Weltrotkreuztag 2016

Humanität und Neutralität

Das Rote Kreuz engagiert sich bei der Bergrettung und bei der Wasserwacht, bietet Erste-Hilfe-Kurse, betreut, Unfallopfer, Flüchtlinge, Erdbebenopfer. Ein domradio.de-Interview zum Weltrotkreuztag mit DRK-Sprecher Dieter Schütz.

Das Deutsche Rote Kreuz: Drei Millionen Förderer und 400.000 Ehrenamtler / © Bernd Weissbrod (dpa)
Das Deutsche Rote Kreuz: Drei Millionen Förderer und 400.000 Ehrenamtler / © Bernd Weissbrod ( dpa )

domradio.de: Heute ist der Geburtstag von Henri Dunant, dem Vater des Roten Kreuzes. Deshalb wird traditionell der Weltrotkreuztag gefeiert. Ganz selbstverständlich gehört zu diesem Tag auch der Welthalbmondtag dazu. Der Rote Halbmond ist das Symbol der Bewegung in den meisten islamisch geprägten Ländern. Ist das schon ein Hinweis auf das Selbstverständnis des Roten Kreuzes?

Dr. Dieter Schütz (Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuzes): Ja, auf jeden Fall. Das Rote Kreuz insgesamt und auch das Deutsche Rote Kreuz gehören einem internationalen Netzwerk an - eben dieser Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, die auf Henri Dunant zurück geht. In fast jedem Land der Erde gibt es entweder ein Rotes Kreuz oder einen Roten Halbmond. In Syrien zum Beispiel ist es der syrisch-arabische Rote Halbmond.

domradio.de: Wie sieht es denn aktuell bei Ihrer Hilfe für Flüchtlinge aus. Können Sie da aus dieser Erfahrung - aus ihrer jahrelangen Zusammenarbeit - schöpfen?

Schütz: Auf alle Fälle - gerade beim Thema Flüchtlinge. Schon seit vier Jahren helfen wir Zivilisten in Syrien - übrigens auf beiden Seiten der Frontlinie. Auch das gehört zum Grundsatz des Roten Kreuzes, dass man politisch neutral ist und sich an den Menschen orientiert, die in Not sind, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören oder welcher ideologischen oder parteipolitischen Anschauung.

In Syrien arbeiten wir mit dem syrisch-arabischen Roten Halbmond sehr eng zusammen. Wir haben in den letzten vier Jahren Hilfsgüter für insgesamt rund 60 Millionen Euro nach Syrien geliefert. Die werden dort vom syrisch-arabischen Roten Halbmond im ganzen Land verteilt. Der Rote Halbmond ist auch die einzige Hilfsorganisation, die Zugang im ganzen Land hat.

domradio.de: Wenn Sie hier in Deutschland die Debatte um und die Vorurteile gegen den Islam mitbekommen - wirkt sich das in irgendeiner Weise auf ihre Helfer aus?

Schütz: Das ist ein Problem, das wir gerade in den letzten zwölf Monaten bei unserer Flüchtlingshilfe in Deutschland wahrgenommen haben. Wir haben etwa 490 Notunterkünfte für 140.000 Flüchtlinge innerhalb von einem knappen Jahr quasi aus dem Boden gestampft und aufgebaut. Dabei stehen unsere Helfer mancherorts unter Druck - etwa im vergangenen Jahr in Sachsen. Da gab es natürlich auch immer wieder Anfeindungen: "Warum helft ihr eigentlich den Flüchtlingen?" Für unsere Helfer ist aber klar: Wir sind eine Organisation, die international vernetzt ist und die Menschen hilft, die in Not sind - egal, ob die jetzt aus einem islamischen Land kommen oder aus einem christlichen Land oder woher auch immer. 

domradio.de: Das Deutsche Rote Kreuz hat gerade eine neue Kampagne gestartet, um noch bekannter zu werden. Warum das?

Schütz: Wir haben etwas über drei Millionen Fördermitglieder in Deutschland und 400.000 ehrenamtliche Helfer. Aber wir sind immer auf neue Unterstützer und Helfer angewiesen - auf junge Leute, die neu bei uns mitmachen wollen. Nur dann ist gewährleistet, dass wir weiterhin Menschen helfen können, die in Not sind.

Allerdings muss man betonen: Gerade beim Thema Flüchtlingshilfe war die Hilfsbereitschaft der Menschen in den letzten Monaten gigantisch groß. So groß, wie eigentlich schon seit langem nicht mehr. Trotzdem versuchen wir mit der Kampagne, noch mehr Leute zu gewinnen und für unsere Arbeit zu begeistern.

domradio.de: Wenn Menschen das jetzt hören und sagen: Ich möchte mitmachen. Was tun die am besten?

Schütz: Man kann auf unserer Homepage gucken, wo sich der nächste Kreisverband oder Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes befindet. Wir sind regional sehr stark verankert. Es gibt 500 Kreisverbände und etwa 4.500 Ortsvereine. Und gerade für Jugendliche ist interessant, dass wir auch ein sehr starkes Jugendrotkreuz haben. Auch unsere Jugendorganisation ist praktisch überall vertreten.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


DRK-Pressesprecher Dieter Schütz / © Jörg F. Müller/DRK (dpa)
DRK-Pressesprecher Dieter Schütz / © Jörg F. Müller/DRK ( dpa )