Kardinal Woelki feiert Hochfest der Erscheinung des Herrn

Dem Stern folgen und das Ziel des Lebens finden

Die Reliquien der Heiligen Drei Könige ziehen das ganze Jahr über Menschen aus aller Welt an. Am Fest Epiphanie sind es aber vor allem die Kölner, die sich bei den Gottesdiensten zahlreich im Dom versammeln. Denn dieser Tag ist ihnen heilig.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Hochfest Erscheinung des Herrn im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Hochfest Erscheinung des Herrn im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Selbst eine Stunde vor Messbeginn kann es bereits zu spät sein, um noch einen Sitzplatz zu bekommen. Geschweige denn einen in den ersten Reihen des Mittelschiffs mit unverstelltem Blick auf den Altarraum, die mit Lichtern geschmückten Tannenbäume im Chor und – in der Sichtachse – den golden funkelnden Dreikönigenschrein, der an diesem Tag einmal mehr das Herzstück des Domes bildet. Am Fest der Heiligen Drei Könige – auch Hochfest der Erscheinung des Herrn oder griechisch Epiphanie genannt – finden sich traditionell Tausende in Kölns Kathedrale ein, und da muss man schon früh auf den Beinen sein. Denn die Besucher kommen aus Nah und Fern: aus allen Teilen des Bistums und aus den angrenzenden Bistümern der Kölner Kirchenprovinz genauso wie aus dem Ausland. So auch Erzbischof Jean-Claude Kardinal Hollerich aus Luxemburg, den sein Kölner Amtsbruder, Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, an diesem Tag eigens zur Mitfeier der Liturgie eingeladen hat.

Mehrheitlich aber sind es dann vor allem die Kölner selbst, die diesem besonderen Feiertag von derart großer Lokalbedeutung Jahr für Jahr die Treue halten. Schließlich stehen am 6. Januar die drei Weisen aus dem Morgenland im Zentrum, deren Gebeine in dem größten und künstlerisch anspruchsvollsten Goldschrein des Mittelalters ruhen, der der Nachwelt erhalten ist und den der Goldschmied Nikolaus von Verdun zwischen 1190 und 1225 als überaus kostbares Gefäß für die Reliquienverehrung in Köln geschaffen haben soll. Und schließlich lasse sich daher nirgendwo sonst – das betont später Woelki ausdrücklich – wunderbarer dieses kirchliche Hochfest feiern. Allenfalls noch in Bethlehem, räumt er mit einem Augenzwinkern ein, aber auch wirklich nur vielleicht. "Denn", so betont er, "hier in Köln ist das Original."

"Die drei Weisen waren Gottsucher"

Auch in seiner Predigt orientiert sich der Kardinal an der immer gültigen Botschaft der Heiligen Drei Könige, die einst – einem Stern folgend – über Jerusalem nach Bethlehem zogen, um den neugeborenen König der Juden zu suchen und ihn mit Gold, Weihrauch und Myrrhe zu beschenken. Heute käme wohl niemand mehr auf die Idee, Hunderte oder gar Tausende von Kilometern zu Fuß zurückzulegen – "allenfalls dann, wenn das Ganze einem medienwirksamen Sponsoring dient, ein Begleitwagen dabei und der Gepäcktransfer gesichert ist und zu Hause trotz monatelanger Auszeit eine Jobgarantie wartet", gibt er zu bedenken. Anders die drei Weisen. Sie seien nicht nur einem Stern gefolgt, sondern hätten sich ausschließlich an ihm orientiert und seien damit Gottsucher gewesen – mit dem Ziel, das Angesicht Gottes zu schauen. "Sie sind Menschen, die nicht im Leben stehengeblieben sind. Wer stehenbleibt, hat keine Zukunft. Wer nicht aufbricht, vertut angebotene Chancen. Ein wundersamer Stern, ein Lichtblick hat sie auf den Weg gebracht."

Dennoch sei dieser Weg nicht immer leicht gewesen, vermutet Woelki. "Sie werden wohl auch Zeiten des Dunkels durchmessen haben, als sie den Stern nicht mehr sahen." Ratlosigkeit werde sie befallen haben. Und mitunter sicher auch die Frage, ob sie Irrlichtern aufgesessen seien, wie es die Erfahrung vieler sei, die sich auf den Weg des Glaubens machten. "Da gibt es die Stunden, wo die große Freude des Aufbruchs dahin ist. Niemandem bleiben solche Stunden des Dunkels erspart. Sind solche dunklen Stunden vielleicht dazu da, damit unsere Sehnsucht wächst und wir weiterhin auf dem Weg bleiben?"

Abbild des Sterns aus Bethlehem auf dem Vierungsturm

Die Weisen aus dem Morgenland seien für ihre Beharrlichkeit und die Geduld des Suchens und Wartens mit einem kleinen Kind in einem Futtertrog auf Heu belohnt worden. "Denn dieses Kind lässt sie in die Knie gehen, weil sie in ihm das Ziel ihres Weges, das Ziel ihres Suchens, die Erfüllung und das Glück ihres Lebens finden." In diesem Kind sei Gott selbst zu uns gekommen. Der Stern habe sie aus der Finsternis zum Licht, zum Licht des Lebens, zu Christus geführt.

In Köln sei ein Abbild dieses Sternes auf dem Vierungsturm des Domes Mahnung und Erinnerung, "allein und ausschließlich Christus als das Licht der Welt zu suchen, zu verkünden und zu preisen – als das Licht, in dem sich die Wahrheit und das Leben Gottes offenbart." Auch wenn dieses Licht heute in den Herzen vieler Menschen mehr und mehr zu verlöschen drohe, brauche der Mensch es aber, um sich zurechtzufinden – gerade in einer Zeit, in der durch den verwirrenden Pluralismus der Heilsangebote die Orientierung auf das wahre Heil schwer geworden sei, unterstreicht der Kölner Erzbischof. Selbst in der Kirche scheine diese Orientierung verloren gegangen, da ein vielstimmiger Chor von Meinungen, persönlichen Anschauungen und Interessen Offenbarung Gottes und Glauben der Kirche zu relativieren und an die Zeit anzupassen suche. "Ein zeitgeistiger Glaube aber stellt keine überzeugende Alternative zu den Angeboten dar, die uns heute ohnehin Tag für Tag offeriert werden. Wer keine Ausrichtung mehr hat, verliert die Richtung! Und wer die Richtung verliert, verliert das Leben! Der verliert seine Relevanz als eine echte ernstzunehmende Alternative im Konzert säkularer Stimmenvielfalt", konstatiert Woelki.

Sich an den Glauben der Kirche halten

Der Stern aber gebe heute wie damals die Richtung vor. "Wie der Stern von Bethlehem steht er über unserer Stadt und über unserem Land und weist auf das Licht hin, in dem allein Heil und Rettung zu finden sind. Das Kind in der Krippe ist dieses Heil. Wo es aufgenommen wird, bekommt das Leben eines Menschen Richtung und Orientierung. Da wird das Leben heil."

Woelki warnt davor, Irrlichtern aufzusitzen und von ihnen in die Irre geführt zu werden. Vielmehr gelte es, sich an den "unverkürzt verkündeten und gelebten ganzen Glauben der Kirche zu halten, wie er von den Aposteln grundgelegt und durch die Zeiten hindurch von der Kirche bezeugt und bewahrt" worden sei. "Dieser Glaube birgt in sich eine überzeitliche Wahrheit, der die Kirche und das ihr anvertraute Evangelium davor bewahrt, sich dem Geist, den Anschauungen, den Sichtweisen und dem Empfinden einer bestimmten Zeit anzupassen. Er bewahrt davor, dass durch eine solche Angleichung das Evangelium und die Kirche ihrer geistlichen Kraft, ihrer Originalität und ihrer prophetischen Sendung und Berufung beraubt werden." Eine angeglichene, gleichgeschaltete Kirche wäre zu nichts mehr nütze.

Es kündigt sich ein neuer Himmel an

Die Sterndeuter hätten in Christus die göttliche Sonne gefunden. "Und die will damals wie heute unsere oftmals so kalte Welt durch ihr Licht erwärmen." Nach einem solchen Licht, das Wärme und Leben bringe, sehnten sich die Menschen. "In der Erfahrung dieses Lichtes nämlich kündigt sich schon jetzt inmitten der Dunkelheit, die uns ratlos macht, und aller Verwundungen, die uns schmerzen, eine neue Schöpfung, ein neuer Himmel, kündigt sich die durch das Kind im Stall von Bethlehem gerettete und erlöste Welt an."

Am Ende der Messfeier stellte sich Kardinal Woelki mitten unter die rund 60 Sternsinger der Kölner Domsingschule, die traditionell im Anschluss in der Kölner Innenstadt von Haus zu Haus ziehen, um den Menschen den Segen zu bringen. Angesichts der vielen schlechten Nachrichten in aller Welt brächten sie nun die denkbar beste, richtet er sich an die Acht- und Neunjährigen. Diese bestehe aus nur zwei Worten: Jesus Christus. "Denn", so betont der Erzbischof abschließend, "er geht mit uns durchs Leben. Er hat ein Herz für uns und eine Botschaft, für die es sich lohnt zu leben."


Der Erzbischof von Luxemburg Jean-Claude Hollerich ist zu Gast am Dreikönigstag / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Erzbischof von Luxemburg Jean-Claude Hollerich ist zu Gast am Dreikönigstag / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kardinal Hollerich erklärt, dass es die Tradition der Sternsinger in Luxemburg nicht gebe / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Hollerich erklärt, dass es die Tradition der Sternsinger in Luxemburg nicht gebe / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kardinal Woelki bedankt sich bei den Sternsinger für ihr Engagement / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Woelki bedankt sich bei den Sternsinger für ihr Engagement / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Nach dem Gottesdienst singen die Sternsinger / © Beatrice Tomasetti (DR)
Nach dem Gottesdienst singen die Sternsinger / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Weihrauch steigt hinauf - der Blick von der Orgel / © Beatrice Tomasetti (DR)
Weihrauch steigt hinauf - der Blick von der Orgel / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kardinal Rainer Maria Woelki (l) und Kardinal Jean-Claude Hollerich unterschreiten den Dreikönigsschrein / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Kardinal Rainer Maria Woelki (l) und Kardinal Jean-Claude Hollerich unterschreiten den Dreikönigsschrein / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Der Dreikönigsschrein ganz nah: die Schädel der Heiligen Drei Könige / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Der Dreikönigsschrein ganz nah: die Schädel der Heiligen Drei Könige / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Quelle:
DR