Papst Franziskus und die deutschen Bischöfe haben an Pfingsten zum Zusammenhalt der Christen aufgerufen. Der Papst bekannte sich zu einer "Einheit in der Verschiedenheit" der Christen. Der Geist Gottes selbst sei es, der die Verschiedenheit und die Einheit schaffe, sagte er in einer Messe auf dem Petersplatz.
Zugleich warnte Franziskus vor der Versuchung, "Verschiedenheit ohne Einheit" zu suchen und sich auf ausschließende Positionen zu versteifen.
Ökumenische Pfingstvesper in München
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bekundeten ihren Willen zu weiteren ökumenischen Schritten. Ziel müsse es sein, dass die Verschiedenheiten nicht trennten, sondern die jeweilig andere Konfession bereicherten, sagte Marx bei einer ökumenischen Pfingstvesper in München.
Die Einheit der Christen werde dann erreicht, wenn man nicht um sich selbst kreise, so Marx, sondern das tue, wozu man berufen sei, nämlich die frohe Botschaft zu verkünden. "Es geht nicht darum zu fragen, wer hat Recht gehabt und wer hat heute Recht, sondern es geht darum zu fragen, wie wir gemeinsam das voranbringen, was das Evangelium uns aufträgt."
Bedford-Strohm rief dazu auf, die unterschiedlichen Gaben der Menschen der verschiedenen Konfessionen für gemeinsames Handeln der Kirchen zu nutzen. Dies könne inspirieren, «unsere ökumenische Gemeinsamkeit auch im praktischen Handeln der Kirche» auszudrücken.
Christen sollen sich einmischen
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck erinnerte in seiner Pfingstpredigt an die politische Dimension des Christseins. "Es gibt keinen Ort, wo wir uns nicht einmischen dürften", sagte der Bischof im Essener Dom. Dies geschehe "nicht aus Besserwisserei, sondern wegen des Evangeliums". Aus der Gabe des an Pfingsten geschenkten Heiligen Geistes erwachse "eine Verantwortung für die Kirche und die Welt".
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick warnte davor, Sicherheit und Gerechtigkeit in der politischen Debatte als Gegensätze zu betrachten. Mit Blick auf Terrorismus und Katastrophen sei der Wunsch nach Sicherheit berechtigt. Sie dürfe jedoch nicht als Abschottung verstanden werden.
Pfingsten ist nicht leicht zu verstehen
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger rief dazu auf, "Ungeistern" wie Terror und Nationalismus Paroli zu bieten. "Gerade jetzt wäre der Geist der Zusammenarbeit und Solidarität mehr denn je gefragt und nötig", betonte er. Nicht weniger gefährlich als Konflikte sei es, "wenn von alternativen Fakten die Rede ist und eine komplexe Welt einfach in schwarz und weiß, in Gut und Böse aufgeteilt wird".
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki räumte im "Wort des Bischofs" ein, die Entsendung des Heiligen Geistes sei "gar nicht so einfach zu verstehen". Es gehe an Pfingsten "um den Beistand, die Kraft und Freude Gottes, die Gott jedem Menschen gibt, wenn er denn darum bittet".
Berliner Bischöfe auf ökumenischem Pfingstweg
Spitzenvertreter der Kirchen in Berlin haben sich am Sonntagabend wieder auf einen "ökumenischen Pfingstweg" durch das Zentrum der Hauptstadt gemacht. Unter dem biblischen Motto "Habt keine Angst" zogen sie mit zahlreichen weiteren Christen vom Bebelplatz bei der katholischen Sankt-Hedwigs-Kathedrale zum evangelischen Berliner Dom.
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Unter den Teilnehmern waren der katholische Erzbischof Heiner Koch und Weihbischof Matthias Heinrich, der evangelische Bischof Markus Dröge, der griechisch-orthodoxe Archimandrit Emmanuel Sfiatkos und der alt-katholische Dekan Ulf-Martin Schmidt. Sie riefen auch unter dem Eindruck des jüngsten Terroranschlags in London dazu auf, sich nicht von Angst und Misstrauen bestimmen zu lassen. Das Pfingstfest sei eine Ermutigung zur Gemeinschaft von Menschen über die Grenzen von Religionen und Kulturen hinaus. Im Berliner Dom fand zum Abschluss eine ökumenische Andacht statt.
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In "Ökumenischen Pfingstbrief" wandten sich zudem die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistums Berlin an die Christen der Region. Die Konfessionen seien "so nah wie noch nie seit der Reformation", betonten beide Gremien. "Wir vertreten dieselben Werte und vermitteln das gleiche Menschen- und Gesellschaftsbild, gemeinsam sind wir stärker und glaubwürdiger".
Die "Ökumene des Noch-Nicht"
Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber warb am Abend des Pfingstsonntags bei einem Gottesdienst in der Berliner St. Matthäuskirche für eine "Ökumene der Dankbarkeit, der Freundschaft und des wechselseitigen Respekts", anstelle stets darüber zu klagen, was noch nicht klappen würde. Diese "Ökumene des Noch-Nicht" verdunkele das, was den Christen bereits anvertraut sei: ein Gott, ein Glaube, eine Taufe.
Auch "ökumenische Familien" sollte man als Gabe auffassen, "statt sie ständig zum Problemfall zu erklären", mahnte Huber an. Die Vielfalt der Kirchen dürfe man nicht als Bedrohung ansehen. Sie müsse vielmehr als Reichtum gewürdigt werden. Zuversichtlich zeigte sich Huber, dass sich bis zum nächsten Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 auch Wege finden ließen, die zu einer eucharistischen Gastfreundschaft beider großer Kirchen führten.