Die Papst-Bulle zum Heiligen Jahr gibt Rätsel auf

Was dürfen "Missionare der Barmherzigkeit"?

Zum Heiligen Jahr hat Papst Franziskus weltweit mehr als tausend "Missionare der Barmherzigkeit" ausgesandt. Sie haben Sonderbefugnisse bei der Beichte. Welche dies genau sind, darüber gab es allerdings Verwirrung.

Autor/in:
Stefanie Stahlhofen
Papst nimmt die Beichte ab (KNA)
Papst nimmt die Beichte ab / ( KNA )

Im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit hebt Papst Franziskus eines besonders hervor: die Beichte. In Predigten und Ansprachen geht er immer wieder auf das Sakrament der Versöhnung ein. Am Aschermittwoch entsandte er mehr als tausend ausgewählte Priester als "Missionare der Barmherzigkeit", ausgestattet mit Sondervollmachten bei der Beichte.

Missverständnisse

In seiner Bulle zum Heiligen Jahr hatte der Papst angekündigt, ihnen die Vollmacht zu geben, "auch von den Sünden loszusprechen, die normalerweise dem Apostolischen Stuhl vorbehalten sind. Damit soll der Umfang ihrer Sendung sichtbar werden." Diese Passage führte zu Missverständnissen. Gerätselt wurde, ob Franziskus damit seinen Barmherzigkeits-Botschaftern sämtliche Sünden zur Vergebung freigegeben hat, die eine nur vom Apostolischen Stuhl selbst zu lösende Exkommunikation nach sich ziehen.

Der Kirchenrechtskodex von 1983 nennt darunter die Hostienschändung (can. 1367), physische Gewalt gegen den Papst (can. 1370 §1), Lossprechung von Mitschuldigen gegen das sechste Gebot (1378 §1), Bischofsweihe ohne päpstlichen Auftrag (can 1382) und die direkte Verletzung des Beichtgeheimnisses (can. 1388 §1).

In einem Brief vom 10. Februar an die Missionare stellte Erzbischof Rino Fisichella, Chef-Organisator des Heiligen Jahres und Präsident des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung, allerdings klar, dass diese Vollmacht nicht für die Lossprechung von der Sünde der unerlaubten Bischofsweihe gilt. Das Schreiben betont, dass die Missionare "ausschließlich und alleine" von den vier übrigen Sünden lossprechen können.

Rätseln der Kirchenrechtler

Der vatikanische Kirchenrechtler Markus Graulich hält die eingeschränkten Befugnisse bei der Vergebung unerlaubter Bischofsweihen für nachvollziehbar. Solche Weihen störten die kirchliche Struktur. Graulich, Untersekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, verweist auf die Bischofsweihen von Erzbischof Marcel Lefebvre, dem Gründer der traditionalistischen Piusbruderschaft. 1988 weihte der Franzose trotz päpstlichen Verbots vier Priester zu Bischöfen. "Das stört die öffentliche Ordnung in der Kirche", so Graulich - und zwar bis heute. Nach seinen Worten kommen solche Fälle derzeit, wenn überhaupt, nur in China vor.

"Die Weihe eines Bischofs, der dann natürlich auch seine Weihe ausüben kann, also wieder Priester weihen kann und so weiter, ist natürlich ein Schaden an der kirchlichen Gemeinschaft, der auch die Struktur stört." Diese schwerwiegenden und anhaltenden Folgen für die gesamte Kirche seien wohl der Grund dafür, dass der Vatikan den Sonderbeauftragten die Befugnis zur Lossprechung von dieser Sünde nicht erteilt habe.

Offenbar ging es dem Vatikan also darum, klar zu unterscheiden zwischen den vier anderen Sünden, die eher im privaten Bereich angesiedelt sind und keinen Einfluss auf die äußere Struktur der Kirche haben, und unerlaubten Bischofsweihen als Vergehen, die die Gesamtordnung der Kirche ins Wanken bringen könnten. Für unerlaubte Bischofsweihen ist also nach wie vor allein der Apostolische Stuhl zuständig.

Verschiedene Sünden-Kategorien

Im Hinblick auf die anderen für den Apostolischen Stuhl reservierten Sünden gilt allgemein: Wenn es rein um den inneren Bereich geht - die Tat also nicht bekanntgeworden ist, liegt die Zuständigkeit bei der Apostolischen Pönitentiarie; wenn es sich um Vergehen handelt, die auch öffentlich geworden sind, bei der Glaubenskongregation.

Zu diesen Vergehen zählt laut Graulich auch die versuchte Weihe von Frauen. Die Verletzung der Schweigepflicht im Konklave rechnete Papst Benedikt XVI. (2005-2013) in einer Ergänzung der Konklaveordnung von 2013 ebenfalls zu den Ausnahmevergehen. Zur Sündenvergebung in Abtreibungsfällen stellt Graulich hingegen klar: "Die Lossprechung von der Abtreibung ist nicht dem Apostolischen Stuhl vorbehalten, sondern den Bischöfen. Diese haben die Vollmacht zum Teil schon an die Priester delegiert, und Papst Franziskus hat diese Vollmacht mit seinem Schreiben vom 1. September 2015 an Erzbischof Fisichella während des Jahres der Barmherzigkeit bereits an alle Priester gegeben."


Quelle:
KNA