Neue Nachbarn im lebendigen Adventskalender

"Hier fließt das Menschsein ineinander"

Im Hof der Flüchtlingsunterkunft in Alfter-Witterschlick riecht es nach Fruchtpunsch, Weihnachtsgebäck und Fisch. Bänke stehen im Halbkreis unter einem sternenklaren Himmel. Die Bewohner haben zum "lebendigen Adventskalender" eingeladen.

Zusammen singen / © Harald Oppitz (KNA)
Zusammen singen / © Harald Oppitz ( KNA )

Das Motto des Abends ist "Weihnachten in Afrika". Zusammen mit den Schutzsuchenden hat Elke Friedrich, Flüchtlingskoordinatorin beim Asylkompass Alfter, die Station "Neue Nachbarn" im lebendigen Adventskalender organisiert. Alle hätten mitgeholfen, Christen und Muslime, Afrikaner und Syrer. "Hier fließt das Menschsein ineinander", sagt Friedrich.

Eine Gruppe habe die Lieder ausgesucht, eine andere gebacken und gekocht. Es gibt Gebäck aus Ghana und Fruchtpunsch, ohne Alkohol, wegen der Muslime. Dazu, für Europäer ungewohnt, eine afrikanische Fischsuppe - scharf und mit ganzem Fisch. Ziel der Aktion sei, dass die Besucher lächelnd nach Hause gehen und sehen, "so anders ist das doch gar nicht", erläutert Friedrich.

Gemeinsam einstimmen - eine Tradition

Den "lebendigen Adventskalender" gibt es in dem Ort bei Bonn seit fünf Jahren. Familien gestalten in der Adventszeit jeweils am Freitag- und Sonntagabend eine kleine Feier. "Jeder macht es so, wie es für ihn schön ist und lässt andere daran teilhaben", erklärt Pfarrausschuss-Vorsitzende Dagmar Schmälter. Ziel sei eine gemeinsame Einstimmung auf Weihnachten, abseits kommerzieller Adventsveranstaltungen.

"Jeder ist willkommen, unabhängig von der Religion", betont Schmälter. Hin und wieder äußerten Dorfbewohner Bedenken: "Da kann ich nicht hingegen, ich kenne die Menschen doch gar nicht". "Doch", sagt sie, genau darum gehe es. "Hier kommen Menschen zusammen, die nicht unbedingt etwas mit Kirche zu tun haben."

3.000 Flyer habe die Gemeinde gedruckt, um für die Veranstaltungen zu werben. Manchmal stehen zehn Leutchen unter einem Schirm im Regen, beim nächsten Mal 50 bemützte Besucher im verschneiten Hof der Flüchtlingsunterkunft.

"Feliz Navidad" und "Long Time Ago in Bethlehem"

Elf erwachsene Bewohner leben mit vier Kindern in dem ehemaligen Kindergarten in dem beschaulichen Ortsteil von Alfter. Unter ihren heutigen "neuen Nachbarn" sind direkte Anwohner, Familien mit Kindern aus der Gegend, Alleinstehende. Auch der Kirchenchor ist gekommen und singt zwei Lieder.

Im sonst so kargen Hof der Unterkunft ist eine adventliche Gemeinschaft entstanden. In der Dunkelheit sind die Liedtexte schwierig zu erkennen. Die Besucher rücken in kleinen Gruppen zusammen und helfen sich mit einer Kerze oder einem Handylicht aus.

Getränke und Kerzen

Auch die muslimischen Flüchtlinge zeigen Einsatz beim sogenannten Adventsfenster. Nassim kommt aus Syrien, mit Weihnachten in Afrika hat er normalerweise wenig am Hut. Trotzdem schenkt er Getränke aus, zündet Kerzen an, schleppt Bänke über den Hof. "Warum nicht?" fragte er. "Ich helfe gerne. Es ist gut, etwas zu tun und andere Menschen zu treffen", sagt er.

Für ihn wie für andere Flüchtlinge ist das vorweihnachtliche Treffen eine willkommene Abwechslung. Einen Wunsch hat er: Es wäre schön, auch muslimische Feste wie das Zuckerfest mit mehr Menschen aus der Gemeinde feiern zu können. Koordinatorin Elke Friedrich nimmt das als Anregung mit.

Weihnachten in der Heimat Nigeria

Naomi aus Nigeria hat für die Feier eine Geschichte geschrieben, "Weihnachten in Nigeria". Mit einem dicken Schal um den Hals liest sie auf Englisch vor, dass Weihnachten in ihrer Heimat mit Feuerwerk, viel Essen und der ganzen Familie und vielen Freunden gefeiert werde.

Es werde zusammen gekocht, gelacht, gefeiert und gegessen. Eine liebevolle Atmosphäre in offener Gemeinschaft. Ganz wie an diesem Adventsabend im Hof der Unterkunft für Schutzbedürftige im winterlichen Deutschland.


Alle machen mit / © Harald Oppitz (KNA)
Alle machen mit / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA