Regierung will insgesamt rund 2.800 Flüchtlinge aufnehmen

Zuspruch und Kritik

Die Bundesregierung will nun offenbar doch mehr Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufnehmen. Aufgenommen werden demnach 1.553 Menschen aus 408 Familien, die durch Griechenland bereits als Schutzberechtigte anerkannt worden sind.

Provisorisches Zeltlager für geflüchtete Menschen - nach Brand im Flüchtlingslager Moria / © Petros Giannakouris/AP (dpa)
Provisorisches Zeltlager für geflüchtete Menschen - nach Brand im Flüchtlingslager Moria / © Petros Giannakouris/AP ( dpa )

Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstagabend mit. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bestätigte die Zahl. Es werde aber weiter daran gearbeitet, dass sich weitere EU-Länder beteiligten, so Scholz weiter. Wie es aus Regierungskreisen hieß, will sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) noch heute dazu äußern.

Das Lager Moria war in der vergangenen Woche bei mehreren zeitgleichen Bränden fast vollständig zerstört worden. Zuvor waren dort mehr als 12.000 Menschen untergebracht. Weiter werde Deutschland bis zu 150 minderjährige Asylsuchende aufnehmen, so Seibert.

Europäische Lösung

Das hatte Seehofer bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Zudem sei die Aufnahme von 243 behandlungsbedürftigen Kindern sowie ihren Kernfamilien bereits in der Umsetzung. Das betreffe insgesamt voraussichtlich 1.000 Menschen, von denen mehr als 500 bereits in Deutschland seien. Die Gesamtzahl der Menschen, die Deutschland aufnehme, belaufe sich damit auf rund 2.800 Menschen.

Scholz sprach von einem großen Fortschritt. Die SPD werde aber auch weiter an einer gemeinsamen europäischen Lösung mitarbeiten. Es könne nicht sein, dass immer "von Fall zu Fall Lösungen gefunden werden". Zudem müssten die Standards in Flüchtlingslagern "zu Europa passen".

Göring-Eckardts Fraktion fordert Aufnahme von 5000 Menschen

SPD, Linke und Grüne hatten zuvor Druck auf die Union ausgeübt, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sprach nun von einem "Scheinangebot" der Union. Sie freue sich für jeden Menschen, der "diesen katastrophalen Umständen" entkommen könne. Aber die Aufnahme von 400 Familien, die bereits positive Asylentscheidungen hätten, sei ein "Alibi-Angebot". Um signifikant Druck aus der Lage vor Ort zu nehmen, fordere ihre Fraktion die Aufnahme von 5.000 Menschen.

Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke bezeichnete das Vorhaben als Täuschungsmanöver. Die Lage auf Moria sei unverändert dramatisch. FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte in der "Augsburger Allgemeinen": "Kontingente, egal ob 1.500 oder 5.000, sind willkürlich und werden unserer humanitären Verantwortung nicht gerecht." Dagegen sprach der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland von einem "fatalen Signal".

Caritas: Gute Nachricht – aber keine Lösung

Caritas-Präsident Peter Neher begrüßte die Bereitschaft zur Aufnahme der Flüchtlinge. Für alle, die Moria entkommen, sei das eine gute Nachricht - aber noch lange keine Lösung, erklärte. Der Deutsche Städtetag sah den Kompromiss laut Funke Mediengruppe positiv.

Im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) forderte Neher zugleich Bemühungen für Friedensverhandlungen in Afghanistan und Syrien. Lösungen gebe es erst, "wenn die Menschen nicht mehr alles hinter sich lassen müssen auf der Suche nach einem erträglichen Leben".

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte, der Beschluss der Bundesregierung komme "leider spät und springt viel zu kurz". Es dürfe "kein weiteres politisches Taktieren auf dem Rücken der Menschen geben".

Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, sagte: "Die Bundesregierung toleriert den Menschenrechtsbruch in Griechenland - mehr als 10 000 Flüchtlinge verbleiben in menschenunwürdiger Hoffnungslosigkeit ohne Perspektive auf Schutz." Das sei ein erbärmliches Signal für die Menschenrechte in Europa.


Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) / © Sebastian Kahnert/zb (dpa)
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) / © Sebastian Kahnert/zb ( dpa )

Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes  / © Harald Oppitz (KNA)
Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
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