Nicht alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, erhalten denselben Schutz. Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes erhält nur, wer nachweisen kann, dass er in seiner Heimat politisch verfolgt wird, ohne eine Fluchtalternative innerhalb des Herkunftslands oder anderweitigen Schutz vor Verfolgung zu haben. Wird dies anerkannt, kann der Betroffene enge Angehörige nachholen.
Als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gilt, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren außerhalb seines Herkunftslands befindet und dessen Schutz nicht in Anspruch nehmen kann oder aufgrund der begründeten Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Auch diese Flüchtlinge haben das Recht, ihre Kernfamilie - Ehepartner, minderjährige Kinder beziehungsweise bei minderjährigen Schutzberechtigten die Eltern - ohne weitere Vorbedingungen nach Deutschland nachzuholen.
Den schwächeren, sogenannten subsidiären Schutz erhalten diejenigen, denen zwar weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt wird, denen bei einer Abschiebung aber eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht, wie etwa bei einem Bürgerkrieg. Die Betroffenen erhalten eine zunächst auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis und beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Mit der Reform des Asylrechts wurde Mitte 2015 auch subsidiär Geschützten der Familiennachzug gewährt. Als dann die Zahl an Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten über die Balkanroute drastisch anstieg, setzte die Bundesregierung den Familiennachzug am 17. März 2016 mit Zustimmung der SPD für zwei Jahre aus. Nun will der Bundestag darüber befinden, ob und in welchem Umfang er wieder gewährt werden soll. Wie viele Menschen im Falle einer vollen Wiederzulassung des Familiennachzugs tatsächlich kommen würden, ist offen. Jüngste Schätzungen gehen von 50.000 bis 120.000 Personen aus. (kna/Stand 19.01.2018)
19.01.2018
Es bleibt ein Zankapfel der Politik: Dürfen eingeschränkt schutzberechtigte Flüchtlinge ihre Familie nach Deutschland nachholen oder nicht? Am Freitag beriet der Bundestag hierzu Vorschläge aller Fraktionen - außer der SPD.
In der hitzigen Debatte wurde sichtbar, dass der Umgang mit Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten für viele eine Grundsatzentscheidung der Asylpolitik ist. Für die innerlich zerrissene SPD, die am Sonntag über mögliche Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden will, ist der Druck von außen noch einmal gestiegen.
Mit der Reform des Asylrechts war Mitte 2015 auch subsidiär Geschützten der privilegierte Familiennachzug - also ohne Vorbedingung - gewährt worden. Als dann die Zahl an Flüchtlingen drastisch stieg, setzte die Bundesregierung den Familiennachzug für diese Gruppe am 17. März 2016 für zwei Jahre aus. Betroffen sind vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge etwa aus Syrien oder dem Irak.
Beratung über vier Vorlagen
Die Bandbreite der Vorschläge reicht von: kein Familienmitglied darf kommen, erstmals keines und dann 1.000 im Monat oder Härtefälle - bis hin zu: alle dürfen kommen. Konkret plädieren Union und FDP für eine temporäre Verlängerung der Aussetzung bis zu einer Neuregelung.
Grüne und Linke wollen den Familiennachzug dagegen wieder zulassen. Alle vier Vorlagen wurden direkt an den Hauptausschuss überwiesen, um das Verfahren zu beschleunigen. Der AfD-Entwurf, der den Nachzug für Flüchtlinge komplett verbieten will, war bereits am Donnerstag beraten und an den Innenausschuss überwiesen worden.
"Maßvolle Lösung"
Auch ohne neue Regierung steht fest, dass die Aussetzung des Familiennachzugs Mitte März ausläuft. Die Politik ist damit unter Zugzwang. Deshalb drängt die Union auf eine schnelle Lösung: Schon am Montag soll demnach die Bundestagsanhörung stattfinden, die Bundestagsentscheidung bereits Anfang Februar.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) warb am Freitag für eine verlängerte Aussetzung bis zum Sommer und einen anschließenden "begrenzten, gesteuerten und gestaffelten Nachzug". "Dauerhafte bloße Aussetzung ist keine Lösung, dauerhaftes Erlauben ist auch keine Lösung", so de Maiziere.
Daher sei die in den Sondierungsgesprächen mit der SPD gefundene "maßvolle Lösung" sinnvoll, maximal 1.000 Nachzügler pro Monat unter gewissen Bedingungen - etwa keine Straftäter oder Gefährder - zu erlauben. Diese Lösung "soll bis zum 31. Juli 2018 erarbeitet werden", heißt es im Begründungsteil der Vorlage. Der CSU-Politiker Stephan Mayer bewertete die bisherige Aussetzung als erfolgreich.
"Stichtag muss fest verankert werden"
Die SPD-Politikerin Eva Högl mahnte den Schutz der Familie und die Gleichstellung von subsidiär Geschützten mit Flüchtlingen an. Ihre Fraktion werde aber dem Kompromiss mit der Union und dem Gesetzentwurf zustimmen, wenn, so hob Högl hervor, der Stichtag 31. Juli tatsächlich im Gesetzestext "ganz fest verankert wird". Zudem müssten alle Anträge, die von der Aussetzung betroffen seien, bereits ab Mitte März wieder bearbeitet werden.
Der AfD-Abgeordnete Martin Sichert warf der Bundesregierung vor, sie habe das Asylrecht pervertiert. Trotzdem wolle die AfD dem Unions-Vorschlag zustimmen, da damit zunächst ohne Frist der Familiennachzug unterbunden werde, so Sichert.
Die FDP wirbt ebenfalls für eine weitere Aussetzung, sogar für zwei Jahre. Aber, und hier unterscheidet sie sich von der Union, sie will vor allem Härtefälle berücksichtigen, im Zweifel mehr als 1.000 im Monat. Und ein Einwanderungsgesetz soll die Nachzugsregelung neu fassen. "Wir brauchen Zeit, um dieses große Thema insgesamt und endgültig neu zu ordnen", sagte der FPD-Politiker Stephan Thomae.
"Wo bleibt das Mitgefühl?"
Grüne und Linke fordern, den Familiennachzug wieder ohne Einschränkung zu gestatten. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt nannte die Zahl von 12.000 im Jahr unrealistisch und unbegründet. "Man muss nicht Papst Franziskus heißen, um sich zu fragen, wo bleibt das Mitgefühl", mahnte sie. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke betonte die Bedeutung des Nachzugs für den Integrationserfolg.
Über die Frage, wie viele Menschen tatsächlich nachkommen wollen, gehen die Meinungen auseinander: Die Schätzungen reichen von 50.000 bis zu 120.000.
Nicht alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, erhalten denselben Schutz. Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes erhält nur, wer nachweisen kann, dass er in seiner Heimat politisch verfolgt wird, ohne eine Fluchtalternative innerhalb des Herkunftslands oder anderweitigen Schutz vor Verfolgung zu haben. Wird dies anerkannt, kann der Betroffene enge Angehörige nachholen.
Als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gilt, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren außerhalb seines Herkunftslands befindet und dessen Schutz nicht in Anspruch nehmen kann oder aufgrund der begründeten Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Auch diese Flüchtlinge haben das Recht, ihre Kernfamilie - Ehepartner, minderjährige Kinder beziehungsweise bei minderjährigen Schutzberechtigten die Eltern - ohne weitere Vorbedingungen nach Deutschland nachzuholen.
Den schwächeren, sogenannten subsidiären Schutz erhalten diejenigen, denen zwar weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt wird, denen bei einer Abschiebung aber eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht, wie etwa bei einem Bürgerkrieg. Die Betroffenen erhalten eine zunächst auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis und beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Mit der Reform des Asylrechts wurde Mitte 2015 auch subsidiär Geschützten der Familiennachzug gewährt. Als dann die Zahl an Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten über die Balkanroute drastisch anstieg, setzte die Bundesregierung den Familiennachzug am 17. März 2016 mit Zustimmung der SPD für zwei Jahre aus. Nun will der Bundestag darüber befinden, ob und in welchem Umfang er wieder gewährt werden soll. Wie viele Menschen im Falle einer vollen Wiederzulassung des Familiennachzugs tatsächlich kommen würden, ist offen. Jüngste Schätzungen gehen von 50.000 bis 120.000 Personen aus. (kna/Stand 19.01.2018)