Verbände pochen auf Rechte von Kindern

Streit um Anker-Zentren

Hilfsorganisationen und Sozialverbände warnen davor, Minderjährige in den geplanten Anker-Zentren für Flüchtlinge unterzubringen und setzen einen Appell für die Rechte von Kindern und Jugendlichen.

Aneinandergereihte Schuhe im Flur einer Flüchtlingsunterkunft / © Julia Rathcke (KNA)
Aneinandergereihte Schuhe im Flur einer Flüchtlingsunterkunft / © Julia Rathcke ( KNA )

Statt eines "Mehr an Kasernierung und Isolation" seien möglichst kurze Aufenthalte in Gemeinschaftsunterkünften vonnöten, sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, Holger Hofmann, bezüglich Anker-Zentren für Migranten am Samstag in Berlin, denn sie würden Kindern kein Zuhause bieten.

Menschenrecht vor Flüchtlingspolitik

Neben dem Kinderhilfswerk haben 23 weitere Organisationen Forderungen an die Bürgermeister der Kommunen gerichtet, in denen sich Ankunftszentren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befinden. In dem offenen Brief verlangen sie, dass das Kindeswohl Vorrang vor flüchtlingspolitischen Erwägungen haben müsse. Zu den Unterzeichnern gehören terre des hommes, die Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische Gesamtverband, Pro Asyl und World Vision.

Das Schreiben verweist auf Untersuchungen verschiedener Verbände, wonach schon jetzt "mitunter sogar von einer das Kindeswohl gefährdenden Umgebung gesprochen werden muss, beispielsweise aufgrund fehlender Rückzugsmöglichkeiten und mangelnder Hygiene". Nach Schätzungen sind rund 45 Prozent der Geflüchteten in Deutschland minderjährig.

Thomas Berthold von Terre des Hommes sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag): "Auf Grundlage der bisher bekannten Pläne steht für uns fest: Anker-Zentren werden keine geeigneten Orte für Kinder und Jugendliche sein."

Politik in der Verantwortung

Auch innerhalb der Politik sorgen die umstrittenen Einrichtungen für Debatten. Angesichts des Widerstands von Bundesländern gegen ihre Einführung sieht SPD-Chefin Andreas Nahles Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der Pflicht. Die entscheidenden Fragen seien noch ungeklärt, sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). "Der Bundesinnenminister hat bisher kein Konzept dazu vorgelegt."

Ähnlich äußerte sich Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag): "Im Koalitionsvertrag steht nur das Ziel, welches wir mit Anker-Zentren verfolgen, also vor allem schnellere Verfahren." Wie das zu erreichen sei, müsse der Bundesinnenminister jetzt sagen. "Solange ich das nicht weiß, kann ich kaum zustimmen", so Pistorius.

Zuvor hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die SPD aufgefordert, sich an den Koalitionsvertrag zu halten. Unterdessen wehrt sich Herrmann nach Informationen des "Spiegel" gegen den Plan der Bundesregierung und mehrerer Länder, Vorschriften für Asylgerichtsverfahren zu ändern. Herrmann habe Seehofer schriftlich gebeten, die Reformpläne aufzugeben. Er befürchtet dem Bericht zufolge neue Klagewege und längere Verfahren.


Quelle:
KNA , epd