Vor 400 Jahren starb der Kirchenlehrer Robert Bellarmin SJ

Der Lehrer der Gegenreformation

Sein Werk "Dispute über die Kontroversen des christlichen Glaubens" hat das Kirchenverständnis des Tridentinischen Konzils dargestellt. Es beeinflusste das konfessionelle Verhältnis bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil.

Autor/in:
Anselm Verbeek
Holzkreuz auf einem alten Buch / © alexkich (shutterstock)
Holzkreuz auf einem alten Buch / © alexkich ( shutterstock )

Die Kirche befand sich im 16. Jahrhundert im vergifteten Klima von Glaubensspaltung und Religionskrieg: Katholiken galten im lutherischen Wittenberg und im calvinistischen Genf als "Papisten" unter der Diktatur des "Antichristen" in Rom, des Papstes. Wenn sich die katholische Kirche behaupten wollte, musste sie also in der kontroversen Debatte Position beziehen: Welche ist die wahre Kirche? In Trient (1545-63) hatten die Konzilsväter die Basis für ein erneuertes Kirchenverständnis erarbeitet. Der Jesuit Robert Bellarmin hat die Konzilsbeschlüsse in seinem Hauptwerk, bekannt unter dem Kurztitel "Kontroversen", systematisiert.

Heiliger und Kirchenlehrer

Bellarmin hatte viele Gegner; er profilierte sich als Kontroverstheologe im kämpferisch geführten Dialog über Grundsätze der Glaubenslehre, die als bekenntnistrennend galten - bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, als die Kirche sich der Ökumene öffnete. Robert Bellarmin, der am 17. September 1621 starb, wurde von Papst Pius XI. 1930 heiliggesprochen, im Jahr darauf zum Kirchenlehrer erhoben.

Vor 1542 wurde Robert Bellarmin in Montepulciano geboren. Er stammte aus einer verarmten Adelsfamilie. Als die Jesuiten in der toskanischen Kleinstadt ein Kolleg eröffneten, spürte er seine geistliche Berufung. Die Mutter, die Schwester von Reformpapst Marcellus II., unterstützte ihn. Robert trat in den Orden ein, studierte Philosophie am Römischen Kolleg, später in Florenz und Padua.

Um sein Studium zu beenden, ging Bellarmin nach Löwen. Die Universitätsstadt in den damals spanischen Niederlanden war ein Zentrum für das Studium der Bibel, ihrer Quellen und Auslegung. Wieder war Bellarmin Lernender und Lehrender in einer Person, daneben Beichtvater und Prediger in lateinischer und italienischer Sprache - eine Fülle von Aufgaben, die er seiner schwachen Gesundheit abrang.

Die Kontroversen

Bereits 1570 wurde Robert Bellarmin mit einer Pionierrolle betraut. Er kommentierte die Summa, das klassische Lehrbuch systematischer Theologie. Der junge Professor kannte selbst bloß Ausschnitte aus Thomas von Aquins Riesenwerk. Humanisten und Reformatoren hatten im Kampf gegen die spitzfindigen Gedankenspiele der späten Scholastik auch gegen Thomas gewettert. Doch Bellarmin gelang eine neue Bewertung des Kirchenlehrers im Geist der Gegenreformation.

Ab 1576 lehrte der Jesuit in Rom elf Jahre lang die sogenannte Kontroverstheologie. Ertrag der Vorlesungen war sein mehrbändiges Standardwerk, die Kontroversen. Der um Objektivität bemühten Darstellung der protestantischen Bekenntnisschriften stellte Bellarmin die katholische Lehre entgegen. Das konfessionell Trennende war Ausgangspunkt. Später ergänzte er die Kontroversen um Katechismen; sie prägten den katholischen Glauben ebenso wie die seines Ordensbruders Canisius.

Eine traurige Grundregel der Kontroversen war: Sobald gewisse Bräuche oder Zeremonien zum Markenzeichen einer Konfession geworden waren, grenzten sich die rivalisierenden Bekenntnisse davon ab. Der reformatorischen Lehre vom allgemeinen Priestertum der Laien stellte Bellarmin die Mittlerschaft des geweihten Priesters entgegen, der Pflege der Muttersprache das sakrale Latein.

Kirche und weltliche Angelegenheiten

Der reformatorischen Unterscheidung zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Kirche antwortete Bellarmin mit der hierarchischen Ekklesiologie einer Gemeinschaft unter päpstlicher Autorität. Die Kirche war für den Kardinal "so sichtbar und greifbar wie die ... Republik Venedig". Die mystische Dimension, Trost für viele in Sorge um die real existierende Kirche, blieb dunkel.

Europa beunruhigte derweil die Frage: Wie weit reicht die Macht des Papstes? Kardinal Bellarmin prägte die Definition von der "indirekten Gewalt" des Papstes mit dem Recht, auch in weltliche Angelegenheiten einzugreifen, wenn es das sittlich religiöse Interesse gebiete.

Aber in den Hauptstädten der jungen Nationalstaaten war man empört über die Anmaßung, katholische Untertanen ihres Eides auf den König entbinden zu können. "Tyrannenmorde" waren in Zeiten der Religionskriege keine Seltenheit. In Frankreich fielen ihnen Könige wie Heinrich III. und Heinrich IV. zum Opfer.

Bellarmin musste in seinen letzten Lebensjahren viel Kraft aufwenden, um seinen starren Begriff einer zentralistischen Papstkirche gegen staatsrechtliche Kritik zu verteidigen. Erst das Zweite Vatikanische Konzil weitete den Blick: die Kirche als Volk Gottes und die Verantwortung aller Bischöfe.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema