KZ-Opfer Engelmar Unzeitig wird seliggesprochen

Der Engel mit Nummer 26.147

Mithäftlinge nannten ihn den "Engel von Dachau". Pater Engelmar Unzeitig meldete sich freiwillig zur Pflege der Typhus-Kranken im KZ Dachau, steckte sich selber dabei an und starb schließlich. Nun wird der Missionar seliggesprochen.

Autor/in:
Christian Wölfel
Pater Engelmar Unzeitig (KNA)
Pater Engelmar Unzeitig / ( KNA )

"Er war ein Heiliger! Kein Zweifel. Ich nehme dieses Wort nicht schnell in den Mund", sagte der Jesuitenpater Clemente Pereira. Und Prälat Hermann Scheipers sprach vom "deutschen Maximilian Kolbe". Gemeint ist Pater Engelmar Unzeitig, der wie die beiden Priester im Konzentrationslager Dachau eingesperrt war.

Pereira und Scheipers überlebten, Unzeitig starb am 2. März 1945, einen Tag nach seinem 34. Geburtstag, an Typhus, nachdem er sich freiwillig zur Pflege der Kranken gemeldet hatte. Nun, über 70 Jahre später, wird er am 24. September in Würzburg als Märtyrer seliggesprochen - als erster Marianhiller Missionar.

Inhaftiert wegen "Verteidigung der Juden"

26.147 - unter dieser Häftlingsnummer war Unzeitig am 3. Juni 1941 in Dachau eingeliefert worden. Sechs Wochen saß er zuvor schon in Linz in Haft, wegen "heimtückischer Äußerungen" bei Predigten und im Religionsunterricht sowie "Verteidigung der Juden". Unzeitig, der als Seelsorger in Glöckelberg im Böhmerwald eingesetzt war, war da gerade 30 Jahre alt. Er hatte deutlich Position gegen die NS-Politik bezogen.

Hubert Unzeitig, wie er mit seinem Taufnamen hieß, war ein sogenannter Spätberufener, hatte nach der Volksschule im elterlichen Hof geholfen. Der Vater war zuvor im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft an Typhus gestorben. Doch Unzeitig wollte Missionar werden, holte das Abitur nach und studierte anschließend in Würzburg Philosophie und Theologie. 1939 wurde er zum Priester geweiht, aber der Beginn des Zweiten Weltkriegs sorgte dafür, dass er keine Papiere mehr bekam, um in die Mission zu gehen. Er wurde Gemeindeseelsorger.

Mit Typhus bei der Krankenpflege angesteckt

Im Konzentrationslager schließlich wurde der "Engel von Dachau", wie ihn Mithäftlinge in Anlehnung an seinen Ordensnamen Engelmar nannten, doch noch zum Missionar. Während der Arbeit auf den Feldern, den sogenannten Plantagen, knüpfte er Kontakt zu russischen Zwangsarbeitern, lernte deren Sprache, bewahrte sie vor dem Verhungern, indem er mit ihnen seine Essensration teilte, wie der mitinhaftierte Priester Scheipers immer wieder berichtete. Von Unzeitig selbst sind die Briefe, die er unter Zensur aus dem KZ schrieb, die wenigen Zeugnisse seines Denkens.

"Liebe verdoppelt die Kräfte, sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh", heißt es im letzten Schreiben von 1945. Diese Liebe verbunden mit dem Bedürfnis, Sterbenden als Priester beizustehen, war auch der Grund für die todbringende Entscheidung Unzeitigs, sich freiwillig zur Pflege der Typhuskranken zu melden. Dabei steckte er sich selbst an, spendete jedoch bis zuletzt die Krankensalbung, und starb schließlich.

Leichnam heimlich gesondert verbrannt

Ein anderer inhaftierter Priester bestach einen Häftling, der im Krematorium arbeitete, so dass der Leichnam des Paters einzeln verbrannt wurde. Die Asche samt Knochenresten wurde aus dem Lager herausgeschmuggelt und am Karfreitag 1945 im Grab der Marianhiller in Würzburg beigesetzt. 1968 kam die Urne in die Kirche des Ordens, vor der seit 2011 ein "Stolperstein" an Unzeitig erinnert. Nach der Seligsprechung soll die Urne in den Volksaltar der Würzburger Herz-Jesu-Kirche eingesetzt werden.

Die Seitenkapelle, in der die Urne bisher liegt, ist schon jetzt für viele Menschen ein besonderer Ort, wie der Provinzial der Mariannhiller, Michael Maß, erzählt. Immer wieder würden Opferkerzen brennen. Und im Fürbittbuch wendeten sich Gläubige direkt an den Pater. Der Prozess der Seligsprechung lief schon seit 1991, zunächst als Bekenner-Verfahren, bei dem ein Wunder nötig ist. Später dann wurde um die Anerkennung als Märtyrer gebeten. Anfang des Jahres erkannte Papst Franziskus Unzeitig als solchen an.

Der erste Selige des Ordens sei für die Mitbrüder eine Verpflichtung, betont Provinzial Maß. Er sei ein gutes Beispiel, wie man als gläubiger Mensch auf Hass reagieren sollte. "Nicht mit Gegenhass, sondern mit der Liebe", sagt Maß. Unzeitig sei an den unmenschlichen Bedingungen in Dachau nicht verzweifelt, sondern habe seinen starken Glauben in die Tat umgesetzt.


Quelle:
KNA