Heiliges Jahr beginnt - erhöhte Sicherheitsvorkehrung in Rom

Barmherzigkeit, Benedikt XVI. und eine Lichtershow

Papst Franziskus hat heute in Rom ein Heiliges Jahr der katholischen Kirche eröffnet. Gegen Ende eines Gottesdienstes auf dem Petersplatz stößt er die sonst geschlossene Heilige Pforte des Petersdoms auf und durchschreitet sie.

Papst Franziskus trifft auf dem Petersplatz ein / © Ettore Ferrari (dpa)
Papst Franziskus trifft auf dem Petersplatz ein / © Ettore Ferrari ( dpa )

Mit einem Festgottesdienst im Vatikan hat Papst Franziskus am Dienstag das Heilige Jahr der Barmherzigkeit eröffnet. Bei leichtem Nieselregen hatten sich mehrere Zehntausend Gläubige auf dem Petersplatz versammelt, wo der Papst die Messe unter freiem Himmel leitete. Schon seit den frühen Morgenstunden warteten zahlreiche Pilger darauf, auf den Petersplatz vorgelassen zu werden. Auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat sein Kommen angekündigt.

Gegen Ende der Messe, die um 9:30 Uhr im Petersdom begann, zieht Papst Franziskus in Prozession zur Vorhalle an die Heilige Pforte. In Anwesenheit seines Vorgängers Benedikt bittet Franziskus um die Öffnung der bronzenen Torflügel der Porta Sancta in den Petersdom hinein. Mehrere Angestellte der Bauhütte öffnen die Pforte von innen, woraufhin Franziskus die Heilige Pforte der Barmherzigkeit als erster Pilger durchschreitet. Das "Iubiliaeum Misericordiae" beginnt – und dauert bis zum 20. November 2016.

Das Heilige Jahr wird nach Terrorwarnungen unter erheblich verstärkten Sicherheitsvorkehrungen eröffnet. Medienberichten zufolge sind während der Zeremonie 2.250 Soldaten, 1.000 Sicherheitskräfte und 900 städtische Ordnungshüter im Einsatz. Für das Zentrum Roms wurden zudem eine "No-Fly"-Zone sowie Fahrverbotszonen eingerichtet.

Im Mittelpunkt steht das Thema Barmherzigkeit. In seinem Verlauf wird mit mehreren Millionen zusätzlichen Besuchern in Rom gerechnet. Zuletzt fand 2000 zum Jahrtausendwechsel ein Heiliges Jahr statt. In der Regel werden solche Jahre alle 25 Jahre begangen. Diesmal handelt es sich um ein sogenanntes Außerordentliches Heiliges Jahr.

Die Eröffnung endet am Abend mit einer Lichtshow auf dem Petersplatz. Bilder renommierter Fotografen zu den Themen Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Umwelt werden auf Fassade und Kuppel des Petersdoms projiziert. Die Show nimmt Bezug auf die im Juni veröffentlichte Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus.

Heilige Pforte am Kölner Dom

In Köln wird genau wie in Rom am 8. Dezember eine Heilige Pforte geöffnet. Es gibt zunächst einen Statio-Gottesdienst in der Minoritenkirche, bei dem aus der Bulle des Papstes zum Heiligen Jahr vorgelesen wird, danach geht es in einer feierlichen Prozession zum Dom, wie Domdiakon Reimund Witte erklärte. Hier wird Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki eine Heilige Pforte öffnen. domradio.de überträgt live ab 18 Uhr aus der Minoritenkirche.

Die Zeichen Jesu Christi "gerade gegenüber den Sündern, Armen, Ausgestoßenen, Kranken und Leidenden", seien ein "Lehrstück der Barmherzigkeit". Jesus zeige Barmherzigkeit auch als "Kriterium, an dem man erkennt, wer wirklich Gottes Kinder sind", so der Papst, und weiter: "Wir sind also gerufen, Barmherzigkeit zu üben, weil an uns selbst bereits Barmherzigkeit erwiesen wurde. Die Vergebung von begangenem Unrecht wird zum sichtbarsten Ausdruck der barmherzigen Liebe, und für uns Christen wird sie zum Imperativ, von dem wir nicht absehen können."

Franziskus' Wunsch an alle Pfarreien, kirchlichen Gemeinschaften und Bewegungen: "Überall wo Christen sind, muss ein jeder Oasen der Barmherzigkeit vorfinden können" - zunächst um das Wort Gottes zu hören und zu meditieren, um das Verständnis seiner Barmherzigkeit zu vertiefen.

Vergeben und Handeln

Ebenso sei jedoch Handeln gefragt: Alle Gläubigen sollten Augen und Ohren für Arme, Benachteiligte und Notleidende öffnen, jede Gleichgültigkeit gegenüber ihnen überwinden und selbst Hand anlegen, zumal die Armen "die Bevorzugten der göttlichen Barmherzigkeit" seien.

Dazu empfiehlt der Papst besonders die klassischen "Werke der Barmherzigkeit": Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und Tote begraben - die "leiblichen" Werke, zudem auch die "geistlichen" Werke wie Zweifelnden recht raten, Unwissende lehren, Sünder zurechtweisen, Betrübte trösten, Beleidigungen verzeihen, Lästige geduldig ertragen und für die Lebenden und Verstorbenen zu Gott zu beten.

Kurzer Pilgergang

In einem Anfang September veröffentlichten Brief teilt Franziskus mit, wie der "Jubiläumsablass" im Heiligen Jahr zu erhalten ist: Grundbedingungen sind demnach ein "kurzer Pilgergang" zu einer Heiligen Pforte, verbunden mit einer Beichte, einer Eucharistiefeier, dem Glaubensbekenntnis, einem Nachdenken über die Barmherzigkeit Gottes und das Gebet für den Papst und dessen Anliegen. Genauso kann jedoch auch jede barmherzige Tat dieses Geschenk vermitteln, das "von allen Konsequenzen der Sünde befreit, sodass er wieder neu aus Liebe handeln kann". Auch für Verstorbene kann der Ablass erlangt werden.

Um möglichst vielen den Zugang zu diesem Ablass zu ermöglichen, sind seine Vorbedingungen noch deutlich ausgeweitet: Er gilt auch für alte, einsame Menschen, die das Haus nicht verlassen können und diesen Moment der Prüfung "mit Glauben und freudiger Hoffnung leben", dabei die Kommunion empfangen oder an einer Messe teilnehmen - auch über TV oder Radio.

Gleiches gilt für Gefangene; für sie kann der Ablass in den Gefängniskapellen erlangt werden "und jedes Mal, wenn sie durch die Tür ihrer Zelle gehen und dabei ihre Gedanken und ihr Gebet an Gottvater richten". Diese Geste sei wie ein Durchgang durch die Heilige Pforte, so der Papst; Gott könne sogar die Gitter in eine Erfahrung der Freiheit verwandeln.

Besonderes Augenmerk widmet der Papst schließlich dem "Drama der Abtreibung": "Ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen", erhalten alle Priester die Vollmacht, "von der Sünde der Abtreibung jene loszusprechen, die sie vorgenommen haben und reuigen Herzens dafür um Vergebung bitten". Abtreibung sei eine "existenzielle und moralische Tragödie" und tiefstes Unrecht, solle jedoch von der Vergebung Gottes nicht ausgeschlossen sein. Die Lossprechung für diese schweren Fälle ist ansonsten nur in bestimmten Kirchen und durch bestimmte Beichtväter möglich.

 

Quelle:
DR , KNA , rv