Theologe Tück: Fall Pachamama zeigt verengten katholischen Blick

"Historisch blind"

Der Theologe Jan-Heiner Tück sieht in der Affäre um die inididenen Pachamama-Figuren während der Amazonassynode einen verengten Blick auf das Katholische. Ein Mann hatte die "blasphemischen" Statuen in den Tiber geworfen.   

Eine Indigene aus dem Amazonasgebiet mit einer Fruchtbarkeits-Statue / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Eine Indigene aus dem Amazonasgebiet mit einer Fruchtbarkeits-Statue / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

Der selbst ernannte Verteidiger des Katholischen und seine applaudierenden Sympathisanten seien hinter die Tradition des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) zurückgefallen, so der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück am Wochenende der Presseagentur Kathpress (Sonntag). Durch Intoleranz und Verachtung des anderen beschädigten sie die Wahrheit, die sie eigentlich bezeugen wollten.

"Weite des Katholischen nimmt dadurch Schaden"

Ende Oktober hatte ein Wiener Konvertit, Aktivist und Lebensschützer indigene Holzfiguren aus einer Kirche entfernt und in den Tiber geworfen. Tück wörtlich: "Die Weite des Katholischen wird verengt, ja sie nimmt Schaden, wenn sie nach Art der Makkabäer verteidigt wird und Aussagen der Schrift biblizistisch als Handlungsanweisungen missverstanden werden."

Das Konzil habe die exklusive Auffassung überwunden, in der katholischen Kirche die allein wahre Religion zu sehen und alle anderen religiösen Überzeugungen als falsch zu verwerfen, erläuterte der renommierte Theologe. Seither werde anerkannt, dass Momente des Wahren, Guten und Heiligen auch in nichtchristlichen Religionen und Kulturen zu finden seien.

Unterscheidung zwischen "Anbetung und Verehrung"

Der Katholizismus habe seit jeher ein gelassenes Verhältnis zu Bildern und Statuen unterhalten. Wichtig sei allerdings das Ergebnis des sogenannten Bibelstreits aus dem 8. Jahrhundert, seit dem man zwischen "Anbetung und Verehrung" unterscheide. Demnach könne nur Gott allein angebetet werden; Bilder von Christus, Maria oder Heiligen dürften nur verehrt werden.

Der Eifer, der sich in der Versenkung der Figuren im Tiber entladen habe, sei historisch blind, so Tück. Der Aktivist erkenne nicht, "dass er genau die Tradition fortschreibt, die die Missionsgeschichte der Kirche bis heute belastet", nämlich Verachtung heidnischer Kulturen im Namen der christlichen Wahrheit.

Franziskus kritisierte die Entwendung der Figuren 

Der Aktivist Alexander Tschuguell hatte sich zwei Wochen nach der Aktion in einem Video geoutet und seine Aktion erläutert. Die "Götzenstatuen" im Sakralraum wertete er als einen sichtbaren Verstoß gegen das Erste Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.

Papst Franziskus wandte sich entschieden gegen die Aktion. Unterstützung fand Tschugguell hingegen von den Kardinälen Gerhard Ludwig Müller, Walter Brandmüller und Raymond Leo Burke.


Jan-Heiner Tück, Professor für Dogmatische Theologie an der Universität Wien / © Dieter Mayr (KNA)
Jan-Heiner Tück, Professor für Dogmatische Theologie an der Universität Wien / © Dieter Mayr ( KNA )
Quelle:
KNA