Islamverbände wollen Leiter des Zentrums für islamische Theologie abberufen

Ausbildung von Islampädagogen in der Kritik

Im Streit um die Ausrichtung der islamischen Theologie an der Universität Münster ist es zu einem offenen Bruch mit den Islamverbänden gekommen. An der Uni werden Islamlehrer für den Schulbetrieb ausgebildet.

Mouhanad Khorchide (dpa)
Mouhanad Khorchide / ( dpa )

Das Votum der islamischen Verbände ist eindeutig: "Zerrüttet" sei das Verhältnis zum Leiter des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) an der Uni Münster. Professor Mouhanad Khorchide bildet dort seit einem Jahr Pädagogen für den schulischen Religionsunterricht aus - und nach einem eigens angefertigten Gutachten der Verbände methodisch falsch. Ob das aber Khorchide den Job kostet, steht in den Sternen.

Jeder der vier im Koordinationsrat der Muslime (KRM) vertretenen Verbände hatte jeweils einen eigenen Experten ins Rennen geschickt, um Khorchides Buch "Islam ist Barmherzigkeit" unter die Lupe zu nehmen und ihm ein falsches Islamverständnis nachzuweisen. Einer angeblichen "Theologie des Gehorsams und der Angst" setze er seine "Theologie der Barmherzigkeit" entgegen, so das Urteil. Dabei vertrete er eine einseitige und "dem Zeitgeist entgegenkommende Lesart der Heiligen Schriften".

2010 noch einhellige Zustimmung

Dabei hatten die Verbände der Berufung Khorchides durch die Universität im Jahr 2010 noch einhellig zugestimmt. Nun werden sie ebenso einhellig auf einen Entzug der Lehrbefugnis hinarbeiten. Doch für einen solchen Schritt fehlt den muslimischen Verbänden - noch - die entsprechende Durchsetzungskraft.

Die vom Staat als Kirchen anerkannten christlichen Konfessionen haben per Verfassung das Recht, einem Theologieprofessor die Lehrerlaubnis zu entziehen. Den Verbänden, darunter der türkischen Ditib, dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD) und dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), fehlt dieser Status. Weil der Staat sich aber in religiösen Dingen neutral halten muss, soll ersatzweise ein Beirat über Lehrpersonen und -inhalte bestimmen. In dieses Gremium entsenden die Verbände vier Vertreter. Weitere vier Personen ernennt die Universität mit Zustimmung des KRM. Noch hat sich aber dieser Beirat gar nicht konstituiert. Erst Anfang nächsten Jahres soll das der Fall sein.

Abberufung aus religiösen Gründen ist möglich

Grundsätzlich sieht die Ordnung des Beirats vom 21. Dezember 2011 vor, dass ein Professor aus religiösen Gründen aus dem Fachbereich der islamischen Theologie abberufen werden kann, wie Uni-Sprecher Norbert Robers auf Anfrage erläutert. Dazu muss das Gremium aber einen Beschluss fassen - laut Paragraf 8 mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten muss anwesend sein. Und eine weitere Bedingung: In der Gruppe der organisierten Muslime ist eine Mehrheit erforderlich.

Wie genau aber das Abstimmungsergebnis ausfallen muss, wenn aus der einen oder anderen Gruppe jemand fehlt, bleibt noch auszutarieren. Uni-Sprecher Robers sieht da noch einigen "Spielraum". An Uneinigkeit der Verbände dürfte Khorchides Abberufung jedenfalls nicht scheitern.

Die große Frage ist, ob aus dem Block der Uni-Vertreter sich jemand ihrer Einschätzung anschließt.

Noch aber gilt es, den Beirat erst einmal zu konstituieren. Beide Seiten müssen noch jeweils einen Vertreter für das Gremium benennen und durchbringen. Zwei nacheinander von den Islamverbänden aufgebotene Kandidaten stießen wegen des Vorwurfs mangelnder Verfassungstreue auf Ablehnung. Ein dritter Vorschlag soll nun die Zustimmung der Bundesregierung gefunden haben, die das ZIT mitfinanziert. Auch die Universität hatte sich nach Rückzug eines ihrer Kandidaten auf eine neue Suche machen müssen. Auch hier gibt es bereits einen Namen, der aber noch das Berufungsverfahren durchlaufen muss.

Khorchide wehrt sich gegen Kritik

Khorchide selbst wehrt sich gegen die Kritik der Verbände, nur wie ein Orientalist und nicht wie ein Theologe zu arbeiten. Zugleich räumt er aber ein, mit ihnen zu wenig geredet zu haben. Rückendeckung erhielt der Wissenschaftler von niemand Geringerem als Bundespräsident Joachim Gauck, der im November das ZIT demonstrativ besuchte und angesichts des Streites zu mehr Gelassenheit aufrief.

Der Islam kenne nicht "die eine religiöse Autorität", so das Staatsoberhaupt. Der Satz mahnt dazu, die pluralistische Tradition des Islam zu achten. Und richtet sich auch an die Verbände.

 


Quelle:
KNA , dpa