Überlegungen zu Grabstein-Recycling

Lieber Gartenskulptur statt Schotter

Nachhaltigkeit und Recycling auf dem Friedhof? Das wirkt nur auf den ersten Blick abwegig. Die Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V. gibt Tipps zur Umnutzung von nicht mehr benötigten Grabsteinen. 

Grabstein-Recycling - Verbraucherinitiative sieht neue Möglichkeiten / ©  Jens Kalaene (dpa)
Grabstein-Recycling - Verbraucherinitiative sieht neue Möglichkeiten / © Jens Kalaene ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was tun mit Grabsteinen, die man nicht mehr braucht? Diese Frage stellt sich die Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V. Wie funktionieren denn Nachhaltigkeit und Recycling bei Grabsteinen?

Alexander Helbach (Referent für Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V.): Wir haben natürlich ein Material, was nur 20 bis 30 Jahre auf den Friedhöfen steht, aber theoretisch viel länger halten könnte. Es wurde mit viel Aufwand gewonnen und produziert. Und Steinmetze sind Handwerker, die die Fähigkeit haben, diese Steine umzuarbeiten, zu neuen Grabsteinen zu machen oder daraus Skulpturen herzustellen. Da gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten.

DOMRADIO.DE: Wie viele Grabsteine sind das pro Jahr, die abgeräumt werden müssen?

Helbach: Man kann das nur schätzen. Wenn wir von 900.000 Sterbefällen pro Jahr ausgehen und in Betracht ziehen, dass früher mehr Menschen mit Grabstein beerdigt wurden als heute, kann man prognostizieren, dass in diesem Jahr rund 500.000 Grabsteine frei werden, deren 25-jährige Ruhefrist jetzt ausläuft. Das ist eine ganze Menge.

DOMRADIO.DE: Was passiert denn normalerweise mit Grabsteinen, die abgeräumt werden?

Helbach: Bisher landen die meisten dann im Straßenbau. Das heißt, sie werden geschreddert und zu Schotter verarbeitet und dann in der Form weiterverwendet. Ganz selten kommt es auch mal vor, dass Steine zum Üben genommen werden, beispielsweise für Lehrlinge. Aber eigentlich werden sie unter Wert verwendet. Dieses hochwertige Material wird dann einfach zu Schotter.

DOMRADIO.DE: Und wie ist nun Ihre Idee des Recyclings?

Helbach: Das ist ja nicht nur unsere Idee. Es gibt einige Steinmetze, die das schon umsetzen, die sehr auf Nachhaltigkeit setzen. Sie sagen: Warum soll man immer neu produzieren, neue Steine in den Steinbrüchen abbauen? Warum nicht diese Steine nutzen? Es gibt dafür viele Optionen und der Kreativität ist kaum eine Grenze gesetzt.

DOMRADIO.DE: Wenn also beispielsweise das Grab der Ur-Oma abläuft und man es nicht verlängern lassen möchte, kann man dann schonmal den eigenen Namen in den Stein meißeln lassen?

Helbach: Ja, das könnte man machen. Es wäre aber einfacher, wenn das Grab ausläuft, erstmal nichts mehr hineinmeißeln zu lassen. Stattdessen könnte man den Stein vom Steinmetz abbauen lassen und dann mit ihm zusammen überlegen, wie man den Stein später weiter nutzen will. Nutzt man ihn mit dem eigenen Namen darauf oder lässt man ihn ganz umarbeiten? Eine weitere Idee wäre, den Stein erstmal als Skulptur in den Garten zu stellen und dann später gegebenenfalls für den eigenen Todesfall zu verwenden. Das alles sind Möglichkeiten, die man durchsprechen kann.

DOMRADIO.DE: Könnte man auch überlegen, den Stein von der Ur-Oma irgendjemandem zu veräußern, der diesen Recycling-Gedanken mag?

Helbach: Klar kann man das. Es gibt bisher noch keinen Markt dafür, aber es gibt einige Steinmetze, die sich damit auskennen, die man ansprechen könnte. Ich glaube, dass es noch nicht so weit ist, dass man Grabsteine irgendwo anbieten kann und sich andere Privatleute melden. Aber über Steinmetze den Kontakt herzustellen, wäre auf jeden Fall eine Option.

DOMRADIO.DE: Wissen Sie, ob das schon viele Leute machen oder ob das wirklich ein ganz neuer Trend ist, den man jetzt auch etwas bewerben will?

Helbach: Das Ganze ist leider noch sehr, sehr wenig verbreitet. Aber gerade in den letzten Jahren wird auch in anderen Branchen immer mehr über Nachhaltigkeit, über ökologisch einwandfreie Produktion gesprochen. Da drängt sich natürlich der Gedanke auf: Wollen wir wirklich jedes Mal neue Steine produzieren, die theoretisch ja ewig halten oder ist es nicht interessant, diese Materialien wieder zu verwenden? In der Branche selber hört man, dass es noch wenige Steinmetze anbieten. Aber es gibt eine Reihe von ihnen, die besonders kreativ und engagiert sind. Die sind gerne bereit, das zu machen.

DOMRADIO.DE: Datenschutz ist ja ein großes Thema und auf Grabsteinen stehen auch Daten. Was ist denn dann damit?

Helbach: Das spielt in dem Fall keine Rolle, weil die Daten dieser Verstorbenen auf den Grabstein nicht mehr den gleichen Schutz haben wie die Daten von lebenden Menschen. Abgesehen davon ist es auch so, dass die Daten natürlich entfernt werden. Das heißt, wenn die Buchstaben angeschraubt sind, werden sie abgeschraubt. Wenn sie eingemeißelt sind, werden sie abgeschliffen. Darüber braucht man sich überhaupt keine Sorgen zu machen, das spielt gar keine Rolle.

DOMRADIO.DE: Ist das Grabstein-Recycling für die Person auch finanziell lohnend? Kann man damit Geld sparen? Das ist ja auch oft ein Thema, wenn es um Bestattungen geht.

Helbach: Das wohl leider eher nicht. Zwar spart man natürlich das neue Material, was auch recht teuer ist. Für den Steinmetz aber fallen weitaus mehr Arbeitsstunden an. Man muss das mit dem Steinmetz durchsprechen. Es kann eben sein, dass der Vorteil des vorhandenen Materials durch den Nachteil der Mehrarbeit aufgewogen wird. Aber zumindest sollte ein solcher Grabstein eigentlich nicht viel teurer sein als ein Grabstein, der neu ist. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR