Papst warnt Jugend vor Konsumzwang

"Das Glück ist keine App"

Teenager aus ganz Europa drängten am Wochenende zum Gang durch die Heilige Pforte im Petersdom. Die Kirche zeigte ihr junges Gesicht. Und plötzlich erschien der Papst auf dem Petersplatz.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Pilgerinnen auf dem Petersplatz / © EPA/Ettore Ferrari (dpa)
Pilgerinnen auf dem Petersplatz / © EPA/Ettore Ferrari ( dpa )

Drei Monate vor dem katholischen Weltjugendtag in Krakau schlug das junge Herz der katholischen Kirche an diesem Wochenende in Rom. 70.000 Jugendliche waren zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit in die Ewige Stadt gepilgert, einige Tausend mehr als zunächst erwartet. Die meisten Gruppen waren aus italienischen Diözesen angereist, dazu kamen junge Katholiken aus Frankreich, Spanien, Belgien und anderen Ländern. Deutsche waren diesmal kaum vertreten. Die 13- bis 16-Jährigen, denen man rund um den Petersplatz und in den Gassen der Altstadt nicht entgehen konnte, machten aus Rom ein großes Ferienlager. Zu bestaunen war das Bild einer jugendlichen Kirche, wie es heute in Europa eher untypisch ist.

150 Priester nahmen die Beichte ab

Das Ziel der Teenie-Pilger war am Samstag die Heilige Pforte im Petersdom. Um beim Durchschreiten einen Ablass zu erhalten, müssen Katholiken zuvor gebeichtet haben. Die Gelegenheit dazu bot sich den Jugendlichen buchstäblich auf den letzten Metern, direkt auf dem Petersplatz. 150 Priester wechselten sich von morgens bis abends ab, um den Teilnehmern an den Kolonnaden von Bernini die Beichte abzunehmen. Den ganzen Tag riss der Strom der Pilgergruppen von der Engelsburg über die Via della Conciliazione hinauf zum Petersplatz nicht ab.

Überraschend mischte sich am Samstagvormittag auch Papst Franziskus selbst unter die Beichtväter. Von seiner Residenz Santa Marta hatte er den kurzen Weg gemacht und ließ sich, gefeiert wie ein Popstar und gefilmt von Hunderten Handys, auf einem der schlichten Plastikstühle an den Säulen nieder. Mehr als eine Stunde sprach er mit insgesamt 16 Jungen und Mädchen, denen er anschließend die Absolution erteilte. Wieder einmal wurde klar, dass der Papst sich vor allem als Pastor und Seelsorger sieht.

Glück ist "keine App"

Die Jugendlichen sollten ihren Glauben mutig bekennen und "gegen den Strom schwimmen", gab er ihnen in einem Tweet mit auf den Weg. Das war auch sein Tenor bei einer großen Messe am Sonntag auf dem Petersplatz. "Misstraut dem, der euch glauben machen will, dass ihr etwas geltet, wenn ihr euch als stark ausgebt wie die Filmhelden oder die neueste Mode anzieht", so Franziskus in seiner Predigt. Das Glück sei "keine App", die man sich auf das Handy herunterlädt. Freiheit bestehe nicht darin, alles zu tun, was einem gefällt, sondern sei die Gabe, "das Gute zu wählen".

Liebe ist keine "Telenovela"

"Der Papst ist kein Moralapostel und deshalb hören ihm auch Jugendliche zu", so der Kommentar der 16-Jährigen Francesca, die mit ihrer Pfarrgruppe aus der Nähe von Mailand angereist war. Der Glaube sei für ihre Generation bestimmt kein Auslaufmodell, sondern müsse nur in den richtigen Bildern rübergebracht werden. "So wie das mit der App, das versteht man sofort."

Oder das, was Franziskus zum Thema Liebe gebrauchte: Die sei keine "Telenovela", nichts, was die Jugendlichen in den Wolken finden könnten. "Die Liebe ist immer konkret", mahnte der Papst. Und das heißt für ihn vor allem, dass man sich um den anderen kümmert, ohne ihn besitzen zu wollen. "Ihr seid berufen, die Zukunft so aufzubauen: gemeinsam mit den anderen und für die anderen, nie gegen jemand anderen", schloss Franziskus.

Mehr als fünf Millionen Menschen

Offenbar braucht es in Rom keine Großereignisse wie diese Jugendwallfahrt mehr, um die Pilgerzahl im Heiligen Jahr nach oben zu treiben. Am Wochenende wurde bekannt, dass seit der Eröffnung am 8. Dezember 2015 mehr als fünf Millionen Menschen den Weg durch die Heilige Pforte gegangen sind. Noch vor gut einem Monat waren es erst drei Millionen. Den schleppenden Beginn erklärten sich die Organisatoren mit den Negativschlagzeilen über das Chaos in der römischen Stadtverwaltung, die den Ausbau der Infrastruktur nicht in den Griff bekam, und mit der Terrorangst. Inzwischen sind die meisten Arbeiten erledigt. Die Sicherheitsvorkehrungen bleiben derweil sehr hoch. So zogen am Wochenende immer wieder singende Gruppen von Teenagern an bewaffneten Militärposten vor gepanzerten Jeeps vorbei.


Papst Franziskus empfängt zwei Pilger / © EPA/Ettore Ferrari (dpa)
Papst Franziskus empfängt zwei Pilger / © EPA/Ettore Ferrari ( dpa )

Pilger halten ein Papst-Transparent hoch / © EPA/Ettore Ferrari (dpa)
Pilger halten ein Papst-Transparent hoch / © EPA/Ettore Ferrari ( dpa )
Quelle:
KNA