Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela im äußersten Nordwesten Spaniens. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.
Neben den fast zahllosen Verästelungen und Zubringern gab es je nach Zählung vier bis sechs Hauptrouten durch Frankreich. Der "Weg der Deutschen", die "Via Lemovicensis", ging von Vezelay in Burgund aus und war der Hauptweg für Pilger aus Nord- und Westdeutschland sowie aus Osteuropa. Der sogenannte Küstenweg für Engländer und Iren verlief entlang der französischen Atlantikküste bis nach Spanien. Weiter östlich verliefen die "Via Turonensis" über Paris, Tours und Bordeaux, die "Podiensis" über Le Puy und Conques, die "Tolosana" über Arles und Toulouse sowie der sogenannte Pyrenäenweg über Beziers und Foix.
Die angebliche Grabstätte des heiligen Jakobus entwickelte sich neben Rom und Jerusalem im Mittelalter zu einem der drei Hauptziele der christlichen Pilgerfahrt. Seit 1982 Papst Johannes Paul II. und 1987 der Europarat zur Wiederbelebung der Jakobswege aufriefen, hat eine Renaissance dieser "europäischen Kulturbewegung" eingesetzt, wie die zuletzt immer weiter steigende Zahl von Pilgern belegt. Die Corona-Pandemie dürfte allerdings für deutliche Einbrüche in der Statistik sorgen.
Neben religiösen spielen auch touristische und sportliche Motive eine zentrale Rolle. In Deutschland verstärkte der 2006 erschienene Erlebnisbericht des TV-Entertainers Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" zusätzlich eine Renaissance des Pilgerns.
(KNA/14.06.2020)
01.01.2021
Die Vorfreude ist Verunsicherung gewichen, an neue Rekordmarken gegenwärtig nicht zu denken: Das Heilige Jakobusjahr 2021 steht im Zeichen der anhaltenden Corona-Krise und der Einschränkungen durch die Pandemie.
Wenn am 1. Januar das Heilige Jahr für die Pilgergemeinschaft auf dem Jakobsweg beginnt, wird es eigentlich so sein wie immer. In Santiago de Compostela wird die symbolisch freigeschlagene "Heilige Pforte" in die Kathedrale offenstehen, Ankömmlingen das ganze Jahr der vollkommene Ablass gewährt. Doch wer wird es 2021 - vor allem aus dem Ausland - überhaupt in den Nordwesten Spaniens und zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela schaffen?
Die Tradition der Heiligen Jahre fußt auf einem päpstlichen Privileg aus dem Mittelalter und steht immer dann an, wenn der Gedenktag des Jakobus, der 25. Juli, auf einen Sonntag fällt: alle elf, sechs, fünf und wiederum sechs Jahre. In den letzten Heiligen Jahren 2004 und 2010 fielen Pilgerrekordmarken, blühte ungebremst der Kommerz.
Nun wirft die Corona-Krise lange Schatten. Spanien ist weiterhin Risikoland und zählt zu den am stärksten von der Pandemie betroffenen Staaten, doch die Unüberlegtheiten von Politik und Behörden haben das Dilemma verstärkt.
Maskenpflicht - auch auf dem Jakobsweg
Die Linksregierung in Madrid hat bis 9. Mai 2021 den Alarmzustand ausgerufen - das dürfte für viele Reisende abschreckend genug sein. Wer mit dem Flugzeug ankommt, muss seit November einen negativen PCR-Test vorweisen, was Kritiker als "Mautgebühr für die Einreise" anprangern. Kann man den selbst bezahlten Test nicht vorweisen, drohen 6.000 Euro Geldstrafe. Zudem herrscht in Spanien weiterhin Maskenpflicht im Freien, auch auf dem Jakobsweg. Pilgern ist zu einem Hindernislauf geworden.
Die richtige Pilgersaison beginnt zwar erst zu Ostern, aber wie sich die Umstände bis dahin entwickeln, dürfte vom Erfolg der Impfungen abhängen, die auch in Spanien noch vor Silvester beginnen. Ungewiss wie die Entwicklung der neuesten Covid-Mutation ist auch, wie viele Pilgerunterkünfte überhaupt wieder öffnen; manche Privatherbergen hat die Krise in den Ruin gestürzt. Etwas Linderung verschaffte der Sommer, der nach dem Lockdown von Mitte März bis Ende Juni zu einer Wiederbelebung führte.
Mangelnde Pilger machen sich auch finanziell bemerkbar
Im Juli trafen 9.752 Pilger in Santiago de Compostela ein und erhielten ihr Pilgerdiplom, im August 19.812, im September 10.441. Der Rücklauf im Oktober (6.418) entsprach der Normalität der Jahreszeit, während der November (586) bereits unter dem Einfluss regionaler Gebietssperrungen in Spanien stand. Kurz vor Weihnachten stand auf der Webseite des Pilgerbüros die "Null" der Neuankünfte.
Bis Ende des Jahres dürfte die Statistik etwa 54.000 Ankömmlinge aufführen, über sechsmal weniger als 2019 (347.578). Ein dramatischer Einbruch auch für das Gastgewerbe, zumal über die Rad- und Fußpilger hinaus die üblichen Besuchermillionen an den Stationen des Jakobswegs und in Santiago de Compostela ausblieben. Organisierte Bus- und Pilgerreisen fielen aus.
Heilige Jahre pushen Pilgerbewegung normalerweise
Seit der Renaissance des Jakobsweges in den Achtzigerjahren haben Heilige Jahre die Pilgerbewegung bisher immer gepusht. Die PR-Maschinerie lief auf Hochtouren, um Menschen zum Aufbruch zu bewegen. Das reichte in Spanien von Fernsehspots über Rollbandenwerbung in Fußballstadien bis hin zu Aufdrucken auf Einkaufstüten im Supermarkt.
International liefen Anzeigenkampagnen, lockten Slogans wie "Kommen Sie und seien Sie Teil eines Wunders". Im Fokus stand der Tourismus, nicht der Glaube, unterfüttert durch bunte Rahmenprogramme. Vom Organisationskomitee, das vor Corona "fast 8.000 Aktivitäten" für das Heilige Jahr 2021 angekündigt hatte, ist allerdings nichts mehr zu hören. Derlei Ruhe ist gespenstisch - wie vielerorts auf dem Jakobsweg selbst.
"Die Hoffnung, nach Santiago zu pilgern"
Mut lässt sich für gläubige Pilger aus dem Gottvertrauen schöpfen. "Ziehe fort aus deinem Land", hatte Santiagos Erzbischof Julian Barrio Barrio mit einem Jahwe-Zitat (Gen 12,1) seinen Hirtenbrief zum Heiligen Jahr übertitelt. Das Elaborat war allerdings vor Corona verfasst.
Unter dem Titel "Die Hoffnung, nach Santiago zu pilgern" bestärkt er die Pilgergemeinde in einer Zusatzversion: "Der Apostel Jakobus erwartet euch in diesem Heiligen Jahr, um euren Schmerz zu umarmen und von euch umarmt zu werden."
Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela im äußersten Nordwesten Spaniens. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.
Neben den fast zahllosen Verästelungen und Zubringern gab es je nach Zählung vier bis sechs Hauptrouten durch Frankreich. Der "Weg der Deutschen", die "Via Lemovicensis", ging von Vezelay in Burgund aus und war der Hauptweg für Pilger aus Nord- und Westdeutschland sowie aus Osteuropa. Der sogenannte Küstenweg für Engländer und Iren verlief entlang der französischen Atlantikküste bis nach Spanien. Weiter östlich verliefen die "Via Turonensis" über Paris, Tours und Bordeaux, die "Podiensis" über Le Puy und Conques, die "Tolosana" über Arles und Toulouse sowie der sogenannte Pyrenäenweg über Beziers und Foix.
Die angebliche Grabstätte des heiligen Jakobus entwickelte sich neben Rom und Jerusalem im Mittelalter zu einem der drei Hauptziele der christlichen Pilgerfahrt. Seit 1982 Papst Johannes Paul II. und 1987 der Europarat zur Wiederbelebung der Jakobswege aufriefen, hat eine Renaissance dieser "europäischen Kulturbewegung" eingesetzt, wie die zuletzt immer weiter steigende Zahl von Pilgern belegt. Die Corona-Pandemie dürfte allerdings für deutliche Einbrüche in der Statistik sorgen.
Neben religiösen spielen auch touristische und sportliche Motive eine zentrale Rolle. In Deutschland verstärkte der 2006 erschienene Erlebnisbericht des TV-Entertainers Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" zusätzlich eine Renaissance des Pilgerns.
(KNA/14.06.2020)