Medienstudierende drehen für "God or not" im Priesterseminar

Kein Thema ist Tabu

Was passiert, wenn Medienschaffende in ein Priesterseminar einziehen? Das will die katholische Kirche mit dem Projekt "God or not" herausfinden. Sally Müller ist die einzige Frau, die in Sankt Georgen mit dreht. Was ist ihr Eindruck?

Kameraobjektiv / © REDPIXEL.PL (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie haben sonst nicht so viel mit Kirche zu tun. Mit dem Projekt "God or not" - "Gott oder nicht" haben Sie die Möglichkeit, ein Priesterseminar zu besuchen. Sie und die anderen beteiligten Medienstudenten begleiten über sechs Monate filmisch das Priesterseminar St. Georgen in Frankfurt am Main. Sie begeben sich auf die Suche nach Gott und stellen die Frage, wieso man heute noch Priester werden will. Kein Thema ist tabu und Sie können alles fragen, was von Interesse ist. Wie haben Sie sich denn vorab so ein Priesterseminar vorgestellt?

Sally Müller (Medienstudentin der Hochschule der Medien in Stuttgart): Meine Erwartungen waren schon ein bisschen anders. Es war sehr modern dort, weniger streng, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich fand es sehr interessant, weil gerade ich als Frau ja normalerweise überhaupt nicht die Chance habe, in so eine Welt reinzuschauen. Das fand ich wirklich spannend, wie der Alltag abläuft und für was sich die Priesterseminaristen in ihrer Freizeit auch interessieren.

DOMRADIO.DE: Dann schauen wir mal auf den Alltag und vielleicht auch auf die Freizeit. Was haben Sie da mitbekommen?

Müller: Ich hab gesehen, dass die Priesterseminaristen sich schon sehr viel mit ihrem Glauben beschäftigen, weil es sie auch ihr ganzes Leben begleiten wird. Worüber ich überrascht war, ist, dass der Glaube auch in ihrer Freizeit eigentlich die größte Rolle spielt. Ich war sehr beeindruckt, wie hingebungsvoll sie sich damit beschäftigen. Wir durften auch mal in ihre Zimmer schauen, wie sie leben und was sie machen. Da waren auch die Bücherregale gefüllt mit Büchern, die alle mit dem Glauben zu tun haben. Das fand ich wirklich sehr beeindruckend und hatte ich zum Beispiel nicht erwartet.

DOMRADIO.DE: Welche Vorurteile haben sich bislang bestätigt und welche vielleicht eher nicht?

Müller: Ein Vorurteil war zum Beispiel, dass der Katholizismus eine sehr strenge Religion ist. Das war wirklich sehr spannend zu sehen, dass es nicht ganz so zugeht, wie ich dachte. Dazu wird es aber mehr in den kommenden Folgen geben. Mein anderes Vorurteil, was ich gerade schon angesprochen hatte, war, dass sie sich schon sehr stark mit ihrem Glauben beschäftigen. Da war ich dann überrascht, dass es sogar noch mehr war, als ich erwartet hatte.

DOMRADIO.DE: Der erste Film von "God or not" ist letzte Woche online gegangen. Wenn Sie mit denen im Priesterseminar, wie mit Antonio zum Beispiel, im Gespräch sind, findet er das gut getroffen?

Müller: Ja, es sind wirklich alle zufrieden. In der ersten Folge geht es auch mehr darum, die Personen kennenzulernen, ihre Charaktere und uns einfach persönlich kennenzulernen. In den kommenden Folgen werden wir dann viel mehr auf tiefere Fragen zum Glauben eingehen, auf die Vorurteile und was man eigentlich erwartet.

DOMRADIO.DE: Die Filme sind auf YouTube zu sehen. Wenn alles so läuft, wie Sie sich das vorstellen, was soll der Zuschauer aus diesen Filmen mitnehmen, auch im Verlauf der nächsten Wochen?

Müller: Das Tolle an dem Projekt ist, dass man auf YouTube auch Kommentare und Fragen hinterlassen kann. Wir filmen noch weiter, unser Dreh ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden wieder dorthin fahren und weiterdrehen. Dann werden wir auch auf die Fragen der Zuschauer eingehen. Das heißt, wenn es spannende Fragen gibt, werden wir die in den nächsten Folgen miteinbeziehen.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt / © Harald Oppitz (KNA)
Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR
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