Unterfränkische Pfarrei baut Flüchtlingsunterkunft

Keine Angst vor Widerständen

Eine Pfarrei packt an: Im unterfränkischen Goldbach baut eine katholische Kirchengemeinde eine Unterkunft für Flüchtlingsfamilien. Dabei lassen sich die Christen auch von Widerständen nicht aufhalten.

Autor/in:
Christian Wölfel
Katholische Gemeinde baut Flüchtlingsunterkunft / © Gerd Vieler (KNA)
Katholische Gemeinde baut Flüchtlingsunterkunft / © Gerd Vieler ( KNA )

"Wir machen Nägel mit Köpfen." Kurt Fleckenstein ist kaum zu bremsen, wenn man sich mit ihm über das Projekt der katholischen Pfarrei Sankt Maria Immaculata im unterfränkischen Goldbach unterhält. Vielleicht liegt es daran, dass der Kirchenpfleger früher auch mal Bürgermeister in der Gemeinde bei Aschaffenburg war. Fleckenstein lässt keine Zweifel aufkommen, dass die Kirchenverwaltung das Richtige beschlossen hat: den Bau einer Unterkunft für Asylbewerber auf einem eigenen Grundstück. Am Freitagabend erfuhren es die Gemeinderäte.

Räume für Familien

Im Frühjahr will die Pfarrei mit dem Bau im Ortsteil Kugelberg beginnen. Das Grundstück war ursprünglich für ein neues Gotteshaus reserviert. Jetzt soll dort ein Massivbau entstehen. Die Räume werden dabei so zugeschnitten, dass dort Familien untergebracht werden können, insgesamt 36 Plätze. Dann leben etwa 130 Asylbewerber in der Gemeinde mit 9.700 Einwohnern. 1,25 Millionen Euro veranschlagt die Kirchenverwaltung für das Vorhaben. Sind die Flüchtlinge eines Tages wieder ausgezogen, soll das Haus Sozialwohnungen beherbergen.

Das Projekt ist ehrgeizig, wie Kirchenpfleger Fleckenstein einräumt. "Es macht aber richtiggehend Spaß, so etwas auf die Beine zu stellen." Dabei ist die Vorgeschichte nicht so einfach. Bereits im vergangenen Jahr gab es Planungen, auf einem Teil des 3.000 Quadratmeter großen Grundstücks zunächst Container für Flüchtlinge aufzustellen, wie Pfarrer Alfred Bauer erklärt. Danach war ein Festbau im Gespräch. Dafür wollte der Staat die Fläche für zehn Jahre anmieten.

"Zeichen der Zeit"

Die finanziellen Verhandlungen gestalteten sich jedoch schwierig, wie der Kirchenpfleger berichtet. Und auch in den Leserbriefspalten wurde der Kirche vorgehalten, sie müsse hier doch nicht aufs Geld schauen, schließlich sei sie ja karitativ. Da kam die Idee des Eigenbaus, um so den Wert des Grundstücks für die Kirche zu erhalten. Ein längerer Prozess sei diese Entscheidungsfindung gewesen, so der Pfarrer. "Woanders reißen sie Kirchen ab, wir versuchen es mal anders." Von einem "Zeichen der Zeit" spricht Bauer noch.

Ein Architekt war schnell gefunden, der Plan ebenso fix gemacht. Ein Kommunaldarlehen über die politische Gemeinde soll mit einer Million Euro den Großteil der Finanzierung abdecken, wie Fleckenstein erklärt. Außerdem setzt er noch auf Unterstützung durch die Diözese oder öffentliche Förderung. Geklärt sei hier aber noch nichts. Doch der ehemalige Bürgermeister macht Druck, schreibt an Parteifreunde, darunter auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Denn: "Für Gemeinschaftsunterkünfte gibt es nichts, für sozialen Wohnungsbau aber schon."

Widerstand unter den Anwohnern

Doch damit ist es nicht getan. Schon im Dezember, als Pläne für eine Flüchtlingsunterkunft publik wurden, regte sich Widerstand unter den Anwohnern. Damals war noch von 60 Plätzen die Rede. Aber auch mit der fast halbierten Größe kann Fleckenstein weitere Proteste nicht ausschließen. In Briefen und mit einer Infoveranstaltung möchte die Pfarrei nun für das Vorhaben werben. "Wir sollten den Mut aufbringen, dafür einzustehen, dass wir helfen wollen, auch wenn es Widerstände gibt", sagt der Kirchenpfleger.

Hoffnung macht dem ehemaligen Bürgermeister, dass die ersten Reaktionen positiv ausgefallen sind. Außerdem habe die eindeutige Haltung der Goldbacher bei einem Zwischenfall in dem Ort gezeigt, dass es keinen Platz für rechte Thesen in der Gemeinde gebe, auch wenn immer wieder NPD-Flugblätter auftauchten. Bei einer Asyl-Diskussion mit Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hatten angereiste Rechtsextreme vergangene Woche gepöbelt und geschlagen, waren aber von Besuchern der Diskussion aus dem Raum komplimentiert worden.

Ehrenamtliche fördern Integration

Die gute Grundstimmung liege auch an einem sehr aktiven Helferkreis, erzählt Fleckenstein. 65 Ehrenamtliche täten alles für die Integration der bereits in Goldbach lebenden Asylbewerber. Sie gäben nicht nur Deutschunterricht, sondern öffneten auch ihre Vereine. Fünf Nigerianer, so berichtet der Kirchenpfleger, seien inzwischen Mitglieder beim Männerchor "Liederkranz". Sogar die passenden Anzüge wurden besorgt. "Jetzt stehen sie proper in der Mannschaft mit dabei."


Quelle:
KNA