Kirchen warnen an Pfingsten vor Egoismus

Soziale Kälte schmelzen lassen

Die Kirchen warnen an Pfingsten vor Egoismus und mahnen Veränderungen im Lebensstil an. Erzbischof Robert Zollitsch rief in seiner Pfingstpredigt dazu auf, das "Eis der sozialen Kälte" durch mehr Zuwendung zum Nächsten zum Schmelzen zu bringen. Präses Schneider forderte zum Umdenken im Konsumverhalten auf.

Pfingsten: Zentrales Symbol für den Heiligen Geist ist die Taube (KNA)
Pfingsten: Zentrales Symbol für den Heiligen Geist ist die Taube / ( KNA )

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, warnte vor Egoismus und der Illusion eines Lebens in völliger Unabhängigkeit. "Wir brauchen ein Leben lang andere Menschen, weil wir ohne Hilfe gar nicht existieren können", sagte er in seiner Pfingstpredigt im Freiburger Münster. Die Gesellschaft brauche auch im digitalen Zeitalter Zeiten und Orte, an denen Menschen sich persönlich begegnen, einander zuhören und Rat geben, Trost spenden und Hilfe leisten.



Zugleich mahnte der Freiburger Erzbischof die Christen, bei der Debatte über "den rechten Weg der Kirche in die Zukunft" nicht das geistliche Leben zu vernachlässigen.



Präses Schneider: Welt braucht gerechtere Verteilung der Güter

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Schneider, nannte es einen "Irrglauben", Wohlstand für alle durch immerwährendes Wirtschaftswachstum erzielen zu können. "In diesen Zeiten vieler Krisen erkennen wir, dass manche alte Muster an Wert verlieren", unterstrich der rheinische Präses.



Pfingsten sei das Fest der Erneuerung und gebe Kraft zur Umkehr. "Unsere Welt braucht eine gerechtere Verteilung der Güter und ein neues Wachstumsmodell, das sich nicht allein an der Höhe des Bruttoinlandsprodukts misst, sondern ein qualitatives Wachstum befördert", fügte Schneider hinzu.



Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner wünschte sich in seiner Pfingstpredigt mehr missionarischen Einsatz. Kirche und Weltchristenheit hätten nichts nötiger als den Heiligen Geist, "damit aus diesem müden Haufen Stoßtrupps begeisterter Zeugen Christi werden".



Ruhrbischof rügt Umgang mit Opel-Belegschaft

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck attackierte den Umgang mit der Belegschaft des Bochumer Opel-Werkes in ungewohnt scharfer Form. Die schon lange andauernden Unsicherheiten seien nicht mehr hinnehmbar, sagte Overbeck in seiner Pfingstpredigt im Essener Dom. Bei Opel herrsche ein "Ungeist, der am Ende allen schadet, nicht nur den von Arbeitslosigkeit Betroffenen, den Zulieferfirmen und Verantwortungsträgern, sondern unserer ganzen Region". Entscheidungen und verantwortungsbewusstes Handeln bräuchten jetzt dringend einen "guten Geist, um den hohen Wert eines gesamtgesellschaftlichen Friedens zu fördern".



Die katholische Kirche hat am Sonntag auch ihre diesjährige Renovabis-Pfingstaktion beendet. Auf die schwierige Lage der Kinder in Osteuropa wies Aachens Bischof Heinrich Mussinghoff beim zentralen Abschlussgottesdienst im Dom der Kaiserstadt hin.



Viele litten immer noch unter den Folgen des Kommunismus, hungerten, bettelten und lebten als Straßenkinder. Mussinghoff rief zur Unterstützung von sozialen und Bildungsprojekten auf. Konkret seien Heime und Tagesstätten notwendig. Viele Kinder seien sich selbst überlassen, weil ihre Eltern in Westeuropa sich etwas Geld für ihre Familien erarbeiteten.



Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen ging auf den Dialog zwischen katholischer und evangelischer Kirche ein. So wie viele vor Jahren nicht an die deutsche Einheit geglaubt hätten, glaubten heute manche nicht an die Einheit der Christen. Doch diese werde kommen, "und zwar umso schneller, je mehr wir uns an Jesus Christus halten".



Kardinal Marx: Pfingstliche Kirche eine Kraft der Integration

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx nannte die pfingstliche Kirche eine Kraft der Integration. Sie sei "kein Instrument der Trennung und Ausgrenzung".  Eine vom christlichen Glauben inspirierte Gesellschaft habe keine Angst vor dem Fremden. "Gerade wenn unsere Gesellschaft in ihrer Kultur und Lebensweise vielfältiger wird, braucht sie umso mehr die Haltung der Anerkennung und des Respekts, die Offenheit für das Neue, die Kraft der Integration, die Bereitschaft, vom Anderen her zu denken", sagte der Kardinal im Münchner Liebfrauendom.



Pfingsten gilt als das "Fest des Heiligen Geistes" und ist nach Weihnachten und Ostern das dritte Hauptfest des Kirchenjahres. Der Name geht auf das griechische Wort "pentekoste" (der fünfzigste) zurück, weil das Pfingstfest seit Ende des vierten Jahrhunderts 50 Tage nach Ostern gefeiert wird. In Erinnerung an die Ausgießung des Heiligen Geistes wird Pfingsten auch als Geburtstag der Kirche und Beginn der weltweiten Mission verstanden.