Bischöfe zeigen klare Kante gegen Rechtspopulismus

Im Flüchtling Christus erkennen

Hetze gegen Flüchtlinge und rechte Parolen - Deutschlands Bischöfe sind besorgt. Sie wollen Flüchtlingen helfen und positionieren sich klar gegen AfD und Pegida. Der Preis: Anfeindungen aus dem rechten Spektrum.

"Mitmenschlich in Thüringen": Demo in Erfurt im November / © Sebastian Kahnert (dpa)
"Mitmenschlich in Thüringen": Demo in Erfurt im November / © Sebastian Kahnert ( dpa )

Wenn die AfD in Erfurt zur Kundgebung bittet, lässt Bischof Ulrich Neymeyr das Licht am Dom ausschalten. Bambergs Erzbischof Ludwig Schick findet, Christen sollten nicht bei Pegida mitmachen, weil Ziele und Parolen der fremden- und islamfeindlichen Organisation nichts mit christlicher Nächstenliebe zu tun hätten. Und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, stellt klar: Wer bei Demos von Pegida und AfD mitlaufe, müsse wissen, dass er den dort geäußerten rechtsradikalen Hetzparolen Legitimation verleihe. Hetze und Rechtsextremismus dürften Christen nicht dulden.

Ob katholisch oder evangelisch - die Kirchen zeigen klare Kante gegen die neue Rechte. Fast jeder Verantwortungsträger distanziert sich von der AfD oder von Pegida. Ein weiteres deutliches Zeichen: Ende Mai beim Katholikentag in Leipzig sollen AfD-Politiker nicht zu Wort kommen. Aber können die Kirchen den Dialog verweigern, wenn sich die AfD laut Umfragen anschickt, im März in drei weitere Länderparlamente einzuziehen?

Tiefe Gräben zwischen AfD und Kirchen

Umgekehrt geht die rechtspopulistische Partei alles andere als zimperlich mit den Kirchen um. Den verdunkelten Dom in Erfurt nutzte der thüringische AfD-Chef und rechte Lautsprecher Björn Höcke für Polemik gegen den Erfurter Bischof und die Kirche. Und in einem Interview warf AfD-Chefin Frauke Petry den katholischen Bischöfen vor, sich zu wenig um verfolgte Christen im Mittleren Osten zu kümmern.

Die Gräben sind tief. Offenkundig zu tief für einen Dialog. Dabei ist es ja nicht so, dass in der Bundesrepublik immer Konsens geherrscht hätte zwischen Politik und Kirchen: Abtreibungsparagrafen, Kruzifixe in Schulen, Sterbehilfe, Embryonenschutz, auch die Asylgesetze waren heiße Eisen - aber nach hitzigen Debatten hat man sich stets wieder zusammengerauft.

Neue Dimension des Hasses

Was ist jetzt anders? Rechtspopulisten, die gegen Flüchtlinge hetzen, ausländerfeindliche Parolen brüllen und Flüchtlingsunterkünfte angreifen, sind eine neue Dimension. Und verstören gerade in Deutschland. So warnte Berlins Erzbischof Heiner Koch schon davor, ähnliche Fehler wie zur Frühzeit des Nationalsozialismus zu machen. "Ich denke, auf manche Entwicklungen im "Dritten Reich", als sie noch abwendbar waren, hat man zu spät beziehungsweise nicht eindeutig genug reagiert. Das darf nicht wieder passieren", mahnte er in einem Interview.

Der katholische Würdenträger weiß, wovon er redet, schließlich war er bis 2015 Bischof in Dresden. Er und sein evangelischer Kollege hätten dort anfangs noch den Dialog mit Pegida-Anhängern gesucht, schilderte er. Aber dann habe sich die Stimmung verschärft: "Kommunikation im Sinne von Verständnis war nicht mehr möglich."

Dass über die AfD geredet wird anstatt darüber, dass Menschen im Mittelmeer "ersaufen", hält der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, für eine völlig falsche Prioritätensetzung. Zudem erschreckt ihn das Ausmaß der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland: "Wir erleben Hetze gegen Fremde, bis in bürgerliche Kreise hinein. Der Firnis der Zivilisation ist offenbar doch nicht so dick wie immer gedacht."

Woelki: Im Flüchtling Christus erkennen

In Köln wurde schon Anfang des vorigen Jahres die Beleuchtung des Kölner Domes abgeschaltet, als der Pegida-Ableger "Kögida" zur Demonstration aufgerufen hatte. Für diese Entscheidung musste der damalige Dompropst Norbert Feldhoff massive Anfeindungen aus dem rechten Lager über sich ergehen lassen. Das gilt auch für den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, der die Aktion damals unterstützte und nicht müde wird, auf die Unvereinbarkeit von Fremdenfeindlichkeit und Christentum hinzuweisen: "Was es wirklich braucht, ist ein menschliches Gesicht, das menschliche Miteinander. Wir müssen im Flüchtling Christus erkennen lernen. Das Recht auf Asyl ist in der Heiligen Schrift grundgelegt. Da müssen Christen vorangehen."

Woelki kritisiert auch den Gebrauch der Parole der friedlichen Revolution von 1989 "Wir sind das Volk" durch Pegida-Demonstranten. "Sie vergessen dabei, dass Gottes Licht jeden Menschen - ganz gleich welcher Hautfarbe, gleich welchen Geschlechtes oder welcher religiösen Überzeugung -, dass Gottes Licht wirklich jeden Menschen erleuchtet", sagte Woelki in einer Predigt. Im Gedenken an die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge ließ er im vorigen Jahr im gesamten Erzbistum 23.000 Glockenschläge ertönen.

Zahllose Hasskommentare

Welche Reaktionen solche kritischen Mahnungen hervorrufen, hat auch Erzbischof Schick in Bamberg erlebt. Nach seinen deutlichen Worten Ende 2014 erreichte eine Flut von Post das Bamberger Ordinariat: "In meinem Büro und in meiner Pressestelle sind damals Hunderte wütende Mails eingegangen. Auch auf Facebook gab es zahllose Kommentare mit zum Teil sehr beleidigendem Inhalt."

Zu seinen Worten steht er nach wie vor: "Christliches Abendland ist nicht dort, wo Menschen wegen ihrer Rasse, Herkunft oder Religion ausgegrenzt werden. Wir Christen sind dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter verpflichtet. Diese Einstellung kann ich bei Pegida nicht feststellen."

 


Quelle:
dpa , DR