Seenotrettung mit Freiwilligen aus verschiedenen Tätigkeitgebieten

Gute psychologische Vorbereitung ist wichtig

Immer noch sind viele Hilfsorganisationen mit Schiffen zur Rettung auf dem Mittelmeer unterwegs. Aber welche Voraussetzungen müssen Freiwillige für einen solchen Einsatz erfüllen? Wie kann man sich darauf vorbereiten?

Autor/in:
Dana Kim Hansen
Freiwillige auf einem Seenotrettungsboot / © Iuventa Jugend Rettet (dpa)
Freiwillige auf einem Seenotrettungsboot / © Iuventa Jugend Rettet ( dpa )

Kapitän, Steuermann, Maschinist, aber auch Ärztin, Koch oder Rettungsassistentin: Die Aufgaben, die auf einem Schiff der Seenotrettung anfallen, sind vielfältig. Eines haben die Stellen aber gemeinsam: Wer sich auf einem solchen Schiff im Mittelmeer engagieren und Flüchtlingen helfen will, sollte ein paar Bedingungen erfüllen, wie der Initiator der "Mission Lifeline", Axel Steier, erklärt. Mit an Bord sind dann vor allem ehrenamtliche Helfer. "Am Besten bringen die Freiwilligen mehrere Voraussetzungen gleichzeitig mit, weil an Bord immer wenig Platz ist", weiß Steier. Denn es gebe eine Vielzahl von Aufgaben, die erledigt werden müssten. Dazu zähle zum einen die medizinische Versorgung der Passagiere. Aber auch seemännische Kenntnisse seien von Vorteil.

"Mission Lifeline" startet Rettungsmission

In diesen Tagen startet die Organisation ihre Fahrt auf dem Mittelmeer, um Flüchtlingen in Seenot zu helfen. Und das, obwohl gerade einige Nichtregierungsorganisationen ihre Einsätze zur Rettung von Migranten gestoppt haben und ein Verhaltenskodex der italienischen Regierung für die private Seenotrettung für Furore sorgt. Von Sea-Watch hat der Verein jetzt das Schiff "Sea-Watch 2" gekauft, bald soll es losgehen. Die Steuerung des Schiffes überlässt die Organisation Berufsschiffern. Wer als Kapitän mitfahren will, benötigt deshalb einen sogenannten Sportküstenschifferschein. Für Offiziere ist laut Ausschreibung ein Sportbootführerschein See Voraussetzung. Rein rechtlich könne zwar jeder so ein Schiff fahren, wenn er etwa einen Motorbootschein gemacht habe. "Aber von der Praxis her ist es doch ein großer Unterschied, ob man eine Yacht fährt oder einen Fischkutter", so Steier.

Wenig Frauen im Bewerberkreis

Über mangelnde Bewerbungen kann sich die Organisation nicht beklagen: "Wir haben mehr Bewerber, als wir nehmen können." Falls doch mal eine Stelle nicht besetzt werden kann oder nicht alle Bewerber zum Zug kommen, gibt es die Möglichkeit, sich mit anderen Organisationen auszutauschen. So könne man meistens alle Positionen auch besetzen, erklärt der Initiator. Ärzte zu finden könne schon mal schwierig werden. Was der Crew aber oft fehlt, sind Menschen mit arabischen Sprachkenntnissen, die auch einen EU-Pass haben. "Wir verlassen ja die EU, da ist es gut, wenn man auch wieder reinkommt", so Steier. Frauen haben meist bessere Chancen, für einen Einsatz genommen zu werden. "Es bewerben sich einfach viel weniger Frauen als Männer." Wichtig sei aber vor allem, dass die Crew auch menschlich zusammenpasse. Ohne eine entsprechende Vorbereitung muss aber keiner der Mitarbeiter an Bord.

Gute Vorbereitung vor dem Einsatz

"Für Leute, die noch nicht mit einem Seenotretter unterwegs waren, bieten wir im Traumazentrum in Kassel einen Workshop an", erläutert Steier. Wer will, könne daran teilnehmen. Kurz vor dem Einsatz erfolge ein weiteres Briefing. Und auch nach dem Einsatz gibt es eine Nachbesprechung. "Da wird alles noch mal aufgearbeitet, so dass man sagen kann: Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu psychischen Problemen kommt, ist durch die gute Vorbereitung relativ gering." Die Organisation könne bei Bedarf den Kontakt zu Psychologen vermitteln. "Menschen reagieren unterschiedlich auf solche Extremsituationen", sagt Steier. Das medizinische Personal sei mit ähnlichen Situationen vertraut: "Die kennen das mit dem Tod." Einen eigenen Psychologen oder Seelsorger wird die Organisation nicht an Bord haben. "Wir hatten das angedacht, aber es fehlt uns ein bisschen auch der Platz." Zudem werde durch die Coachings genügend Vorsorge getroffen. An Bord habe dann der sogenannte Head of Mission einen Blick auf die Besatzungsmitglieder. Der merke auch, wenn Leute kürzertreten müssten.

Kölner Priester Thillainathan als Seelsorger an Bord

Anders sieht das bei der privaten Hilfsorganisation Migration Offshore Aid Station (MOAS) aus. Mit ihr war der Kölner Priester Regamy Thillainathan über Ostern auf einem Seenotrettungsschiff unterwegs. Der Wunsch einen Seelsorger mit an Bord zu haben, kam von den Helfern selbst. "Es gibt viele, die dort vor Ort mithelfen, die aber kaum Zeit für sich selbst haben." Zudem bestehen seit einiger Zeit über den Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki gute Kontakte zur Organisation. Als Woelki ihn fragt, ob er nicht mitfahren wolle, stimmt Thillainathan zu. "Ich hatte keine Möglichkeit, mich wirklich vorzubereiten", erklärt der Priester. Drei Tage vor der Abfahrt bekam er vor Ort aber eine Einführung. "Ich kannte das Schiff und die Besatzung." Während des Rettungseinsatzes war Thillainathan dann im sogenannten Post Rescue Team eingesetzt. "Das ist verantwortlich, sobald die Flüchtlinge an Bord sind", erzählt der 34-Jährige. Er half bei den medizinischen Untersuchungen, verteilte Decken und Nahrung, sorgte für Ruhe, bis das Schiff einen Hafen anfahren konnte. Neben der vielen Arbeit auf dem Schiff, fand der Priester aber auch Zeit, die Osternacht zu feiern. "Allerdings erst montags, vorher war einfach zu viel los." Daran habe sogar die gesamte Besatzung teilnehmen können. "Es war wichtig für die Leute, dass sie mitfeiern können. Das war schon sehr berührend."

Selbstreflexion ist wichtig

Im Einsatz hat Thilllainathan aber auch viele schlimme Erfahrungen machen müssen, wie er erzählt. "Ich habe nach der Rückkehr eine posttraumatische Begleitung in Anspruch genommen." Die biete MOAS allen Rückkehren an. "Es ist sinnvoll zu sagen, ich brauche nach solchen Erfahrungen Hilfe." Es sei wichtig, dass man die Leidenschaft der Ehrenamtlichen würdige. Manchmal müsse man sie aber auch vor sich selbst schützen. "Das Ganze ist eben kein Abenteuer." Trotz der oft auch schlimmen Erlebnisse hat Thillainathan seinen nächsten Einsatz auf dem MOAS-Rettungsboot schon geplant.

 


Die Initiative Sea Watch rettet Leben im Mittelmeer / © Axel Heimken (dpa)
Die Initiative Sea Watch rettet Leben im Mittelmeer / © Axel Heimken ( dpa )

Pfarrer Regamy Thillainathan auf dem Schiff der MOAS (DR)
Pfarrer Regamy Thillainathan auf dem Schiff der MOAS / ( DR )
Quelle:
KNA