Das Bistum Aachen hat einen Leitfaden für Flüchtlingstaufen rausgegeben

Wenn Flüchtlinge Christen werden wollen...

Die Anfragen nach Taufen für Flüchtlinge in Deutschland sind im Rahmen der Migrationsbewegung stark angestiegen. Das Bistum Aachen gibt Pfarrern und Gemeindereferenten einen Leitfaden an die Hand, wie sie Flüchtlinge beraten können.

Kreuz in der Hand eines Flüchtlings / © Stefan Puchner (dpa)
Kreuz in der Hand eines Flüchtlings / © Stefan Puchner ( dpa )

domradio.de: Im Zusammenhang mit den Sammelabschiebungen nach Afghanistan hört man immer wieder von schnellen Taufen für Flüchtlinge. Einer der Gründe für diese Taufen: Die Menschen auf der Flucht hoffen, auf diese Weise Asyl in Deutschland zu erhalten. Abgehalten werden die Taufen von christlichen Sekten. Von Taufen in der Badewanne, ohne Vorbereitung auf das Sakrament wird da berichtet. Sie im Bistum Aachen haben sich dagegen nachhaltig mit Taufanfragen durch Flüchtlinge beschäftigt und eine Handreichung dazu erstellt. Frau Pott, wann und in welchem Zusammenhang ist die Handreichung denn entstanden?

Christel Pott (Leiterin der Abteilung "Pastoral in Lebensräumen" im Bistum Aachen): Sie ist entstanden, als wir bei uns im Bistum die Flüchtlingsarbeit begonnen haben. Flüchtlinge haben sich bei uns gemeldet und nach der Taufe gefragt. Das ist der Hintergrund.

domradio.de: Wenn ich die Broschüre aufschlage, ist das eine Gebrauchsanweisung, so geht Taufe, machen Sie Schritt A, dann B und so weiter?

Pott: Das ist keine Broschüre für diejenigen, die getauft werden wollen. Sondern es ist für Diakone, Gemeindereferenten und Pfarrer gedacht, die von den Flüchtlingen gefragt werden: "Könnt Ihr mich taufen?". Flüchtlinge kommen meist das erste Mal mit dem Christentum in Berührung und es tauchen andere Fragen auf. Die Handreichung soll dabei helfen, Fragen rund um diese Gespräche zu klären. Was sind die Herausforderungen, wenn sich Flüchtlinge taufen lassen wollen. Welche Voraussetzungen sollten geklärt werden, was muss der Flüchtling für Voraussetzungen mitbringen, wenn er sich taufen lassen will. Aber auch: was sollten Begleiter mitbringen. Und wie kann man den Täufling vorbereiten?

domradio.de: Können Sie da ein konkretes Beispiel nennen? Wo müssen Flüchtlinge besonders beraten werden?

Pott: Eine Taufe kann zum Beispiel entscheidende rechtliche Folgen haben, die nicht nur den Taufbewerber selbst, sondern auch Ehepartner, Kinder und andere Familienangehörige betreffen können. Was passiert etwa mit der Gültigkeit der muslimischen Ehe, was ist mit der Religionszugehörigkeit der Kinder, oder den Erbansprüche im Herkunftsland? Da ist eine objektive Information über diese Aspekte sinnvoll.

domradio.de: Entscheidungsfindung kann auch bedeuten, nicht zu taufen, auch weil man Verantwortung hat gegenüber den Menschen die dann eventuell als Christ dennoch abgeschoben werden …?

Pott: Ich weiß nicht, ob die Abschiebung der Punkt ist, ob man sich taufen lässt, oder nicht. Ich denke, da entscheidet sich jemand aktiv für einen bestimmten Glauben, und ob er dazu gehören möchte. Natürlich hat das in dem Zusammenhang auch mit Abschiebungen zu tun. Aber wenn jemand vorhat, sich taufen zu lassen und nicht anerkannt wird, ist er trotzdem ein getaufter Christ. Anderseits müssen wir das auch gut überprüfen, wie seine Motivation ist.

domradio.de: Steht das auch in der Broschüre?

Pott: Es wird erklärt, welche Motive es geben kann. Und es wird geschrieben: Die Motivlage soll wertschätzend hinterfragt werden, auch um den eventuellen Täufling vor falschen Erwartungen zu schützen.

domradio.de: Viele Menschen auf der Flucht hoffen, dass eine Taufe sie vor einer Abschiebung schützt, weil für sie als Christen in Afghanistan Lebensgefahr besteht. Das Bundes Migrationsamt erkennt aber nicht jede Taufe an. Da wird dann von einem "selbstgeschaffenen Nachfluchtgrund" gesprochen, je nachdem welches Ergebnis die Kontrolle der "Glaubenstiefe" ergibt. Aber, kann man die eigentlich prüfen - die Glaubenstiefe?

Pott: Ich finde das problematisch. Denn: Wie soll man das prüfen? Sie können auf der einen Seite Glaubenswissen abfragen. Aber wie gläubig Menschen sind, das kann man schlecht überprüfen. Denn bei jedem Gläubigen gibt es ja unterschiedliche Phasen. Das trifft ja nicht nur auf Flüchtlinge zu, sondern auch auf uns. Mal ist man stärker im Glauben, und mal etwas schwächer. Es gibt eigentlich in allen Glaubensbiografien Glaubenskrisen, wenn etwa ein Mensch stirbt, mit dem man sehr verbunden war. Also: Man kann vielleicht Wissen prüfen. Aber den Glauben zu prüfen, das finde ich schwierig.

domradio.de: Ist die Handreichung "Wenn. Flüchtlinge nach der. Taufe fragen" auch als Qualitätssicherung gedacht, was den Umgang mit dem Sakrament der Taufe angeht?

Pott: Für Diakone, Gemeindereferenten und Pfarrer, die damit jetzt befasst sind, ist das natürlich eine Hilfe und eine Qualitätssicherung, ja.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR