Glauben und beten im Internet

Ein Mausklick für ein Halleluja

Die Menschen heutzutage anzusprechen, fällt der Kirche immer schwerer; Gottesdienste werden immer leerer. Derweil organisieren sich gläubige Menschen in der digitalen Welt auch selbst - etwa um füreinander zu beten.

Autor/in:
Nadine Vogelsberg
 (DR)

Sarah hat eben gebetet. Sie ist die 2.647.342. Beterin, und vielleicht heißt sie auch gar nicht Sarah. Das tut aber nichts zur Sache. Sarah hat sich auf der Website "amen.de" angemeldet und dort für einen ihr völlig unbekannten Menschen in Not gebetet. Denn so funktioniert die Homepage: anmelden - wenn man möchte völlig anonym - und auswählen, wie viele Gebete man zugeschickt bekommen will: Mehrere täglich, eines pro Woche oder irgendetwas dazwischen.

Auf der anderen Seite gibt es Nutzer, die sich Elisabeth nennen, Ballast oder Hope (engl. "Hoffnung"). Sie haben sich ebenfalls auf der Website angemeldet oder über das Formular nur ein Anliegen vorgebracht: Betet für mich! Auf amen.de können sich Menschen, die selbst nicht die richtigen Worte zum Gebet finden, ihr Umfeld nicht auf ihre Probleme ansprechen können oder schlicht Unterstützung brauchen, anonym an eine Gemeinschaft von rund 4.400 Betenden wenden.

Persönliche Anliegen

Diese tragen das Anliegen dann stellvertretend vor Gott. Meist geht es um Beziehungen, Krankheit, Trauer, Jobsuche oder Prüfungen. Viele stehen selbst vor Herausforderungen, andere bitten für einen nahestehenden Menschen.

Nur persönlich sollten die Anliegen sein: Es geht amen.de nicht um den Weltfrieden, sondern all die "kleinen, wichtigen, persönlichen Anliegen", erklärt Gründer Daniel Wildraut, der bereits seit Jahren auch das ursprünglich evangelische Portal jesus.de betreibt. Um die 200 Gebete pro Anliegen kommen da zusammen. Zusätzlich können die Betenden auch eine Ermutigung schreiben, einen kleinen Segensspruch oder einen Bibelvers. Ratschläge sollen dagegen bewusst nicht gegeben werden.

Die Redaktion käme nicht hinterher, all diese Hinweise auf Seriosität zu überprüfen. Diese kleinen Ermutigungen sind die einzige private Kontaktaufnahme, die möglich ist. Es gibt kein Forum, keine Adresslisten - alles bleibt anonym. Die Beter haben aber trotzdem die Chance zu erfahren, wie es für die Menschen weitergeht: Manchmal schreiben sie Updates, bedanken sich für die Gebete, dafür, dass es ihnen nun besser geht - oder bitten weiterhin um Beistand, weil es eben noch nicht geklappt hat.

Wachsende Community

Im April 2013 ging die Website online, erzählt Wildraut. Seit Gründung wächst die Community: Alleine in einer Woche kommen 14.000 Gebete, 300 Anliegen, 560 Ermutigungen hinzu. Dabei wird die Seite von Katholiken wie Protestanten genutzt - manchmal erkennt man das, wenn die Katholiken sich an Maria wenden oder von der Eucharistie sprechen, während die Protestanten über das Abendmahl reden.

Ansonsten wissen die Betreiber der Seite eigentlich nichts über ihre Nutzer - Gott wisse schon, wer da für wen bete, und das genüge vollkommen.

Amen.de ist längst nicht das einzige Portal für Gläubige im Internet.

Während sich die Kirchenbänke leeren, nehmen die Zahlen der online-Klicks zu. Da gibt es Seiten wie das irische Portal sacredspace.ie, das tägliche Online-Gebete in vielen Sprachen zur Verfügung stellt, oder die Möglichkeit, bei gratefulness.org eine Kerze online zu entzünden - private Initiativen, die sich an Menschen aller Religionszugehörigkeiten richten.

Christlich informiert unter DOMRADIO.DE

Eine reale Kerze kann man online allerdings auch anzünden - beispielsweise in Lourdes. Der Pilgerdienst stellt online bestellte Kerzen gegen eine Spende vor der Grotte auf. Und auch über Amazons Alexa lässt sich bereits beten oder zumindest christlich informiert bleiben - katholische Portale wie DOMRADIO.DE und katholisch.de verfügen über entsprechende technische Möglichkeiten, mit denen die Nutzer ihr Programm verfolgen können.

Und unter @Pontifex_de kann man bei Twitter auch die Tweets von Papst Franziskus lesen. Diese Angebote stellen dabei nur eine Auswahl dar - hauptsächlich allerdings von privaten Initiativen.

Genauso ist es möglich, online für verschiedene Zwecke zu spenden. Hilfsorganisationen bieten das an, aber auch Bistümer oder Stiftungen. Ihre Projekte lassen sich über ein Spendenportal einsehen und eine selbst bestimmte Summe durch ein Lastschriftverfahren spenden. Jede Menge los also, im Internet.

Und in den Kirchen? Da sieht es oft leerer aus. Sind die online-Angebote also ein Ersatz-Angebot? Zumindest sind sie nicht als solches ausgelegt. Vielmehr sollen sie eine zusätzliche Möglichkeit bieten, sich an Gott zu wenden - und wer darüber auch wieder den Weg in eine Kirchenbank findet: umso besser. Platz genug wäre dort ja.


Quelle:
KNA