Erzbistum Köln setzt auf praxisorientierte Integration von Flüchtlingen

Beim Freibadbesuch lernen

Flüchtlinge integrieren - für viele der Schlüsselbegriff für ein gutes Miteinander. In Bonn setzt man dabei auf praktische Umsetzung wie Freibadbesuche, wie Burkhard Knipping, Referent für die Männerpastoral im Erzbistum Köln, bei domradio.de erklärt.

Flüchtlinge bei der "Aktion mit männlichen Flüchtlingen" / © Angelika Huber (Erzbistum Köln)
Flüchtlinge bei der "Aktion mit männlichen Flüchtlingen" / © Angelika Huber ( Erzbistum Köln )

domradio.de: "Aktion mit männlichen Flüchtlingen", so heißt das Pilotprojekt, das Sie angestoßen haben. Sie sind über die Planungsphase hinaus. Was genau bereiten Sie da vor?

Burkhard Knipping (Referent für die Männerpastoral im Erzbistum Köln): Wir sind mit einem Team - da ist insbesondere der Diakon Ralf Knoblauch von Sankt Thomas Morus im Bonner Norden und sein Team von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit zu nennen - zusammengekommen, um zu überlegen, wie wir für die männlichen Flüchtlinge, die die Mehrheit der Flüchtlinge ausmacht, Beschäftigung, Anregung, Aktivität, Zusammenleben und Integration üben und praktizieren können. Dafür haben wir uns Veranstaltungen, Aktionen und Angebote unterschiedlichster Art ausgedacht und wollen diese den männlichen Flüchtlingen nahe bringen. Wir wollen für die Veranstaltungen auch immer männliche Bonner Bürger dazu holen, so dass wir in etwa ein ausgeglichenes Zahlenverhältnis haben. Die Aktionen, die wir anbieten, können etwas Handwerkliches sein, etwas Künstlerisches sein, es ist auch eine Radtour oder ein Besuch im Fußballstadion dabei. Auch praktische Dinge wie gemeinsames Kochen sind angedacht. Wir hoffen, dass sich durch dieses Miteinander die Flüchtlinge in Bonn wohler fühlen, aber auch an dem Verhalten der teilnehmenden Bonner Männer merken, wie das Leben in Deutschland funktioniert.

domradio.de: Das Projekt startet erst am 20. Februar, aber es gab schon einige Vortreffen mit Flüchtlingen. Was können Sie davon berichten?

Burkhard Knipping: Wir sind beispielsweise schon einmal gemeinsam im Sommer Schwimmen gegangen, um auszuprobieren, ob das überhaupt geht und was dabei passiert. Dieser Freibadbesuch war für die Flüchtlinge ein absolutes Neuland. Das kannten Sie in dieser Form noch gar nicht aus ihrer Heimat in Syrien. Bei so einer Aktivität können die Flüchtlinge ganz praktisch sehen, wo Grenzen sind, wo Möglichkeiten sind, was sie selbst tun können und wie sie sich einfach auch einfügen können.

domradio.de: Bleiben wir bei dem Ausflug in das Freibad. Es geht bei Integration ja auch darum, dass die Menschen mitbekommen, wie bei uns verschiedene Dinge gehandhabt werden. Im Freibad gibt es meistens eine Frittenbude. Haben Sie dann auch erklärt, dass man sich bei uns in der Regel in der Schlange hinten anstellt und wartet, oder wie läuft das ab?

Burkhard Knipping: Das braucht man nicht zu erklären, das sieht man dann schon. So etwas schleift sich dann schon von selber ein. Diejenigen, mit denen ich im Freibad war, die sind sehr wach, offen, aufnahmebereit und anpassungsfähig. Das finde ich sehr positiv. Wenn Fragen aufkommen, wo sich zum Beispiel die Herrenumkleide befindet, dann wird das natürlich erklärt.

domradio.de: Das Schwimmbad ist auch ein gutes Beispiel, um -  klischeehaft gesprochen - am Frauenbild zu arbeiten. In vielen Ländern, aus denen Menschen zu uns flüchten, ist das Frauenbild ein anderes als bei uns. Da muss man auch schauen, wie man es vermittelt, dass es bei uns anders ist als in der Heimat der Flüchtlinge. In welcher Form wirken Sie da mit?

Burkhard Knipping: Nicht mit Lehrsätzen. In den Veranstaltungen zeigen wir, wie Männer und Frauen im Normalfall miteinander umgehen. Ein praktisches Beispiel aus dem Freibadbesuch: Natürlich fiel der Blick auch auf die Frauen und es gab Getuschel. Ich habe das Getuschel nicht verstanden, aber ich ahnte, worum es geht. Ich habe dann einfach freundlich gefragt, was denn los ist. Die Flüchtlinge haben mich auch nicht verstanden, denn sie konnten kein Deutsch. Aber da war klar, hier ist eine Grenze. Dieses Getuschel wird so nicht akzeptiert. In den Sprachgrenzen, die ich hatte, habe ich einfach nur mit dieser kleinen Frage reagiert. Und diese kleine Frage hat offensichtlich das Signal gegeben, dass es so nicht geht. Damit war die Sache klar.

domradio.de: Wenn Sie nun auch beispielsweise Computerkurse für die Flüchtlinge anbieten, dann erhoffen Sie sich auf welche Weise, dass unser Frauenbild vermittelt wird?

Burkhard Knipping: Für diese Kurse haben wir beispielsweise auch Referentinnen angefragt. Das mag für manchen, der aus dem arabischen Raum kommt, etwas Neues und Befremdliches sein, dass eine Frau sozusagen bestimmt, was Kursinhalte und Themen sind und wie gearbeitet wird. Ich hoffe darauf, dass die Bonner Männer ihnen zeigen, wie es geht und dass es normal ist, dass die Frau als Chefin anerkannt wird. Sie leitet den Kurs und das, was sie anleitet, soll auch so umgesetzt werden. Ein Mitarbeiten auf Augenhöhe ist hier gefragt.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR