Moraltheologe Schallenberg zur Kolumne "Maria 8.0"

Es lohnt sich, wie Maria zu sein

Was hat das Fest Mariä Himmelfahrt mit der katholischen Soziallehre zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel.

Mariä Himmelfahrt (dpa)
Mariä Himmelfahrt / ( dpa )

Dabei ist Maria ein perfektes Vorbild für alle Christen und vielleicht auch für Maria 2.0, meint Moraltheologe Prof. Peter Schallenberg.

DOMRADIO.DE: Maria 2.0 ist die Bewegung von katholischen Frauen, die für mehr Frauenrechte in der Kirche kämpft. Maria 8.0 ist aber keine weitere Stufe dieser Aktion, sondern befassst sich damit, was Mariä Himmelfahrt mit der katholischen Soziallehre zu tun hat. Warum übertiteln Sie Ihre Kolumne in der Tagespost mit "Maria 8.0"?

Prof. Peter Schallenberg (Paderborner Moraltheologe): Das war natürlich etwas augenzwinkernd gemeint. Als ich die Kolumne machte, suchte ich nach einer guten Überschrift und dann fiel mir ein, dass von Maria in letzter Zeit oft im Zusammenhang mit Maria 2.0 die Rede war. Da dachte ich, das könnte man zum Anlass nehmen, um auf diesen achten Tag hinzuweisen, von dem Augustinus spricht. Das war aber nicht als polemischer Angriff auf Maria 2.0 gedacht.

DOMRADIO.DE: Warum ist Ihnen die "Acht" jetzt so wichtig?

Schallenberg: Bei Augustinus spielt die eine ganz große Rolle. Er vertrat die Vorstellung, dass in sieben Tagen die Welt geschaffen wurde. Diese symbolische Zahl wird aber von Gottes Barmherzigkeit und Gottes Güte noch durch die Zahl Acht überboten. Augustinus wollte mit dieser Theorie das zum Ausdruck bringen, was der Mensch aus eigener Kraft nicht schafft, nämlich in Liebe und in Frieden und ohne Aggression zu leben. Der Mensch lebt außerhalb des Paradieses und hat die Zahl Sieben zerbrochen. Das schafft Gott jetzt neu. Deswegen ist der achte Tag der Tag der Auferstehung.

DOMRADIO.DE: Und wo kommt jetzt Mariä Himmelfahrt ins Spiel?

Schallenberg: Maria ist der Mensch, wie Gott ihn gemeint hat, nämlich ohne Erbsünde, ohne die Notwendigkeit an Gottes Liebe zweifeln zu müssen. Denn das heißt ja Erbsünde – der Zweifel von Adam und Eva, der Zweifel eines jeden Menschen, ob Gottes Liebe genügend sei. Deswegen versichert man sich mit Geld, mit Gütern, mit Sexualität und allen möglichen exzessiven Dingen, um aus dieser Angst der Lieblosigkeit herauszukommen.

Maria ist nun exemplarisch der Mensch des achten Tages. Und deswegen ist sie mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen, weil sie nach dem Tode keinerlei Erlösung durch Reinigung und Fegefeuer nötig hatte. Und für uns Christen ist das sehr wichtig: Wir sehen, es ist möglich, im Vertrauen auf Gottes Liebe zu leben, heilig zu werden und in die Ewigkeit Gottes zu gelangen. Es ist also möglich, als Mensch des achten Tages zu leben. Deswegen waren auch die alten Taufkirchen achteckige, um anzudeuten, mit der Taufe sind wir schon mit einem Bein im Himmel.

DOMRADIO.DE: Kommen wir nochmal auf Maria 2.0 zurück. Wie könnten sich diese Frauen mit ihren Forderungen Unterstützung bei Maria holen?

Schallenberg: Durch Geduld, durch Dialog, durch Zuhören. Das gilt natürlich für beide Seiten. Ich bin nicht berufen und kompetent, um den Initiatorinnen und denjenigen, die bei Maria 2.0 mitgemacht haben, gute Ratschläge zu geben.

Aber mir scheint, ganz ernsthaft und ganz wohlwollend gesagt, der Weg der Gottesmutter, wie er uns in den Evangelien vor Augen gestellt ist, der richtige zu sein. Maria war öfters verstört durch das, was geschah, und auch das, was Jesus ihr sagte. Maria bewahrte aber alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Und das ist sicherlich nicht nur ein stilles Nachdenken gewesen, sondern ein gesprächiges mit ihren Familienangehörigen, mit Josef und anderen aus Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis.

Wie Maria versuchen wir der oftmals sehr rätselhaften Spur Gottes in unserem Leben und in der Kirchengeschichte nachzukommen. Das ist mühsam, das ist anstrengend. Aber Maria ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt, über Gottes Pläne und Gottes Gedanken nachzudenken.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

 

Prof. Peter Schallenberg / © Harald Oppitz (KNA)
Prof. Peter Schallenberg / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR