Warum Priester die Messe "ad orientem" feiern

Mit dem Rücken zum Volk?

Im philippinischen Bistum Maasin soll die Messe künftig "mit dem Rücken zum Volk" gefeiert werden. Das sorgt für Diskussion. Dabei gibt es gute Gründe für die Messe "ad orientem", erklärt der frühere Altenberger Dompfarrer Johannes Börsch.

Messfeier mit dem Rücken zur Gemeinde / © Jörg Loeffke (KNA)
Messfeier mit dem Rücken zur Gemeinde / © Jörg Loeffke ( KNA )

DOMRADIO.DE: "Mit dem Rücken zum Volk" wird diese Art Liturgie zu feiern auch häufig genannt. Sie haben bereits vor einigen Jahren im Advents-Pfarrbrief angekündigt, sich beim Beten in der Messe nach Osten umzudrehen. Warum haben Sie damals in Altenberg der Gemeinde den Rücken zugekehrt?

Monsignore Johannes Börsch (ehemaliger Altenberger Dompfarrer): Da muss man ein wenig differenzieren. Wenn ich mit Ihnen direkt sprechen würde, würde ich ja von Angesicht zu Angesicht mit Ihnen sprechen. Man wendet sich immer dem zu, mit dem man spricht. In der Heiligen Messe hat man verschiedene Ansprechpartner. Nehmen Sie zum Beispiel den Wortgottesdienst, die Spendung der heiligen Kommunion - beides ist selbstverständlich zum Volk, zu den Gläubigen hin gerichtet. Aber die Messe insgesamt als Eucharistiefeier wendet sich an Gott, den Vater, durch Jesus Christus.

Und im Altenberger Dom - das ist ja ein Stein gewordener Glaube - ist das fast zwingend notwendig. Ganz im Osten ist dort ein großes Fenster, durch das am Morgen das Licht in die Kirche fällt. Und vor dem Fenster ist ein großes Triumphkreuz, unser Herr Jesus Christus. Wenn ich sage "Allmächtiger ewiger Gott, so bitte ich dich durch Christus, unseren Herrn", kann ich doch dem, den ich anspreche, nicht den Rücken zukehren. Ich bin nicht das Gegenüber der Leute, sondern sozusagen der Vorbeter, der an der Spitze der Gemeinde steht, zum Herrn hin gewandt.

DOMRADIO.DE: Klären wir das einmal ganz kurz: Sie sind nicht zur alten Form der Messe zurückgekehrt, sondern Sie haben die neue Messe "ad orientem" gefeiert.

Börsch: Ja, die neue Messe ist ja auch "ad orientem" gedacht. Im lateinischen Messbuch der neuen Messe gibt es die Rubriken, rot gedruckt - das sind die Anweisungen. Und da steht dann, der Priester - "conversus ad populum" - hat sich zum Volk gedreht und sagt "Der Friede sei mit euch". Das lateinische Messbuch sieht vor, dass die Heilige Messe als Eucharistiefeier und in den Präsidialgebeten, den Gebeten, die der Priester an den Herrn richtet, "ad orientem" gebetet wird.

DOMRADIO.DE: Aber beißt sich das nicht mit der Grundordnung des Römischen Messbuchs, wo die Bestimmung enthalten ist, der Altar soll so beschaffen sein, dass die Feier "dem Volk zugewandt" vollzogen werden kann?

Börsch: Daran erinnere ich mich nicht. Ich weiß nur, dass im Messbuch selbst steht, wenn das Vaterunser gebetet worden ist und der Friedensgruß erfolgt, "conversus ad populum". Woran ich mich erinnere, ist, dass man den Altar umschreiten können muss, etwa mit dem Weihrauch. Das ist schon richtig.

DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen haben Sie denn damals auf Ihre Initiative in der Gemeinde erhalten? Positive und negative?

Börsch: Ich kann mich nicht an eine einzige negative erinnern. Das Ganze habe ich natürlich durch die Predigt begleitet. Vor allem ist das in Gesprächen mit Jugendlichen entstanden, mit den jugendlichen Ministranten, die daran sehr interessiert sind. So wie wir früher als Studenten ein bisschen revolutionär waren, so lassen die auch nicht einfach alles Alte gelten, sondern hinterfragen das. Das wurde also von diesen Ministranten mitgetragen.

Das war dann übrigens nicht in allen Sonntagsmessen. Nur im Hochamt habe ich zunächst mal beim Tagesgebet "versus Deum" gesprochen, und in der Fasten- und Adventszeit das Eucharistische Hochgebet. Ich habe das ganz vorsichtig vermittelt, damit keine Empörung aufkommt. Ich wollte die Leute ja mitnehmen. Ich wollte sie überzeugen, und das ist wunderbar gelungen.

DOMRADIO.DE: Sie sind ja jetzt im Ruhestand und verbringen diesen in einer anderen Gemeinde. Wie halten Sie es da: Feiern Sie dort auch "ad orientem"?

Börsch: Nein, ich halte mich an das, was hier üblich ist. Da habe ich natürlich als alter Hase sozusagen das eine oder andere, was ich liturgisch anders machen würde. Aber hier ist ein Pfarrer und der bestimmt, und ich halte mich an die Regeln, die hier üblich sind.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.


Quelle:
DR
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