Wie wir trotz unsicheren Zeiten auf Gott vertrauen können

Die Angst ins Gebet nehmen

Anschläge, Amokläufe, Selbstmordattentate - die jüngsten Wochen lassen viele Menschen ratlos und in diffuser Angst zurück. "Fürchte Dich nicht" - diese starke Botschaft setzt die Bibel dem an vielen Stellen entgegen.

Autor/in:
Elke Deimel
Ein Gebet gegen die Angst / © Jörg Loeffke (KNA)
Ein Gebet gegen die Angst / © Jörg Loeffke ( KNA )

Die jüngsten Terroranschläge in Deutschland haben viele Menschen verunsichert. Vor allem durch die allgegenwärtige mediale Präsenz steigt diese Unsicherheit, Terrorangst geht um. Eine aktuelle Studie der R+V-Versicherung macht deutlich: 73 Prozent der Deutschen haben Angst, Opfer eines Anschlags zu werden. Dabei ist es, statistisch gesehen, weitaus gefährlicher, mit dem Fahrrad oder dem Auto zu fahren und dabei umzukommen.

Angst als Lebensbegleiter

Eines jedoch ist sicher: Die Angst gehört unvermeidlich zu unserem Leben und begleitet uns in immer neuen Abwandlungen von der Geburt bis zum Tod. Aber vieles, das uns ängstigt, ist irrational. So beginnt ein starker emotionaler Prozess, der massive Auswirkungen haben kann.

Welche Möglichkeiten haben wir, mit der aktuellen Terrorangst so umzugehen, damit sie uns nicht belastet oder handlungsunfähig macht?

Sicher sollen wir uns nicht gegen alle Informationen über die Ereignisse abschotten. Wir brauchen einen sinnvollen Einsatz der uns zur Verfügung stehenden Medien. Aber das, was wir erfahren, muss ja auch verarbeitet werden. Wie lassen wir uns auf die so widersprüchliche Informationsflut ein? Es ist wichtig für uns herauszufinden, wie viel wir persönlich aufnehmen und verkraften können.

Informationsfasten

Hier schlägt Wolfgang Sauer, geistlicher Direktor des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses in München, das Informationsfasten vor: wenn Nachrichten zu schlimm und grausam werden, einfach abschalten. Wer in einer solchen Situation das Gespräch mit vertrauten Menschen sucht, der tut sich selbst etwas Gutes. Hilfreich kann auch ein Spaziergang sein, ein gutes Buch, der Besuch eines Konzerts oder das Hören der Lieblingsmusik. Damit trainieren wir die eigene Sensibilität und gewinnen eine positive und dauerhafte Perspektive, um das seelische Gleichgewicht wiederzufinden und zu stabilisieren.

Das christliche Menschenbild bietet noch weitere hilfreiche Aspekte, wie wir die vielfältigen Reaktionen auf die Terroranschläge einordnen können, ohne uns von Hass und Wut anstecken zu lassen. Gott hat jeden Menschen gut geschaffen. Er hat jedem Menschen die Freiheit gegeben, gut oder böse zu handeln. Die Frage: "Wie kann Gott das zulassen?" fällt im Grunde auf den Menschen zurück, der in seinem Tun frei ist.

Dennoch dürfen und sollen wir mit unserem Nichtverstehen sinnloser und brutaler Gewalt auch zu Gott kommen, vor ihm klagen, mit ihm hadern und ringen, damit unsere aufgewühlte Seele wenigstens ein Entlastungsventil hat. Die Psalmen der Bibel zeigen uns die ganze Bandbreite menschlicher Reaktionen, die wir mitbeten können.

Stilles Nachsinnen im Gebet

Vielleicht gelingt es uns beim stillen Nachsinnen über das Schreckliche, die Opfer und die Täter ins Gebet zu nehmen. So hat sich auch Jesus nach dem Zeugnis der Bibel verhalten. Als er von der Verhaftung und Hinrichtung Johannes des Täufers erfährt, zieht er sich zurück. "Als Jesus das hörte, zog er sich mit einem Boot an einen einsamen Ort zurück, um allein zu sein." (Mt 14,13) Auch er brauchte zunächst die Distanz vom grausamen Geschehen der Enthauptung des Vorläufers. Einige Stunden später ist er wieder da für die Menschen, die ihn suchen und brauchen.

So kann nur jemand reagieren, der die eigene Angst vor Gott trägt, weil er sich in Gottes guten Händen beheimatet fühlt. Diese Geborgenheit will uns auch das so häufig in der Bibel gesprochene Wort "Fürchte dich nicht" täglich zusagen. Wer aus dieser Zuversicht lebt, der wird fähig zur Dankbarkeit. Wir könnten es uns angewöhnen, am Abend den vergangenen Tag noch einmal durchzugehen und darauf zu achten, was sich an Positivem ereignet hat. Wir werden dann überrascht sein, wie wir täglich Dinge entdecken, die unser Selbst- und Gottvertrauen stärken und uns helfen, negative Erfahrungen, in denen wir alles schwarz zu sehen geneigt sind, abzulegen.

Alles - unsere Freuden und Ängste - hat in diesem Gebet der liebenden Aufmerksamkeit Platz. Gegen alle Verunsicherung in der Zeit des Naziterrors hat Dietrich Bonhoeffer 1937 ein starkes Wort der Hoffnung geschrieben: "Wer das Morgen ganz in die Hand Gottes legt und heute ganz empfängt, was er zum Leben braucht, der allein ist wahrhaft gesichert." Vielleicht kann dieses Wort auch uns helfen, gelassener mit unserer Angst umzugehen.


Quelle:
KNA