Debatte um Rettungseinsätze im Mittelmeer hält an

Wenn Hilfe zur Streitsache wird

In Europa wird weiter heftig über Einsätze für und gegen die Aufnahme von Flüchtlingen im Mittelmeer diskutiert. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere kritisierte dabei das Vorgehen einiger Nichtregierungsorganisationen.

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer / © Olmo Calvo (dpa)
Flüchtlinge auf dem Mittelmeer / © Olmo Calvo ( dpa )

Deren Schiffe seien durch das verbotene Abstellen ihrer Transponder oftmals nicht zu orten. Es schaffe kein Vertrauen, wenn einige Schiffe "in libysche Gewässer fahren und vor dem Strand ihre Positionslichter einschalten, um den Rettungsschiffen schon mal ein Ziel vorzugeben", sagte de Maiziere den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Hilfsorganisationen weisen Vorwürfe zurück

Die Hilfsorganisationen wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Es gebe auch keinerlei Beweise dafür, betonten unter anderem Sea-Watch und "Ärzte ohne Grenzen". Transponder würden nicht gezielt abgestellt. Zudem sei es Pflicht, nachts mit eingeschalteten Suchscheinwerfern zu fahren, um Kollisionen zu vermeiden.

Auch von der Opposition kam Kritik an den Äußerungen von de Maiziere. Er behaupte erneut unbewiesene Tatsachen, so die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt. Schon mehrfach habe der Bundesinnenminister mit unbelegten Statistiken Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht. Er könne seine Vorwürfe gegen die Seenotrettung nicht nachweisen. Entsprechende Nachforschungen durch staatliche italienische Behörden blieben unbewiesen.

Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) forderte in der "Bild"-Zeitung harte Strafen für "selbst ernannte Seenot-Retter". Einzelnen Organisationen warf er vor, direkt mit Schlepperbanden zu kooperieren. Natürlich dürfe niemand im Mittelmeer ertrinken, aber man müsse trotzdem unterbinden, dass "sogenannte Helfer" in libyschen Hoheitsgewässern "Flüchtlinge von den Schleppern direkt übernehmen".

Anlandungsverbot für Schiffe

Dagegen kritisierte Hans-Peter Buschheuer, Koordinator der privaten Hilfsorganisation Sea Eye, in der "Heilbronner Stimme" das von Italien ins Spiel gebrachte Anlandungsverbot für Schiffe privater Hilfsorganisationen. Das hätte zur Folge, "dass sie weiter fahren müssen und noch weniger Boote zur humanitären Rettung unterwegs wären. Es würde auf ein massenhaftes Sterben vor den Augen der Öffentlichkeit hinauslaufen."

Außerdem warnte Buschheuer vor einer laufenden Aktion der rechtsextremen "Identitären Bewegung". Die vom Verfassungsschutz beobachtete Vereinigung will Menschen auf ihrem Weg nach Europa stoppen. Ihr Schiff "Defend Europe" werde vermutlich noch in dieser Woche vor Ort sein, um Flüchtlingsboote anzuhalten und die libysche Küstenwache zu alarmieren, so Buschhheuer weiter: "Das widerspricht nicht nur geltendem Recht, das ist lebensgefährlich und ein mörderisches Spiel. Die libysche Küstenwache schießt schnell."

Militäroperation "Sophia" nicht verlängert

Bis Montag dieser Woche sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in diesem Jahr 110.374 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Davon hätten 93.213, also knapp 85 Prozent, die EU über einen italienischen Hafen erreicht.

Am Montag hatten die EU-Außenminister die Militäroperation "Sophia" zur Schleuserbekämpfung nicht wie geplant über Ende Juli hinaus verlängert. Italien habe dies blockiert. Die Mission EUBAM Libyen wurde dagegen bis Ende 2018 verlängert. Sie unterstützt Libyen beim Grenzschutz im Süden des Landes. Zudem beschlossen die Minister, dass deutsche Behörden den Export von Schlauchbooten und Außenbordmotoren nach Libyen stoppen können, wenn es Hinweise gibt, dass diese von Menschenschmugglern genutzt würden.


Quelle:
KNA