Italien setzt deutsches Rettungschiff fest - neue Bergungen

Zu viele Rettungswesten

Italien hat die "Sea-Watch 4" in Palermo festgesetzt. Zuvor hatten Inspekteure das Schiff stundenlang durchsucht. Die Betrieber sprechen von einer willkürlichen Festsetzung. Die "Alan Kurdi" nahm unterdessen 133 Geflüchtete auf.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
"Sea-Watch 4" vor Küste von Libyen / © Chris Grodotzk/Sea-Watch.org (dpa)
"Sea-Watch 4" vor Küste von Libyen / © Chris Grodotzk/Sea-Watch.org ( dpa )

Italienische Behörden haben das private deutsche Rettungsschiff "Sea-Watch 4" im Hafen von Palermo festgesetzt. Der Betreiberverein Sea-Watch und die Organisation Ärzte ohne Grenzen sprachen in einer gemeinsamen Erklärung am Sonntag von einer willkürlichen Blockade unter fadenscheinigen Begründungen.

Unterdessen barg die ebenfalls unter deutscher Flagge fahrende "Alan Kurdi" in drei Rettungsoperationen am Wochenende 133 schiffbrüchige Migranten aus dem Mittelmeer. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration fing die libysche Küstenwache 128 Fliehende ab und brachte sie in Internierungslager zurück.

Betreiber: Elf Stunden lange Untersuchung

Die "Sea-Watch 4", die nach ersten Rettungsfahrten im August eine zweiwöchige Quarantäne in der Bucht von Palermo verbracht hatte, war nach Angaben der Betreiber am Samstag von italienischen Inspekteuren elf Stunden lang untersucht worden. Der Hauptvorwurf laute, die Rettungsaktivitäten entsprächen nicht der Registrierung des Schiffs. Konkret hätten die Behörden eine zu hohe Zahl von Rettungswesten und ein für die Zahl der Geretteten unzureichendes Abwassersystem bemängelt.

Durch die Festsetzung der "Sea-Watch 4" werde zum fünften Mal ein ziviles Rettungsschiff an der Rückkehr in den Einsatz gehindert, schrieben Sea-Watch und Ärzte ohne Grenzen in der Mitteilung, die auch vom Unterstützerverein United4Rescue herausgegeben wurde. Die Betreiber erklärten, laut eine Überprüfung im Juli habe bestätigt, dass ihr Schiff alle Sicherheitsvorgaben des deutschen Flaggenstaates erfülle.

"Diese Inspektionen sind politisch motiviert und dienen allein dem Zweck, Rettungsoperationen zu verhindern", schrieben die Organisationen.

"Alan Kurdi" nimmt 133 Personen auf

Am Samstag barg die "Alan Kurdi" nach Angaben des Regensburger Betreibervereins Sea Eye zunächst 90 Menschen aus einem Schlauchboot und später 24 Personen aus einem kleinen Holzboot. Die Migranten auf beiden Booten seien ohne Satellitentelefon unterwegs gewesen und hätten im Notfall keine Hilfe rufen können.

Am Abend habe man durch einen weitergeleiteten Notruf ein weiteres Holzboot mit 19 Passagieren gefunden. 62 der insgesamt 133 Personen gäben an, minderjährig zu sein. Unter den Geretteten seien eine schwangere Frau und ein fünfmonatiges Baby.

Seit dem Sonntagmorgen hielt sich die "Alan Kurdi" laut einem Online-Ortungsdienst südlich der Zwölfmeilenzone vor der italienischen Insel Lampedusa auf. Wie die Betreiber mitteilten, reagierten bislang weder Italien noch Malta oder die Rettungsleitstelle Bremen auf Bitten um eine Hafenzuweisung.

Safa Msehli, Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration in Genf, teilte am Sonntag per Twitter mit, 128 Migranten, unter ihnen Frauen und Kinder, seien von der libyschen Küstenwache nach Libyen zurückgebracht worden. Allein in diesem Jahr hätten Grenzschützer des nordafrikanischen Landes bislang 8.000 Menschen bei einem Fluchtversuch abgefangen und wieder in Internierungslager gebracht.

Nach offiziellen Daten des italienischen Innenministeriums gelangten seit Anfang Januar 21.417 Personen als illegale Einwanderer über das Mittelmeer nach Italien. Das sind mehr als drei Mal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres und rund 600 mehr als 2018.


Die "Sea-Watch 4" / © Chris Grodotzki/MSF (dpa)
Die "Sea-Watch 4" / © Chris Grodotzki/MSF ( dpa )
Quelle:
KNA
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