Röttgen fordert christlich ausgerichtete Migrationspolitik

"Hoffnung auf ein besseres Leben"

CDU-Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen ruft seine Partei auf, sich in der Migrationspolitik stärker am christlichen Menschenbild zu orientieren. Zugleich warnt der Politiker vor einem Zerfall der Europäischen Union.

Flüchtlinge / © Procyk Radek (shutterstock)

"Migration ist eine Erscheinung unserer Zeit", sagte Röttgen dem "Spiegel" (Freitag). "Wenn in Afghanistan verzweifelte, vor den Taliban fliehende Menschen von den Reifen der abhebenden Flugzeuge zerquetscht werden, dann kann kein Christdemokrat sagen: Das Wichtigste für mich ist, dass diese Menschen nicht zu uns kommen", sagte Röttgen. Dies sei mit den Grundsätzen christdemokratischer Politik "absolut unvereinbar", ergänzte der CDU-Politiker. "Die Hoffnung auf ein besseres Leben ist einfach menschlich."

"Scheitern ist nicht auszuschließen"

Zugleich warnt der CDU-Außenpolitiker vor einem Zerfall der Europäischen Union. "Ein Scheitern ist erstmals in der Geschichte des europäischen Projekts nicht mehr auszuschließen", sagte Röttgen. "Wir sehen in diesen Tagen, was im Verhältnis zu Polen passiert. Wenn wir nicht aufpassen, frisst sich das durch die Europäische Union hindurch", sagte der CDU-Politiker mit Blick auf den jüngsten Konflikt zwischen der EU und Polen.

Dort hatte das Verfassungsgericht zuletzt polnischem Recht Vorrang vor EU-Recht eingeräumt und damit eine weitere Krise im Verhältnis zu Brüssel und den übrigen Mitgliedstaaten ausgelöst. "Die Selbstverzwergung Europas wäre das Ende unserer Relevanz in allen Bereichen", sagte Röttgen.

Konsequenzen für Polen

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nannte das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts eine "besorgniserregende Entscheidung". Sie erwarte, "dass die EU-Kommission ihrer Aufgabe nachkommt und es klare Konsequenzen für Polen gibt", sagte Lambrecht dem "Spiegel". "Die EU ist mehr als eine Wirtschaftsunion, sie ist eine Wertegemeinschaft und dazu gehört die Rechtsstaatlichkeit."

Als eine Möglichkeit brachte sie finanzielle Konsequenzen ins Spiel. "Die EU-Kommission kann ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten", sagte Lambrecht. "Was nicht geht, ist diese Rosinenpickerei: Wenn mir die Grundsätze der EU passen, mache ich mit. Und wenn sie mir nicht passen, lege ich sie einfach anders aus. Das darf nicht passieren."


Norbert Röttgen / © Michael Kappeler (dpa)
Norbert Röttgen / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA
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