Juden kritisieren Umgang mit NS-Raubkunst

Nach 20 Jahren Washingtoner Prinzipien

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses wirft Deutschland vor, seiner Verantwortung bei der Identifizierung und Rückgabe von NS-Raubkunst nicht nachzukommen. Nach der Unterzeichnung der Washingtoner Prinzipien sei zu wenig passiert.

Mutmaßliche NS-Raubkunst: "Eisgang" von Max Beckmann / © Städel Museum - ARTOTHEK (dpa)
Mutmaßliche NS-Raubkunst: "Eisgang" von Max Beckmann / © Städel Museum - ARTOTHEK ( dpa )

Vor 20 Jahren seien die Washingtoner Prinzipien unterschrieben worden und zu wenig sei seitdem geschehen, kritisiert Ronald S. Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses. Der US-amerikanische Mäzen und Kunstsammler äußerte sich gegenüber der "Welt am Sonntag".

Am 26. November wird Lauder eine Ansprache auf der internationalen Fachkonferenz "20 Jahre Washingtoner Prinzipien: Wege in die Zukunft" in Berlin halten. Die Bundesrepublik habe in diesen 20 Jahren "viel zu wenig getan", so der Präsident. "Deutschland hat eine historische Verantwortung, das Richtige zu tun. Wir alle wissen, dass der Holocaust dort seinen Ursprung hat und von dort aus weitergetragen wurde", so Lauder gegenüber der Zeitung.

Keine Ansprechpartner

Auch die öffentlichen Institutionen seien ihrer Verantwortung nicht nachgekommen. "In Deutschland gibt es vier Bundesmuseen und mehr als 5.000 weitere öffentliche Kultureinrichtungen, von denen wir bis heute keine detaillierten Informationen über ihre Sammlungen haben." Das müsse sich ändern, so Lauder, der seit 2007 Präsident des Jüdischen Weltkongresses ist.

Kritik übte er auch an der Arbeit der Limbach-Kommission, die im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter berät. Wenn man versuche, ein Kunstwerk zurückzufordern, gebe es in Deutschland keine Ansprechpartner. "Wenn man als Antragsteller die Limbach-Kommission anrufen möchte, setzt dies ein Einverständnis der Gegenseite voraus", so Lauder. 15 Entscheidungen in 15 Jahren seien wirklich keine Erfolgsgeschichte.

"Das Richtige tun"

Zu begrüßen sei aber die von Staatsministerin Monika Grütters (CDU) geäußerte Absicht, die Limbach-Kommission ein zweites Mal zu reformieren. Diesmal müssten alle strittigen Punkte angedacht und gelöst werden "im Sinne der Opfer des Holocausts und ihrer Erben".

Es gehe darum, das Richtige zu tun, gerade angesichts der Ausschreitungen in Chemnitz oder Dortmund, bei denen Neonazis mitmarschierten. Als Jude werde man daran erinnert, was in den Novemberpogromen 1938 passiert sei, sagte er.

"Man kann gewisse Dinge von gewissen Ländern erwarten, aber nicht von Deutschland", so der Präsident des Jüdischen Weltkongresses. "Und wenn Deutschland so etwas zulässt, sendet das ein Signal an den Rest der Welt, das zeigt, dass Deutschland seiner Verantwortung nicht gerecht wird."


Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
KNA