Caritas Salzburg zur Situation der Flüchtlinge

"Das europäische politische System versagt"

Jeden Tag überqueren tausende Flüchtlinge die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. Die Salzburger Caritas weist Kritik zurück, man leite die Menschen nur weiter. Die Menschen ließen sich nur schwer von ihrem Ziel Deutschland abbringen.

Die Caritas in Salzburg versorgt ankommende Flüchtlinge / © Andreas Gebert (dpa)
Die Caritas in Salzburg versorgt ankommende Flüchtlinge / © Andreas Gebert ( dpa )

domradio.de: Die Caritas koordiniert ja in Österreich die Flüchtlingshilfe. Was können Sie in Salzburg denn für die Menschen im Moment tun, wie sieht ihre Arbeit aus?

Johannes Dines (Caritas-Direktor Salzburg): Wir koordinieren einen Teil der Flüchtlingsarbeit. Vieles wird ja auch vom Roten Kreuz und anderen NGOs gemacht. Zur Zeit geht es uns in Salzburg so, dass wir versuchen, die durchreisenden Flüchtlinge mit dem Nötigsten zu versorgen. Das heißt mit Kleidung - es wird jetzt kalt - und anderen Dingen, damit sie wenigstens sicher weiterreisen können.

domradio.de: Sie sagen es schon, die Kälte wird in den nächsten Wochen natürlich noch ein ernstes Problem werden. Sind Sie denn darauf vorbereitet?

Dines: Es ist nicht ganz so einfach, gerade in Salzburg. Es hat jetzt einige Anstrengungen seitens Stadt und Land gegeben, Quartiere zu schaffen, die winterfest sind. Wir sind sehr spät dran in den Anstrengungen. Vieles hätte auch schon früher geschehen können, aber wir merken eben alle, dass die Anforderungen an uns sehr hoch sind und deswegen natürlich alles nicht ganz so klappt, wie man es sich dann manchmal wünscht.

domradio.de: Hier in Deutschland spielen die freiwilligen Helfer eine große Rolle. Wie ist das bei Ihnen in Österreich?

Dines: Ohne die freiwilligen Helfer ginge es überhaupt nicht. Wir haben täglich um die 40 bis 50 Personen, allein am Bahnhof und in einer großen Halle in der Nähe der Grenze, wo Kleidung ausgeteilt wird. Man könnte sich das weder leisten noch wäre das aufrecht zu erhalten ohne diesen großartigen Einsatz der Zivilgesellschaft.

domradio.de: Was genau bekommen Sie denn von den Flüchtlingen mit. Ist es wirklich so, wollen all diese Menschen weiter nach Deutschland? Ist das Ihr Ziel?

Dines: Wir merken ganz besonders hier in Salzburg an der deutschen Grenze, dass die Menschen ihr Bild haben, nach Deutschland zu wollen. Oft kommt ja die Kritik, man gebe die Leute nur einfach an Deutschland weiter. Aber das ist fast gar nicht zu steuern. Wir sind hier in Salzburg so knapp vor ihrem Ziel und wollen unbedingt nach Deutschland. Und deshalb ist das manchmal auch relativ mühsam, sie irgendwo anders unterzubringen. Denn sie sehen Deutschland als ihr einziges Ziel und machen sich zum Teil auch selbst auf den Weg, um an die Grenze zu kommen. Es sind ja vom Bahnhof nur noch sechs Kilometer, dann ist man an der Freilassinger Grenze. 

domradio.de: Diese Vorwürfe hört man im Moment immer wieder. Die Koordination sei mangelhaft, heißt es da zum Beispiel. Fühlen Sie sich als Caritas in ihrer Arbeit da auch manchmal kritisiert oder missverstanden?

Dines: Nein, das was hier abläuft, ist ein politisches Spiel. Im Grunde ist es so, dass wir alle wissen, wie viele Menschen in Griechenland ankommen. Und alle wollen weiter nach Deutschland, Skandinavien, Holland oder wo auch immer. Es bleiben ja auch relativ viele in Österreich, gemessen an der Bevölkerungszahl. Aber das weiß man alles, und dann bräuchte es auch eine Strategie, diese Menschen an ihr Zielland zu bringen. Immerhin sind wir Europa. Wir brüsten uns immer, wie wichtig Menschenrechte sind und dass wir Menschen Asyl geben. Und hier versagt aus meiner Sicht schon das europäische politische System aber auch die globale Politik. Denn die Wurzel des Übels, dass Menschen flüchten müssen, liegt im Mittleren und Nahen Osten. Dort hat die Staatengemeinschaft schon lange versagt. 


Quelle:
DR