsorten, in ihrer eigenen Tradition. Aber wir beten nicht gegeneinander, sondern wir beten füreinander, für das gleiche Ziel. Die Unterschiede sind kein Grund zur Trennung und daher gibt es diese große Schlusszeremonie. Nach den verschiedenen Gebeten der Traditionen kommen wir in einer großen Friedensprozession zusammen und auf dem Platz vor dem Schloss, vor der Königsresidenz in Madrid, wird dann die große Schlusszeremonie mit dem Friedensappell stattfinden.

Das Interview führte Aurelia Rütters.

 

Quelle:
DR