Was die Art der Kölner Moscheeeröffnung für das religiöse Miteinander bedeutet

"Da wurde viel Porzellan zerschlagen"

Auch die Katholiken der Stadt hatten sich im Vorfeld für einen Bau der Kölner Zentralmoschee stark gemacht. Wenn sie nun am Samstag eröffnet wird, bleibt nicht nur Stadtdechant Robert Kleine fern. Das Porzellan sei schließlich schon zerschlagen.

Ditib Zentralmoschee in Köln / © Oliver Berg (dpa)
Ditib Zentralmoschee in Köln / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Warum werden Sie an diesem Samstag bei der Eröffnung der Kölner Zentralmoschee der Ditib nicht dabei sein, obwohl Sie eingeladen sind?

Msgr. Robert Kleine (Kölner Stadtdechant): Das hat zwei Gründe. Zum einen habe ich - wie alle anderen - die Einladung sehr kurzfristig erhalten. Sie ist am Donnerstag für Samstag angekommen. Das ist zu kurzfristig, zumal wir auch die Domwallfahrt haben. Ich habe Gottesdienste am Nachmittag, sodass ich um 14 Uhr nicht dabei sein kann.

Der zweite Grund ist - selbst wenn ich hätte frei machen können - unter den Umständen, wie die Moschee nun eingeweiht wird, habe ich danach kein Verlangen das überhaupt zu versuchen, weil es doch eine "closed shop", eine geschlossene Gesellschaft ist.

Man hat es ja im Vorfeld mitbekommen, dass es da viele Ungereimtheiten gibt. Eigentlich hätte eine Eröffnung einen öffentlichen Charakter und es gibt Grußworte. Der Architekt kann noch mal seine Vision darstellen. Das scheint alles nicht gewollt zu sein, weil alles auf Herrn Erdogan als Ehrengast zugespitzt ist.

DOMRADIO.DE: Nicht nur der Architekt der Moschee wird nicht anwesend sein. Auch der Kölner Erzbischof, die Kölner Oberbürgermeisterin oder auch Vertreter des Rates der Religionen werden nicht teilnhemen. Wie kann die türkisch-islamische Union Ditib, die zur Eröffnung einlädt, so etwas machen? Da ist ja die ganze Kölner Stadtgesellschaft nicht dabei, oder?

Kleine: Ich glaube, das fragen sich viele, ob das nun "von oben" kam, wie man so schön sagt, also aus Ankara und die Ditib da nur reagiert hat oder ob es eine bewusste Entscheidung hier vor Ort war.

Ich finde es sehr schade, denn gerade am Anfang, als darum gekämpft wurde, dass es eine Akzeptanz für diese große Moschee und den Neubau gibt, gab es ein breites Bündnis. Der Katholikenausschuss, die katholische Kirche, aber auch die politischen Parteien der unterschiedlichsten Fraktionen haben sich dafür eingesetzt. Es wurde ein Beirat gegründet, in dem viele werbend dabei waren und selbst dieser Beirat hat ja bis Donnerstag keine Einladung bekommen. Einige sind schon zurückgetreten.

Ich glaube, da ist ziemlich viel Porzellan zerschlagen worden. Es wird dauern das zu kitten, wenn die Ditib das überhaupt kitten möchte.

DOMRADIO.DE: Die Kirchen haben sich engagiert, auch die Stadt Köln und das Viertel Ehrenfeld. Ähnliche Initiativen haben in den vergangenen Jahren unterstützt und alles getan, um für eine Akzeptanz der Moschee zu sorgen, um auch das interreligiöse Miteinander zu fördern und nun das. Das muss wie ein Schlag ins Gesicht sein, oder?

Kleine: Ich bin ja nicht der Betroffenste. Das ist sicherlich der ehemalige Oberbürgermeister Fritz Schramma oder auch die ehemalige Vorsitzende vom Kölner Katholikenausschuss, Hannelore Bartscherer, die von Anfang an sehr gekämpft haben und sich auch eine ganze Menge anhören mussten.

Aber natürlich haben wir eine Religionsfreiheit. Es ist auch gut, dass das islamische Leben aus den Hinterhöfen in die Moschee hineingeholt wird und das Recht da ist, eine solche doch sehr repräsentative Moschee zu bauen. Aber in einem guten Miteinander.

Wir haben in Köln seit vielen Jahren den Rat der Religionen. Da sitzen auch die unterschiedlichsten islamischen, sagen wir mal Nationalitäten, zusammen, da sind die unterschiedlichen christlichen Konfessionen, da haben wir die Buddhisten und die Hindus und natürlich die Juden, die hier in Köln leben. Wir haben ein gutes Miteinander. Aber dieses Agieren der Ditib, das doch ein sehr politisches ist und nicht in erster Linie ein religiöses, ist sehr schade.

DOMRADIO.DE: Meinen Sie denn, die Ditib liefert gemeinsam mit Erdogan - nicht mit ihrem Verhalten - auch den Rechtspopulisten eine Steilvorlage? Die haben ja von Beginn an gegen die Moschee Stimmung gemacht.

Kleine: Ja, natürlich. Ich kann mich noch an die Schilder erinnern. Da war ein Zeichen einer Moschee drauf, welches durchgestrichen war.

Das können wir nicht akzeptieren. Das geht nicht. Es wurde ja immer gesagt, die Islamisierung nehme zu. Es stimmt in dem Sinne auch nicht, dass es eine Islamisierung in unserem Land gibt. Es gibt jetzt vermehrt auch Muslime, die als Geflüchtete in unser Land kommen, aber dies ist ja nun keine Islamisierung.

Dass Gotteshäuser ein Recht sind, das wir in unserer demokratischen Grundordnung verankert haben, ist das eine. Also, diesen Protest haben wir, Gott sei Dank, damals beiseitegeschoben.

Aber er wird sich jetzt vielleicht erneuern, weil es plötzlich deutlich wird: Hier ist Religiöses und der Staat in einer Weise vermischt, wie wir das eigentlich nicht kennen und gutheißen können. Denn die Ditib ist auch direkt der türkischen Regierung zugeordnet und seit kurzem auch direkt dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan, der als Ehrengast kommt.

DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, auf ihn wird alles ein bisschen zugespitzt. Ist es vielleicht eine Art geschlossene Moschee am Samstag, wo er sich dann mit seinen Leuten umgibt und die Moschee eröffnet? Am kommenden Mittwoch, dem 3. Oktober, ist der Tag der offenen Moschee. Da können auch alle die Moschee in Ehrenfeld besuchen. Kann man das so sagen?

Kleine: In einer gewissen Weise ja. Wobei man auch noch einmal auf die Kritik an Herrn Erdogan selbst schauen muss. Also, was hat er in der Türkei seit dem gescheiterten Putsch alles getan, was hat er dort politisch umgesetzt, wie geht er mit Presse, mit Religionsfreiheit in seinem Land um?

Ich erinnere mich noch daran, dass es einmal hieß, in gewissen Orten, wo der heilige Nikolaus oder auch der heilige Paulus gewirkt haben, da können sich demnächst auch christliche Kirchen noch einmal weiter frei entfalten. Das ist alles groß versprochen worden, auch bei seinem damaligen Auftritt in der Lanxess Arena. Daraus ist alles nichts geworden.

Ich habe in den Nachrichten gehört, dass es ja auch im Vorfeld seines Besuches hier wieder Ärger gibt. Wie wird mit missliebigen Journalisten umgegangen? Also, da verbindet sich das politische Agieren eines Staatsoberhauptes mit dem, was die türkisch-stämmigen und sprachigen Muslime in unserer Stadt zu Recht haben, nämlich einen Versammlungsort, ein Gotteshaus.

Das ist eine unheilige Allianz. Die kippt jetzt zu der einen Seite, zum Politischen, zum Staatspolitischen. Und das ist sehr schade.

DOMRADIO.DE: Von der Ditib wird jede Menge Porzellan zerschlagen, haben Sie gesagt. Wo führt das denn hin? Haben Sie da eine Prognose?

Kleine: Es muss zuerst einmal der Samstag überstanden werden, so oder so. Und dann haben wir am Montag ohnehin eine Sitzung des Rates der Religionen. Da wird man sicherlich auch noch einmal darüber sprechen und vielleicht auch den Vertreter der Ditib fragen, warum sich das jetzt alles so zugespitzt und entwickelt hat.

Ab Montag müssen wir dann schauen, wie wir, was die Gläubigen in unserer Stadt betrifft, also die, die die Moschee zum Gebet nutzen, vernünftig miteinander reden können. Auf politischer Ebene, glaube ich, wird noch viel zu agieren sein. Da gibt es ja auch die Frage, wie die Ditib von der Türkei gesteuert wird. Wird sie überhaupt gesteuert? Was bedeutet das für die Ausbildung von Imamen? Was ist das für ein Leben in und um die Moschee? Das ist sicherlich auch eine politische Frage.

Mir geht es darum, dass wir ein gutes Miteinander der unterschiedlichen Religionen in unserer Domstadt haben. Da möchte ich weiter daran arbeiten. Nur - das sage ich ehrlich - das war jetzt doch ein sehr negatives Beispiel dafür, wie das Miteinander nicht gelingt.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Msgr. Robert Kleine / © Melanie Trimborn (DR)
Msgr. Robert Kleine / © Melanie Trimborn ( DR )

Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan / © Henning Kaiser (dpa)
Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan / © Henning Kaiser ( dpa )
Quelle:
DR
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