113.000 Ratsuchende bei katholischer Schwangerschaftsberatung

Ansturm auf Beratungsstellen hat sich etwas gelegt

Der Ansturm der vergangenen Jahre bei der Schwangerschaftsberatung hat sich gelegt. Dennoch ist die Nachfrage hoch. Viele Frauen mit Flucht- und Migrationshintergrund wenden sich an die katholischen Beratungsstellen in Deutschland. 

Autor/in:
Christoph Arens
Der Andrang bei Schwangerschaftsberatungsstellen ist immer noch sehr hoch / © Blue Planet Studio (shutterstock)
Der Andrang bei Schwangerschaftsberatungsstellen ist immer noch sehr hoch / © Blue Planet Studio ( shutterstock )

113.500 Ratsuchende haben 2018 Beratung in den 274 katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen in Deutschland gesucht. Der Ansturm der vergangen Jahre - plus 20 Prozent, bedingt durch den Zuzug von Flüchtlingen und Migranten - hat sich gelegt, wie aus der Jahresauswertung des Deutschen Caritasverbandes hervorgeht. Dennoch liegt das Beratungsaufkommen immer noch deutlich über den Zahlen von vor fünf Jahren.

Mehr als ein Drittel Muslime

Knapp 54 Prozent aller Ratsuchenden hatten eine ausländische Staatsangehörigkeit (60.213), 51,3 Prozent von ihnen verfügten über eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Dieser Wert ist im Vergleich zu 2017 um 4,8 Prozentpunkte gestiegen. 31,6 Prozent aller Ratsuchenden kamen aus dem nichteuropäischen Ausland. Mehr als jede Dritte war Muslimin. Für die rund 650 Beraterinnen von Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) besonders schwierig: In mehr als jedem fünften Fall erschwerten fehlende Sprachkenntnisse die Hilfe.

Beratungsstellen sind Türöffner für weitere Hilfen

Rund 18 Prozent der Ratsuchenden kamen nach der Geburt in die Beratungsstellen oder führten die Beratung in der frühen Familienphase fort. Aus Sicht der Caritas erweisen sich die Beratungsstellen deshalb als wichtige Türöffner für weitere Hilfen. Die Beraterinnen vor Ort verfügten über gute Kontakte in das Netzwerk der Unterstützungsleistungen - zu Elternkursen, psychologischer Begleitung oder offenen Treffs.

Andere Themen in der Beratung

Die Themen in der Beratung haben sich verändert: Während es in den Jahren 2015 bis 2017 um Krisenintervention und das Ankommen in Deutschland ging, stehe inzwischen in weit größerem Maße die Sicherung des Lebens im Vordergrund, unterstreicht Caritas-Familienreferentin Sabine Fähndrich in ihrer Bilanz in der Zeitschrift "neue caritas".

Ein erheblicher Teil der Frauen mit Fluchthintergrund leide an den Folgen sexueller Gewalt und an posttraumatischen Belastungsstörungen, die sich negativ auf Schwangerschaft und Geburt auswirkten. Das könne auch dazu führen, dass sich Ratsuchende nur eingeschränkt auf die Bedürfnisse eines Babys einlassen könnten. Durch den Zuzug von Frauen mit Flucht- und Migrationshintergrund gewinnt auch das Thema weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung zunehmend an Bedeutung in der Schwangerschaftsberatung, wie es hieß.

Kostenübernahme für Verhütungsmittel

Laut Fähndrich ist die Kostenübernahme für Verhütungsmittel als staatliche Leistung für viele Ratsuchende eine wichtige Frage. Bislang übernimmt der Staat diese Leistung nicht; in vielen Kommunen gibt es aber sogenannte Verhütungsmittelfonds. "Für die katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen stellt sich die Frage, ob und in welcher Form sie sich an diesem Fonds beteiligen können", betont die Autorin. "In einzelnen Diözesen hat es eine Verständigung darüber gegeben, dass eine Beteiligung der Beratungsstellen von Caritas und SkF möglich ist."

Kontinuierlich gestiegen ist die Zahl der alleinerziehenden Frauen in der katholischen Schwangerschaftsberatung: 2018 lag ihr Anteil bei 14,4 Prozent. Themen wie Partnerschaftskonflikte und Trennung würden deshalb gerade bei den Ratsuchenden mit Migrations- und Fluchthintergrund häufiger angesprochen.

Mangel an Hebammen

Zunehmende Schwierigkeiten für Frauen in Schwangerschaftskonflikten ergeben sich laut "neue caritas" auch durch einen gravierenden Mangel an Hebammen in vielen Regionen. "Die Situation spitzt sich durch Schließung von geburtshilflichen Abteilungen und Kreißsälen zu." Schwangere würden mit ihrer Suche nach einer Hebamme oder nach einem Platz in einem Geburtsvorbereitungskurs oft alleingelassen, betont Fähndrich.

Der Beratungen nach einem Schwangerschaftsabbruch sind in den katholischen Beratungsstellen weiter leicht rückläufig. Die Zahl lag 2018 bei 0,1 Prozent (98 Fälle). Weiter niedrig bleibt auch die Zahl der Beratungen nach einem positiven Befund bei einer Pränataldiagnostik. Hier registrierten die Beraterinnen 188 Ratsuchende. 597 Ratsuchende (0,5 Prozent) wandten sich in einem existenziellen Schwangerschaftskonflikt an Caritas und SkF. Katholische Stellen dürfen seit 2001 keine Beratungsnachweise mehr ausstellen, die zu einer Abtreibung berechtigen.


Quelle:
KNA