Kölner Flüchtlingsinitiative "Treffpunkt Freundeskreis"

Echte Beziehungen entwickeln

Tausende Menschen engagieren sich in Deutschland für Flüchtlinge. In Köln hilft unter anderem der "Treffpunkt Freundeskreis" bei der Integration. Es gehe darum, die Menschen wirklich kennenzulernen, sagt Helfer Benedikt Hohmann.

 (DR)

domradio.de: Treffpunkt Freundeskreis - was kann man sich darunter vorstellen?

Benedikt Hohmann (Treffpunkt Freundeskreis): Wir sind eine Gruppe junger, engagierter Menschen - Studenten, teilweise auch Berufstätige. Wir haben uns vor fast zwei Jahren zusammengefunden, sind seitdem stetig gewachsen und - wie der Name schon sagt - eher ein Freundeskreis. Unsere Initative hat sich unter Freunden herumgesprochen, ist dann gewachsen - Freunde von Freunden kamen dazu. Und wir sind gemeinsam aktiv. 

domradio.de: Das heißt, Sie treffen sich nicht einfach so, sondern Sie unterstützen Menschen, die geflohen sind und zu uns nach Deutschland gekommen sind? 

Hohmann: Genau. Wir sind anfangs vor allem in die Wohnheime gegangen - besonders in Männer-Wohnheime. Wir hatten das Interesse, dafür zu sorgen, dass den jungen Männern die Decke nicht auf den Kopf fällt. Im Moment machen wir viele Aktionen unterschiedlicher Art und bieten wöchentlich einen Sprachkurs an. Ansonsten gehen wir zum Beispiel gemeinsam kegeln, kochen zusammen oder wir waren auf dem Weihnachtsmarkt Schlittschuh fahren. Im Sommer, wenn das Wetter gut ist, gehen wir häufig auf die Uniwiese und spielen Fußball. Und man merkt, dass das alles bei den Geflüchteten super ankommt. 

domradio.de: Ist es denn eine andere Erfahrung, ob man mit seinem normalen Freundeskreis unterwegs ist oder ob man solche Aktionen mit geflüchteten Menschen macht?

Hohmann: Eigentlich nicht, nein. Es haben sich sogar schon so enge Freundschaften entwickelt, dass das Ganze wirklich einfach eine Aktion innerhalb des Freundeskreises ist. Wenn wir zum Beispiel Fußball spielen, kommen auch von außerhalb immer ganz viele dazu und schließen sich uns an. Und die merken dann erst am Ende im Gespräch: Ach so, Ihr seid eine Flüchtlingsinitiative. Uns kommt es vor allem darauf an, die Geschichten hinter den Menschen kennenzulernen und wirkliche Beziehungen zu entwickeln.

domradio.de: In dieser Woche haben wir gehört, dass die Zahlen der Flüchtlinge, die hier bei uns in Deutschland ankommen, zurückgegangen sind. Kommen zu Ihnen denn immer noch neue Leute dazu oder ist das inzwischen ein fester Kreis von Geflüchteten, die hier in der Stadt leben?

Hohmann: Beides. Es kommen immer wieder neue Leute dazu. Aber wir haben natürlich jetzt mittlerweile auch einen harten Kern von Menschen, die seit Monaten oder von Anfang an regelmäßig dabei sind.

domradio: Allgemein heißt es, die Zahl der Menschen in Deutschland, die sich für Flüchtlinge engagieren, geht zurück, weil die erste Euphorie nachlässt. Spüren Sie das auch?

Hohmann: Ja, das ist wirklich schwer, diese Euphorie wachzuhalten - bei allen. Aber da darf man nicht zu kritisch sein: Wir zum Beispiel sind Studenten, manche arbeiten. Da kann man auch nicht immer von einem verlangen, ständig da zu sein und sich zu engagieren. Zum Glück sind wir eine große Gruppe und da gleicht sich das an der ein oder anderen Stelle aus.

Dass die Euphorie zurückgegangen ist, merkt man vor allem bei regelmäßigen Treffen. Wir haben jeden Dienstag einen Sprachkurs. Es ist manchmal schon vorgekommen, dass wir Schwierigkeiten hatten, dass der zustande kommt. Denn wenn zwanzig bis dreißig Flüchtlinge da sind, wir aber nur mit ein oder zwei engagierten Leuten vertreten sind, ist das schwierig. Da hatten wir manchmal Engpässe. 

domradio.de: Das Ganze ist ja in den vergangenen Monaten auch mehr und mehr ein politisch heikles Thema gewesen. Wir sprechen über die Silvesternacht, darüber, wie die Polizei reagiert. Wir sprechen auch über Rechtspopulisten wie die AfD. Sind das alles Themen, die Sie als Flüchtlingsinitiative auch tangieren. Also, bekommen Sie zum Beispiel Probleme von rechts oder fühlen sich die Flüchtlinge bedroht?

Hohmann: Von außen bekommt man das natürlich mit. Aber ich glaube, sobald man bei uns fünf Minuten dabei war, verfliegen viele Vorurteile schnell wieder. Die Themen beschäftigen uns innerhalb der Aktionen wenig. Allerdings passiert es schon, dass die Flüchtlinge Fragen zu bestimmten Themen stellen.

Nach der Silvesternacht 2015 kamen ganz viele Geflüchtete zu uns und haben erzählt, dass sie selbst auf der Domplatte ausgeraubt wurden. Das hat einen dann schon stutzig gemacht, vor allem, weil es ja in den Medien immer hieß, von dieser Seite kamen nur die Täter und die Deutschen waren die Opfer. 

domradio.de: Wie können Interessierte denn bei Ihnen mitmachen und Sie unterstützen?

Hohmann: Jeder ist immer herzlich willkommen. Wir sind froh über jeden, der sich interessiert. Wir haben eine Facebook-Seite, auf der wir regelmäßig über die Aktionen informieren, die wir machen. Darüber hinaus haben wir dienstags unseren Sprachkurs - wir nennen es "Dialog" - bei dem wir mit den Geflüchteten ins Gespräch kommen wollen. Da ist auch jeder herzlich eingeladen, einfach mal zu schauen und uns kennenzulernen. Und wenn dann jemand sagt: "Hey, da will ich dabei bleiben", ist jeder herzlich willkommen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR , TF