Stimmen zu Allerheiligen

"Heiligkeit ist für Christen der Normalfall"

Am Freitag feiert die katholische Kirche Allerheiligen. In ihren Predigten sprachen Kardinal Woelki und Papst Franziskus von der Nähe der Heiligen zum Alltag aller Christen. Heiligkeit sei "Geschenk und Ruf" zugleich, so Franziskus.

Kerzen an Allerheiligen / © Erwin Dimal (shutterstock)

In seiner Predigt zu Allerheiligen im Kölner Dom sprach Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki über die Heiligekeit im Leben aller Christen. Heiligkeit sei dort nicht das Ungewöhnliche, das Asugefallene, sondern das Normale. Ein Gedanke, der vielleicht vielen von uns fremd und wie eine maßlose Überforderung scheine.

Doch wenn ein Mensch "die Sehnsucht nach Größe, nach etwas abenteuerlichem, nach etwas einzigartigem in sich spürt, nach etwas, was ihn über seinen grauen Alltag hinausführt, dann ist das schon der Schrei Gottes in seinem Herzen", so Kardinal Woelki. Wenn wir diesen Schrei hören, dann können wir schon hier und jetzt als Kinder Gottes an seinem göttlichen Leben teilhaben.

Heilige sind nicht unerreichbar

Papst Franziskus hat zu Allerheiligen alle Menschen zu Solidarität und Nächstenliebe aufgerufen. "Es ist wichtig, im Alltag Einsatz für Heiligkeit zu erbringen, in unseren Pflichten wie allen Umständen unseres Lebens, indem wir versuchen, immer mit Liebe und Nächstenliebe zu handeln", sagte er am Freitag nach seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz.

Zugleich betonte er, dass Heiligkeit nicht allein durch menschliches Streben erreicht werden könne. "Sie ist vielmehr Frucht der Gnade Gottes und unserer freien Antwort drauf." Daher sei Heiligkeit "Geschenk und Ruf" zugleich. Allerheiligen erinnere daran, dass jeder zu Heiligkeit gerufen sei. "Die heiligen Männer und Frauen aller Zeiten, die wir heute feiern, sind nicht nur bloße Symbole und keine entfernten, unerreichbaren Wesen", so der Papst.

In der westlichen Kirche wird Allerheiligen seit dem neunten Jahrhundert am 1. November gefeiert. Der am 2. November begangene Allerseelentag etablierte sich rund 200 Jahre danach. Ursprünglich war der 1. November kein Tag des Totengedächtnisses, sondern erinnerte an die Auferstehung und an die unbekannten Heiligen. Der eigentliche Totengedenktag ist Allerseelen.

Gegen Schwarzseherei und Resignation

Das Fest Allerheiligen als Impuls gegen Schwarzseherei und Resignation sehen - dazu hat der Wiener Kardinal Christoph Schönborn aufgerufen. In seiner Kolumne in der Gratiszeitung "Heute" schreibt der Erzbischof am Donnerstag zum bevorstehenden Hochfest am 1. November: "All die vielen Heiligen zeigen, dass es mit der Menschheit nicht nur bergab geht." Keiner werde als Heiliger geboren, sondern erst durch sein Leben und Leiden dazu. "Wir sind sündige Menschen", so der Kardinal weiter. "Aber wir können uns bessern, durch tägliches Bemühen."

Schönborn wandte sich gegen den durch Klimakrise und zahlreiche Konflikte verursachten Eindruck, dass "alles immer schlechter" werde.

Weniger Armut in der Welt

Als Gegenbeispiel wies er darauf hin, dass sich die extreme Armut in der Welt in den vergangenen 20 Jahren halbiert habe. Auch in Sachen Umweltschutz, Schulbildung für Mädchen, medizinische Versorgung, Rückgang der Kindersterblichkeit, Ausrottung von Seuchen, Verbot der Kinderarbeit gebe es viele Verbesserungen, betonte der Geistliche.

Immer mehr Menschen hätten Zugang zu sauberem Wasser, zu Internet, zu beruflichen Aufstiegschancen. Manchmal brauche es freilich "eine Erschütterung, die uns wachrüttelt und hilft, unser Leben zu ändern", sagte der 74-Jährige. Dies gelte nicht nur für Einzelne, sondern auch für die Gesellschaft, so Schönborn.

Das Leben ist kein Ponyhof

"Das Leben ist kein Wunschkonzert und auch kein Ponyhof" - mit diesen Worten hat der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Freitag den Sinn von Allerheiligen und Allerseelen erklärt.

Die beiden Feiertage erinnerten daran, "dass wir auf dem Weg sind, der aber ein Ziel hat". Jeder Mensch sei ein Heiliger, "weil Gott ihm das Leben mit vielen Gaben und Talenten geschenkt hat". Zu Lebzeiten seien Menschen zugleich "Arme Seelen", belastet von Grenzen und Unfähigkeiten, von Schuld und Sünde, von Versagen und Rückschlägen. Ihre Bestimmung sei, sich zu entfalten und als Heilige im Himmel vollendet zu werden.

Schick verwies auf eine weitere Botschaft der beiden Feste, von der aber viele heute nichts mehr hören wollten. Allerheiligen und Allerseelen seien nämlich mit dem Gericht Gottes über das Leben jedes Menschen verknüpft. Dieses wolle jedoch "keine Angst machen, sondern zum Guten antreiben". Es gehe um die Überwindung "der Gleichgültigkeit in uns und um uns, die viele Menschenleben, die Schöpfung und unser Miteinander zerstört".

Allerheiligen und Allerseelen

Gedenk- und Trauertage im November. Während die römisch-katholische Kirche an Allerheiligen wortwörtlich all ihrer Heiligen gedenkt, ist Allerseelen der Tag, an dem durch Fürbitte und Gebet an die Verstorbenen erinnert wird.

Die Gedenktage am Ende des Kirchenjahres sollen die Menschen trösten, etwa wenn der Verlust eines Angehörigen zu beklagen war. Zugleich rücken die christlichen Trauertage mit ihrer vielfältigen Symbolik die Vergänglichkeit des Lebens und die Allgegenwärtigkeit des Todes in den Mittelpunkt.

Symbolbild Kerzenlicht / © Bobby Stevens Photo (shutterstock)
Symbolbild Kerzenlicht / © Bobby Stevens Photo ( shutterstock )
Quelle:
DR , KNA