Stuttgarter "Atlas der Religionen" vorgestellt

Drei Viertel religiös

Rund drei Viertel der Stuttgarter halten sich für religiös. Ein bundesweit einmaliges Projekt, der "Atlas der Religionen", zeigt die religiöse Vielfalt der Stadt und gibt Antworten zu religiösen Festen, Gebeten und Glaubensgemeinschaften.

Vielfalt in Deutschland / © Wolfgang Kumm (dpa)
Vielfalt in Deutschland / © Wolfgang Kumm ( dpa )

Wie aus dem am Montag in der Landeshauptstadt vorgestellten "Atlas der Religionen" hervorgeht, leben in Stuttgart Angehörige von rund 250 Glaubensgemeinschaften unter anderem aus den fünf Weltreligionen Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus und Judentum. Hinter dem in dieser Form bundesweit einmaligen Projekt eines Religionsatlasses stehen die Kommune und der Stuttgarter "Rat der Religionen".

Vom Protestantismus zur religiösen Vielfalt

Aus dem knapp 200-seitigen Bericht geht hervor, dass im Jahr 1900 von den Einwohnern 82,5 Prozent evangelisch, 15,4 Prozent katholisch und 2,1 Prozent keiner der beiden christlichen Gruppen zuzurechnen waren.

Dies führte zu der Einschätzung, dass Stuttgart als Hauptstadt des deutschen Protestantismus galt. Die Melderegister für 2019 zeigen, dass von den 614.599 Stuttgartern aus etwa 180 Ländern je ein knappes Viertel der evangelischen und der katholischen Kirche angehören. Mit 52,4 Prozent zählen etwas mehr als die Hälfte keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft an.

Christentum, Islam und Judentum

Weil das Religionsverständnis der Muslime anders ist als bei Christen, lässt sich der Anteil der sich dem Islam zuordnenden Menschen nur schätzen. Nach Abwägung verschiedener Faktoren gehen die Autoren der Studie davon aus, dass in Stuttgart etwa 59.000 Menschen muslimischen Glaubens leben.

Jüdischen Glaubens waren demnach 2019 etwa 1.480 Stuttgarter. Dies entspricht einem Anteil von 0,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung der Stadt. Das Judentum in Stuttgart ist demnach stark durch Zuzug geprägt.

Erheblich verändert hat sich in den vergangenen Jahrzehnten das christliche Milieu: Der Religionsatlas geht von mehr als 70 verschiedenen Gemeinschaften aus. So rechnen sich fast ein Drittel der evangelischen Christen einer Freikirche zu. Durch Flucht und Vertreibung, aber auch durch Arbeitsmigration fanden orthodoxe und orientalische Kirchen am Neckar eine Heimat. Während sich die beiden Großkirchen bei den Mitgliederzahlen annäherten, gibt es große Unterschiede bei der Herkunft: In der katholischen Kirche hat fast die Hälfte einen Migrationshintergrund, bei der evangelischen Kirche in Stuttgart jeder Neunte.

Kenntnis der pluralen Gesellschaft

Der katholische Stadtdekan Christian Hermes sagte, während die Bindung an die Volkskirchen abnehme, stiegen Vielfalt und Organisationsform der Religionsgemeinschaften an.

Er hatte die Studie angeregt. "Wenn ein Miteinander in einer pluralen Gesellschaft gelingen soll, sind nicht gleichgültige Unkenntnis, sondern Verständnis, Interesse und Wissen übereinander die Grundlage für eine fruchtbare Verständigung", so Hermes.

Religiosität

Die Umfrage, für die 4.000 Antworten ausgewertet wurden, zeigt, dass nicht alle Kirchenmitglieder besonders religiös sind, es aber zugleich sehr viele religiöse Stuttgarter gibt, die keiner der beiden großen Kirchen angehören. Etwa drei Viertel bezeichneten sich als zumindest ein wenig religiös. 17 Prozent sehen sich als ziemlich oder sehr religiös im engeren Sinne.

Die große Mehrheit - rund die Hälfte - ist demnach wenig bis mittel religiös, denkt zumindest gelegentlich über Religiöses nach, glaubt an Gott oder etwas Göttliches und hat das Gefühl, dass Gott oder etwas Göttliches schon mal in ihr Leben eingegriffen hat.


Blick auf die Markuskirche in Stuttgart / © Klaus Ulrich Mueller (shutterstock)
Blick auf die Markuskirche in Stuttgart / © Klaus Ulrich Mueller ( shutterstock )

Interreligiöser Dialog: Kreuz, Halbmond und Davidstern / © Julia Steinbrecht (KNA)
Interreligiöser Dialog: Kreuz, Halbmond und Davidstern / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA