Zur Bedeutung der Kräuter und Blumen an Mariä Himmelfahrt

Sieben Kräuter in einem Strauß

Mariä Himmelfahrt ist das älteste Marienfest. Dafür werden traditionell Mariensträuße gepflückt, gebunden und geweiht. Im Interview erklärt eine Gesundheitswissenschaftlerin die Verbindung der Kräuter und Blumen mit der Gottesmutter Maria.

Geweihter Kräuterstrauß / © Jörg Loeffke (KNA)
Geweihter Kräuterstrauß / © Jörg Loeffke ( KNA )

DOMRADIO.DE: Traditionell gibt es zu Mariä Himmelfahrt die Kräuterweihe. Woran erinnert die katholische Kirche damit?

Dr. Ursula Sottong (Gesundheitswissenschaftlerin): Im katholischen Raum wissen wir, dass Pius der Zwölfte das Fest 1950 auch zum Dogma erhoben hat. Aber Mariä Himmelfahrt ist insofern ein ganz interessantes Fest, weil in den Legenden der Bezug zu Maria sehr stark da ist. Sie wurde als besondere Frau in ihrer Reinheit und ihrer Naturverbundenheit besonders verehrt.

Weiter sagt der Volksmund, dass Maria wahrscheinlich in Jerusalem auf einem unverstandenen Weg verstorben ist und auch die Jünger plötzlich alle an ihrem Totenbett kamen. Sie ist dann beigesetzt worden, da gibt es unterschiedliche Geschichten. Auf das Anliegen von Thomas hin, das Grab zu öffnen, war sie nicht mehr da. Im Grab wurden Rosen und Lilien gefunden und es gab einen Duft von Kräutern wurde wahrgenommen. Das ist also ganz stark mit der Aufnahme Mariens in den Himmel verbunden. Schon sehr früh haben die Menschen also im Gedenken an dieses besondere Marienfest Kräuter und Blumen gesammelt.

DOMRADIO.DE: Was wissen wir denn über die Himmelfahrt Mariens?

Sottong: Es ist eigentlich gar nicht so sehr in der Bibel, also in den Apokryphen abgebildet. Es gibt Hinweise darauf, dass Christus selber mit seinen Engeln erschienen ist, um sie zu holen. Sie ist im Grunde die, die Jesus in ihrer Reinheit empfangen, ihn geboren und von ihm zum Vater geholt wurde. Das ist ein ganz wunderschönes Bild auch für ihre Rolle als Mutter im Rahmen der Christenheit.

DOMRADIO.DE: Wie genau muss man sich eine Kräuterweihe vorstellen?

Sottong: Die Kräuterweihe ist im ländlichen Raum, vor allem im Süden, noch sehr stark zu Hause. Die Frauen gehen also in die Natur und sammeln Kräuter – je nach Region unterschiedliche Kräuter. In der Regel ist immer eine Rose dabei. Heute würden wir die Rose als Blume annehmen. Aber es sind alles die Blumen und Kräuter, die über die Jahrhunderte als wirksame Pflanze eingesetzt wurden. Da gab es noch keine Apotheken und sie wurden als Heilkräuter im Haushalt genutzt.

Meine Schwiegermutter hat ganz bestimmte Dinge in den Garten angepflanzt, die dann zu Mariä Himmelfahrt gepflückt wurden. Auch mein Mann erzählt, dass er durch die Wiesen mit seinen Freunden zog, um einen Strauß zu sammeln. All das wird dann in die Kirche getragen und am Ende der Messe gesegnet. Der Segen der Kräuter soll Wunder bewirken,  für zu Hause, für Mensch und Tier.

DOMRADIO.DE: Die Zahl sieben spielt eine zentrale Rolle bei der Kräuterweihe. Wofür steht sie?

Sottong: Es gibt ja die sieben Schöpfungstage, die sieben Wochentage oder eben die sieben Schmerzen Mariens. Das ist die Darstellung Jesu im Tempel mit der Weissagung Simeons, die Flucht nach Ägypten, der Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel, die Begegnung Jesu mit seiner Mutter, die Kreuzigung und das Sterben Christi, ebenso die Kreuzabnahme und Übergabe des Leichnam, genau wie die Grablegung Christi.

Maria ist also ein echtes Vorbild, wie sie als Mutter den Weg mit ihrem Sohn geht, durch alle Schmerzen und Schicksale. Der Kräuterstrauß ist also eine Erinnerung und eine Stärkung. Am Ende steht nicht die Verzweiflung, sondern die Aufnahme in den Himmel.

DOMRADIO.DE: Und was sind das jetzt genau für Kräuter, die an Maria erinnern?

Sottong: Wir haben in aller Regel Kräuter und Blumen, die in ihrer Bedeutung auch für die Eigenschaften von Maria stehen. Das ist zum Beispiel das Gänseblümchen, das Bescheidenheit und zugleich irgendwie den Frühling ausdrückt. Den Anklang an das Paradies, das Süße, finden wir zum Beispiel in der Walderdbeere. Die ist meistens immer dabei. Natürlich auch die Rose, als Königin der Liebe, der Nächstenliebe – aber auch der Hinweis auf den Kreuzestod.

Die Akelei erinnert so ein bisschen an den Schutzmantel Mariens, zeigt also die Wirkung gegen das Böse. Eine Lilie symbolisiert die Reinheit, Unschuld und Jungfräulichkeit Mariens. Es gibt das Veilchen, dass die Demut als himmlische Tugend herausstellt. Die Königskerze wurde oft in die Mitte gebunden, weil es die größte Blume ist, die wir kennen.

Man nimmt natürlich die Kräuter und Blumen, die da sind. Da kommt Thymian, Schafgabe, Arnika, Johanniskraut und vieles mehr hinzu. All diese Dinge, die in der Natur wachsen, haben ja eine heilende Wirkung. Papst Franziskus hebt die Bedeutung der Schöpfung durch die Enzyklika "Laudato Si" hervor. Er hat einen ganz engen Bezug dazu, die Schöpfung zu wahren. Das wird an Mariä Himmelfahrt in den Kräutersträußen deutlich, aber um diese Gaben erhalten zu können, müssen wir sie eben auch bewahren und dürfen nicht darauf verzichten.

Das Gespräch führte Hilde Regeniter.


Dr. Ursula Sottong / © Viola Kick (DR)
Dr. Ursula Sottong / © Viola Kick ( DR )

Marienblume Gänseblümchen / © Harald Oppitz/KNA (KNA)
Marienblume Gänseblümchen / © Harald Oppitz/KNA ( KNA )

Rosenglück / © St.Q.
Rosenglück / © St.Q.

Akelei / © St.Q.
Akelei / © St.Q.

Hummelparadies im Königskerzenschlaraffenland 2 / © Angela Krumpen (ak)
Hummelparadies im Königskerzenschlaraffenland 2 / © Angela Krumpen ( ak )
Quelle:
DR