Wie ausgezeichnete Integrationsarbeit aussieht

Geflüchteter für Geflüchtete

Für sein Engagement in der Initiative "WiKu –Willkommenskultur Köln-Mülheim" bekommt Kemo Bajramovic an diesem Sonntag den Ehrenamtspreis. Die Begegnung mit der Gemeindereferentin Marianne Arndt brachte ihn zur Flüchtlingsarbeit.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Wie ausgezeichnete Integrationsarbeit aussieht / © Liderina (shutterstock)
Wie ausgezeichnete Integrationsarbeit aussieht / © Liderina ( shutterstock )

"Hallo, kommst du gleich zum Grillfest in den Hof?" Kemo Bajramovic geht von Tür zu Tür, lädt die Bewohner der Flüchtlingseinrichtung in Köln-Mülheim einzeln ein. Persönliche Ansprache, so die Erfahrung des 24-Jährigen, ist wichtig. Schließlich neigen die geflüchteten Familien vom Balkan, aus dem Irak, aus Syrien und dem Iran dazu, sich abzukapseln und mit ihren Problemen alleine zu bleiben. Jetzt aber füllt sich der kleine Platz zwischen den Wohnhäusern; eine Gruppe Frauen beaufsichtigt Würstchen auf dem Grill, Männer sitzen auf Bierbänken und Kinder malen mit Kreide auf den Boden.

Als Geduldeter in Köln

"Mit dem spielen wir immer Fußball", schwärmt ein Jesiden-Junge, als er Kemo sieht. Tatsächlich trainieren Kemo und sein Bruder zwei Mal wöchentlich um die 45 Kinder und Jugendliche. "Wir wollen, dass sie Spaß haben, dass sie nicht nur drinnen hocken!" Und Kemo weiß, wovon er spricht; er war einer von ihnen, ist es noch. Bis heute lebt er mit seinen Geschwistern nur als Geduldeter in Köln, seine Eltern mussten am Ende einer langen Hin-und-Her-Geschichte Deutschland verlassen. 

Als ältester Sohn einer bosnischen Roma-Familie kam Kemo während des Jugoslawienkrieges mit acht Jahren zum ersten Mal nach Deutschland. 1997 kehrten sie zurück, mussten sich jahrelang mit Schrottsammeln und Betteln notdürftig über Wasser halten. 2013 dann nahm die Familie Bajramovic einen zweiten Anlauf für ein Leben in der Bundesrepublik. Zu neunt mussten sie auf gerade einmal 20 Quadratmetern klarkommen.

Hilfe für Geflüchtete

Für Kemo wurde seine erste Kölner Unterkunft damals auch zum Sprungbrett ins Engagement. Hier traf er nämlich die damalige Gemeindereferentin von Sankt Clemens und Mauritius, Marianne Arndt, die regelmäßig Lebensmittel verteilte. Kemo wollte seine Zeit nicht im engen Zimmer absitzen, bot seine Hilfe an. Bald übersetzte er für andere Geflüchtete bei Arzt- und Ämterbesuchen, organisierte zur Gemeinschaftsbildung Feste und hatte immer ein offenes Ohr für die Probleme der Einrichtungsbewohner. Kemo war mit dabei, als sich Ende 2014 rund um Marianne Arndt die "WiKu –Willkommenskultur Köln-Mülheim" bildete.

"WiKu ist wie eine große Familie", sagt Kemo heute. Trotz des Einsatzes mussten er und seine Schwestern und Brüder erleben, wie die kranken und traumatisierten Eltern 2015 abgeschoben wurden. Die Sorge ums Bleiberecht, die Angst vor dem Damoklesschwert der Abschiebung – sie bedrückt viele Geflüchtete sehr. Noch vor den Schwierigkeiten mit der Sprache sieht Kemo sie als größtes Problem seiner Schicksalsgenossen und Schützlinge.

Ehrenamtspreis der Stadt Köln

Grundsätzlich, erzählt Kemo weiter, hat er gute Erfahrungen mit den Deutschen gemacht. Wenn er aber hin und wieder doch auf Ablehnung stößt, nur weil er ein Geflüchteter ist, macht ihn das traurig. "Solche Leute sollten sich mal in unsere Situation versetzen; sie können sich wohl nicht vorstellen, wie es ist, sein Haus und seine Heimat zu verlieren!"

Dass er an diesem Sonntag den Ehrenamtspreis der Stadt Köln ("KölnEngagiert 2019") bekommt, konnte Kemo erst nicht glauben; jetzt freut er sich riesig und fühlt sich ermutigt, seine ehrenamtliche Arbeit genauso weiter und seine Lehre als Koch zu Ende zu machen. Aber sein allergrößter Traum ist der: "Dass ich hierbleiben darf!"


Kemo Bajramovic bekommt den Ehrenamtspreis "KölnEngagiert 2019"  / © Hilde Regeniter (DR)
Kemo Bajramovic bekommt den Ehrenamtspreis "KölnEngagiert 2019" / © Hilde Regeniter ( DR )

Ein gutes Team: Kemo Bajramovic und Marianne Arndt / © Hilde Regeniter (DR)
Ein gutes Team: Kemo Bajramovic und Marianne Arndt / © Hilde Regeniter ( DR )

Kemo Bajramovic ist selbst aus seiner Heimat geflohen / © Hilde Regeniter (DR)
Kemo Bajramovic ist selbst aus seiner Heimat geflohen / © Hilde Regeniter ( DR )

Helfen, wo Hilfe benötigt wird... / © Hilde Regeniter (DR)
Helfen, wo Hilfe benötigt wird... / © Hilde Regeniter ( DR )

Beim Grillen... / © Hilde Regeniter (DR)
Beim Grillen... / © Hilde Regeniter ( DR )
Quelle:
DR