Katholische Landjugend sieht Chancen für Flüchtlinge auf dem Land

Fußball geht auch ohne Deutschkenntisse

Die meisten Flüchtlinge wollen lieber in einer Großstadt leben - aufs Land will kaum einer. Dabei hätte das für die Menschen durchaus Vorteile, erklärt Daniel Steiger von der Katholischen Landjugend im domradio.de-Interview.

Kinder spielen Fußball (dpa)
Kinder spielen Fußball / ( dpa )

domradio.de: Nach Ihrer Einschätzung - warum wollen so viele Flüchtlinge lieber in Städten untergebracht werden?

Daniel Steiger (Bundesseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung): Viele haben dort ihre Communities. Flüchtlinge oder Ausländer sind dort schon organisiert in ihren eigenen Vereinen. Es gibt natürlich eine höhere Dichte an Sprachangeboten, an Kultur und Freizeit. Ganz wichtiges Thema ist natürlich auch die Mobilität. Das sind die gleichen Probleme, die auch unsere Mitglieder von der Landjugend haben, die sind angewiesen auf die Busse oder Bahnverbindungen. Gerade bei Flüchtlingen kommt natürlich hinzu, sie haben keinen Zugriff auf das elterliche Auto, das sie einfach mal nehmen können, um in die Stadt zu fahren. Das sind die Argumente, warum wirklich viele auch eher die Stadt bevorzugen.

domradio.de: Jetzt könnte ich mir aber vorstellen, dass es ja auch ein großer Vorteil sein kann, wenn man auf dem Land untergebracht ist. Da gibt es nicht so eine Masse von Menschen, in den Städten zum Beispiel wird Wohnraum knapp, in vielen ländlichen Gegenden ist das ganz anders. Sehen Sie diese Vorteile auch?

Steiger: Auf jeden Fall. Das passt ja zu uns als Verband. Wir bewerben ja ganz stark den ländlichen Raum, gerade auch, weil auf dem Land die Kontakte schneller gemacht sind. Die Menschen sind offener, haben auch kein Problem damit, Neuankömmlinge in Deutschland zu begrüßen. Das Vereinswesen ist sehr groß, gerade auf dem Land. Das sind natürlich gute Anknüpfungspunkte, auch für Menschen, die sich vielleicht zu Anfang noch mit der Sprache schwer tun, aber ja durchaus in einem Fußball-Verein mitkicken können oder bei der Landjugend einfach mitlaufen können.

domradio.de: Wie engagiert sich denn die katholische Landjugendbewegung für Flüchtlinge. Was machen Sie?

Steiger: Wir haben schon vor etlichen Monaten angefangen. Gerade in Grenznähe, zum Beispiel in Bayern, haben unsere Mitglieder und Ortsgruppen das Heft in die Hand genommen, als sie gemerkt haben: Das Elend ist frappant und wir müssen einfach aktiv werden. Es ging dann ganz schnell darum, tatsächlich zu integrieren und zu schauen: Wie können unsere Gruppen Flüchtlinge aufnehmen und eine Willkommenskultur schaffen. Da gab es ganz schnell Veranstaltungsformate wie die Schnippeldisko, wo zusammen Obst und Gemüse geschnippelt wurde, um Essen zuzubereiten und dann drumherum Party und Disko zu machen. Oder es gibt die Aktion Rumpelkammer, die bei vielen Gruppen schon traditionell wichtig ist; also eine Art Kleidersammlung, wo junge Syrer mitgenommen werden konnten.

domradio.de: Da sind wir ja beim Thema Integration. Aber Ihnen als Verband ist es auch wichtig, auf die Fluchtursachen zu gucken. Wie stellen Sie sich denn Lösungen vor, was erwarten Sie von der Politik? Was muss passieren?

Steiger: Wir sind als Verband weltweit vernetzt, kriegen also weltweit mit, wie es Landjugendlichen geht. Wir bekommen darüber hinaus natürlich auch mit, wie gut es uns hier in Deutschland und Europa geht und wie wir uns auch mitschuldig machen an dem Elend da draußen. Für uns sind zum Beispiel der faire Handel und der kritische Konsum ein Schlüssel, wie wir gegen die Probleme, die auch die freie Marktwirtschaft und unser Wachstumswahn verursachen, angehen können. Ein ganz wichtiges Thema ist sicherlich auch das, was wir mit allen katholischen Jugendverbänden im Blick haben: Für einen vollständigen Rüstungsstopp einzutreten. Weil es einfach nicht sein kann, dass wir jetzt nach Hintertürchen suchen, zum Beispiel nur noch über Kontingente und Obergrenzen diskutieren und dabei vergessen, dass es eigentlich darum geht, den Menschen zu helfen und tatsächlich an den wahren Fluchtursachen zu arbeiten und diese einzudämmen.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR