Sechs Millionen Besucher kommen jährlich nach Assisi

Kunststadt und Pilgerziel

Assisi zählt zu den bedeutendsten Kunststädten Italiens - und ist zugleich einer der größten Pilgerorte der Christenheit. Zwischen vier und sechs Millionen Menschen besuchen jährlich die 200 Kilometer nördlich von Rom gelegene umbrische Stadt.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Ziel von Touristen und Pilgern, von Kunstbeflissenen und Naturfreunden sind die in idyllischer Landschaft gelegenen Stätten des heiligen Ordensgründers Franziskus (1181-1226), vor allem die ihm gewidmeten Gotteshäuser mit den berühmtesten Fresken von Giotto und Cimabue. Nächsten Donnerstag kommen in der 30.000-Einwohner-Stadt auf Einladung des Papstes hochrangige Religionsführer zu einem Friedenstreffen zusammen.



Weltkulturerbe

Nicht von ungefähr hatte bereits Papst Johannes Paul II. 1986 zum ersten interreligiösen Friedenstreffen nach Assisi eingeladen - und erneut 2002, nach den Attentaten vom 11. September. Der Bettelmönch und Friedensapostel Franziskus ist nicht nur einer der populärsten Heiligen der Kirche und Patron Italiens. Über Kultur- und Religionsgrenzen hinweg inspirieren seine Schöpfungs- und Naturliebe, aber auch seine Friedensmission in Ägypten bis heute Umweltschützer, Friedensaktivisten und Menschen auf der Suche nach einem alternativen Lebensstil. Zudem engagierten sich schon seit den Konzilsjahren 1962-65 die Franziskaner von Assisi für Ökumene und interreligiösen Dialog.



Rund ein Dutzend Franziskus-Stätten in und um Assisi sind Ziel der Pilger und Besucher aus aller Welt: Das Wohnhaus des Heiligen, die Stätte der Berufung, der Ort der Trennung von seinem Vater, seine Einsiedelei, das erste Kloster. Im San-Rufino-Dom der Stadt befindet sich der Taufstein, in dem Franziskus und seine Gefährtin Clara, aber auch der spätere Kaiser Friedrich II. (1194-1250) getauft wurden. Glanzpunkte sind schließlich die Basiliken Santa Maria degli Angeli, die über der Portiuncola, dem Sterbehaus des Ordensgründers, errichtet wurde, und San Francesco über seinem Grab. Die Doppelkirche von San Francesco mit dem Freskenzyklus Giottos über das Leben des heiligen Franz gehört zum Weltkulturerbe.



Zu tragischer Berühmtheit gelangten Assisi und seine Umgebung am 26. Oktober 1997. Mehrere schwere Erdstöße richteten in der Region schwerste Schäden an, monatelang bebte immer wieder der Boden, Seismographen registrierten 4.000 Stöße. In San Francesco kamen vier Menschen ums Leben, zwei Franziskaner und zwei Techniker, als es während eines Ortstermins nach dem ersten Erdstoß zu einem Nachbeben kam und Teile der Decke einstürzten. Ganze Dörfer mussten damals wurden evakuiert werden, tausende Menschen wurden für Monate und sogar für Jahre in Wohncontainern untergebracht. Manche Kritik wurde laut, dass die Rekonstruktion der beschädigten Kunstschätze mehr Mobilisierung fand als die Wiederherstellung zerstörter Bergdörfer und Wohnhäuser.



Die Unterkirche über dem Grab des heiligen Franz wurde bereits zum ersten Adventssonntag 1997 wiedereröffnet, zwei Jahre später wurde dann auch die Oberkirche eingeweiht. Teile der beschädigten Fresken konnten aus zehntausenden Puzzleteilen wieder zusammengesetzt werden. Längst sind die Gerüste in Assisi verschwunden, sichtbare Schäden des Erdbebens finden sich im Stadtbild heute nicht mehr.



Assisi und die dortigen Franziskaner sind froh, dass Benedikt XVI. erneut zu einem interreligiösen Treffen in ihre Stadt eingeladen hat. Der Assisi-Gedanke, das Engagement der Religionen für Frieden und Dialog, müsse weiter im Bewusstsein bleiben, betonte der deutsche Franziskaner und Pilgerseelsorger Thomas Freidel. In die Planung des Treffens sei der Vatikan diesmal stärker eingebunden als 1986 oder 2002, als die Franziskaner der Stadt das Gros der Vorbereitungen besorgten. Die früheren Spannungen zwischen den Franziskanerkonventen der Stadt und der Diözesanleitung von Assisi hätten sich unterdessen gelegt, sagt Freidel. Bei aller Bedeutung der Ordensgemeinschaften sei klar, dass pastorale Sonderinitiativen in die Kompetenz des Ortsbischofs fielen. Das habe sich inzwischen gut eingespielt.