Privates Engagement für Flüchtlinge

Wirsind.Köln

Ob über Facebook, Twitter oder andere Portale: In vielen Städten haben sich Netzwerke gebildet, um den ankommenden Flüchtlingen zu helfen. domradio.de stellt zwei engagierte Kölner vor, die beeindruckende Hilfe leisten.

Silvia Ochlast, Tanja Schmieder und Ken Kasischke (DR)
Silvia Ochlast, Tanja Schmieder und Ken Kasischke / ( DR )

domradio.de: Sie sind beides Freiwillige, die unabhängig von irgendwelchen Organisationen gesagt haben, wir wollen jetzt was machen. Fangen wir mit ihnen an Herr Kasischke. Sie haben eine Webseite eingerichtet. Gab es da ein Schlüsselerlebnis, das Sie dazu bewogen hat?

Ken Kasischke: Das Schlüsselerlebnis war einfach, dass es im Internet keine entsprechende Informationsseite gab, d.h. es gab keine Website, auf der klar und simpel dargestellt wurde: was wird benötigt in Köln, wo kann ich hinbringen und wofür wird es eingesetzt? Es gab bruchstückhafte Informationen, aber nichts, was mir das Vertrauen eingeführt hätte, aktuell und vollständig zu sein.

domradio.de: Sind die darauf gestoßen weil sie selber helfen wollten?

Kasischke: Genau, zum einen wollte ich selber helfen. Zum anderen habe ich in Gesprächen mit Freunden und Bekannten immer wieder gehört, dass es einfach keine schriftlichen Informationen gibt. Weder von der Stadt, noch von irgendwelchen offiziellen Hilfsorganisationen, so dass ich das einfach selbst in die Hand genommen habe.

domradio.de: Auf der Seite werden ganz einfache Fragen beantwortet: Was wird benötigt? Wo kann ich Sachen hinbringen? Wofür wird es eingesetzt? Das ändert sich ja relativ schnell. Wie bleibt man da aktuell?

Kasischke: Aktuell planen wir dadurch, dass wir sehr stark mit dem Helfer-Netzwerk in Köln vernetzt sind. Das läuft vor allem über Facebook. Tanja Schmieder und die Kleiderkammer am Drehkreuz sind ein sehr gutes Beispiel dafür. Da stimmen wir uns sehr informell ab. Ich lese einfach die Bedarfslisten und passe die Website entsprechend an.

domradio.de: Gibt es da auch Kommunikation der Stadt Köln oder den Hilfsorganisationen?

Kasischke: Ich habe mit Vertretern der Stadt Köln gesprochen, aber einen richtig offiziell Kommunikationskanal will ich das nicht nennen. Das gleiche gilt für die Hilfsorganisationen.

domradio.de: Das Erzbistum hat ja auch eine Internetseite ins Leben gerufen, das "Neue Nachbarn Netzwerk". Dann gibt es "Miteinander leben". Diese Hilfsbereitschaft, die gerade so gut funktioniert, wäre die ohne das Internet überhaupt denkbar?

Kasischke: Sicher nicht. Um effektiv helfen zu können, müssen Menschen sich vernetzen, und genau dabei helfen das Internet und insbesondere Facebook. Sie bringen Menschen zusammen, die helfen wollen, und das auf unglaublich direktem Wege.

domradio.de: Was war bei Ihnen, Frau Schmieder, das auslösende Erlebnis, dass sie dazu gebracht hat zu helfen?

Tanja Schmieder:  Angefangen hat alles in der ersten Nacht als der erste Zug mit Flüchtlingen an der Drehscheibe Köln ankam. Wir wurden von der Stadt Köln angerufen als ehrenamtliche Helfer. Wir organisierten die Kleiderausgabe, und standen da mit den ankommenden Menschen, teilweise Kinder, sechs Jahre alt, im Regen vor einem kleinen Zelt. Darin waren total unsortierte Kleidersäcke. Ich brauchte teilweise 20-30 Minuten bis ich eine Hose gefunden hatte in der richtigen Größe für das Kind. Und das stand in der Zeit vor mir und wurde von oben bis unten vom Regen durchnässt. Es war ein Chaos bis morgens um vier. Nach dieser ersten Nacht haben wir gedacht: das muss sich ändern. Dann sind wir privat freiwillig dort eingestiegen.

domradio.de: Wie war denn so der Verlauf?

Schmieder: Der Verlauf war ganz rasant. Der erste Zug kam am 22. September an und wir hatten dann angefangen, in der zweiten Nacht erst mal die ganzen Klamotten zu sortieren. Nach Männer-,Frauen-, und Kinderbekleidung. Und dann habe festgestellt, dass es an Jacken und Schuhen fehlt. Dann haben wir angefangen privat Spenden zu sammeln, speziell für diese Dinge, die gefehlt haben. Und dann hat das einen rasanten Verlauf genommen.

domradio.de: Wo haben Sie das denn gesammelt?

Schmieder: Wir haben über unsere Facebook Gruppe "Miteinander leben" aufgerufen. Dann haben wir verschiedene Abgabestellen eingerichtet, bei uns zu Hause, in der Garage, im Keller von der Kita…

domradio.de: Das heißt da würden die ganzen Sachen gelagert?

Schmieder: Genau. Wir hatten Abgabezeiten vereinbart und die Leute konnten uns die Sachen nach Hause bringen. Wir haben die dann bei uns in den Wohnungen sortiert und dann gesammelt und zum Flughafen gebracht.

domradio.de: Wer jetzt zu Hause überlegt: Mensch ich hab noch eine Winterjacke oder Winterschuhe die gut sind, wo können die sie jetzt hin bringen?

Schmieder:  Seit kurzem haben wir direkt am Flughafen einen großen Lagerraum. Dort werden wir mit Beginn nächster Woche Abgabezeiten veröffentlichen, wo dann die Menschen ihre Spenden hinbringen können.

domradio.de: Da sind wir wieder beim Internet, bei Ihnen Herr Kasischke. Auf www.wirsind.Koeln kann man dann nachlesen, wann und wo man seine Kleiderspenden hinbringen kann, oder?

Kasischke: Genau wir werden das sofort auf www.wirsind.koeln veröffentlichen und auch einen Newsletter rausschicken an all die Leute, die sie sich bei uns registriert haben.

domradio.de: Das ist also die Webadresse www.wirsind.koeln – und wie, Frau Schmieder, erreicht man Sie?

Schmieder: Das ist auf Facebook die Gruppe "Miteinander Leben – eine Chance für alle", oder einfach über www.Wirsind.koeln, wo wir auch verlinkt sind.

Das Interview führte Silvia Ochlast


Flüchtlinge am Flughafen KölnBonn / © Federico Gambarini (dpa)
Flüchtlinge am Flughafen KölnBonn / © Federico Gambarini ( dpa )
Quelle:
DR