Abdo Albostani: Mein Sohn ist noch in Syrien

Ein Flüchtling berichtet

Abdo Albostani hat sich nichts sehnlicher gewünscht, als seinen achtjährigen Sohn mit Behinderung in Syrien behandeln zu lassen. Als der Krieg begann, wurde das unmöglich. Nun ist Albostani in Deutschland - ohne seine Familie.

Autor/in:
Qutaibah Alkassab
Abdo Albostanis Sohn Solaiman (l.) / © Qutaibah Alkassab (DR)
Abdo Albostanis Sohn Solaiman (l.) / © Qutaibah Alkassab ( DR )

Abdo Albostani ist 35 Jahre alt und hat als Bekleidungskaufmann in der syrischen Hauptstadt Damaskus und als Trainer eines lokalen Fußballvereins gearbeitet. Alle seine Träume und Hoffnungen sind zerbrochen, als sein Haus mitsamt seinem kleinen Atelier zerstört wurde. Plötzlich hatte er keine Arbeit und kein Einkommen mehr, um während des Krieges zu überleben.

Flucht aus Syrien

Noch schwerer wog jedoch die Tatsache, dass die Behandlung des kranken Sohnes wegen der hohen Kosten und des Risikos des Transportes innerhalb Syriens nicht mehr fortgesetzt werden konnte. Abdo Albostani hat deshalb Syrien im Mai 2015 in der Hoffnung verlassen, Solaiman nach Deutschland zur Therapie bringen zu können. Sein Bruder Mohammed hat ihn auf der Flucht begleitet. Der Weg von Syrien nach Deutschland war mühsam, anstrengend, gefährlich und dauerte etwa einen Monat. Während der Flucht mussten die beiden Brüder oftmals im Wald schlafen und zu Fuß hunderte Kilometer laufen, um der örtlichen Polizei in Mazedonien, Serbien und Ungarn zu entkommen.

Mehrmals in gefährlichen Situationen

"Wir sahen dem Tod mehrfach in die Augen. Bei unserem ersten Versuch, aus der Türkei nach Griechenland weiterzureisen, mussten wir rund fünf Stunden in unserem Boot auf dem Meer ausharren, da uns eine griechische Patrouille in den eigenen Hoheitsgewässern festhielt.  Sie haben uns gezwungen, noch einmal auf türkisches Territoriums zurückzukehren. Man drohte uns, das Boot zu versenken, wenn wir das nicht tun würden."

"Das Bild von meinem Sohn und meiner Familie hatte ich während der Flucht die ganze Zeit vor dem geistigen Auge. Ich wollte Deutschland erreichen und meine Familie nachholen und nichts würde mich daran hindern, dieses Ziel zu erreichen, außer dem Tod", sagt Abdo Albostani.

Asylantrag wurde schnell bearbeitet

Die Ankunft in Deutschland war wie ein Traum. Im Vergleich zu der Behandlung durch die syrische Polizei oder die Polizei in den Ländern Osteuropas haben sich die deutschen Polizisten "wie Engel" verhalten, sagen die Brüder.

Das Asylverfahren wurde schnell abgewickelt und den beiden Brüdern ist ein Aufenthaltsrecht zugesprochen worden. Daraufhin begannen sie, die Familienzusammenführung in die Wege zu leiten.
Gemäß deutscher Regelung können anerkannte Flüchtlinge für ihre Familie mit "Frau und Kindern unter achtzehn Jahren" einen Termin bei der deutschen Botschaft in ihrem Ursprungsland vereinbaren. Normalerweise wartet die Familie dann etwa drei Monate, um ein Visum zu bekommen. Die Wartezeit hängt jedoch vom Zeitpunkt der Antragsstellung, der Einreichung aller erforderlichen Dokumente und der Prüfung auf Dokumentenechtheit ab.

Probleme bei der Familienzusammenführung

Für die beiden Brüder war es natürlich ein großer Schock, dass sie mehr als fünf Monate warten mussten, um für ihre Familien einen Termin in der deutschen Botschaft im libanesischen Beirut zu erhalten. In Damaskus konnte kein Termin mehr vereinbart werden, da die deutsche Botschaft in Syrien wegen des Krieges aufgegeben wurde. Für sein Anliegen musste man jetzt die deutsche Botschaftsvertretung eines Nachbarlandes von Syrien aufsuchen.

"Meine Familie konnte aber nicht warten", sagt Mohammed Albostani. "Meine Frau und mein dreijähriger Sohn sind deshalb jetzt über den gleichen Weg nach Deutschland gekommen, den wir genommen hatten. Es gab keine andere Möglichkeit." Die Flucht der Familie war genau so lang und beschwerlich, wie die der Brüder. In Ungarn sind die Frau und ihr Sohn von der Polizei geschlagen und beschimpft worden. Jetzt sind sie wieder vereint und wohnen zurzeit in einem Altenheim. Hauptsache, sie sind wieder zusammen.

Hoffnung auf positive Zukunft in Deutschland

Die Familie von Abdo Albostani kann jedoch nicht auf diese Weise nach Deutschland kommen. "Mein Sohn ist bewegungsunfähig, und meine Frau kann nicht allein mit zwei Kindern reisen", sagt Abdo Albostani. Die einzige Lösung für ihn ist es nun, einen Termin für seine Frau in der deutschen Botschaft im iranischen Teheran zu vereinbaren, auch wenn die Reise von Damaskus nach Teheran viel kostet und Abdos Frau gezwungen sein wird, ihre Kinder für drei Tage bei einer anderen Familie in Syrien zu lassen.

"Ich hoffe, dass die Botschaft unsere menschliche Situation berücksichtigt und unser Verfahren für ein Einreisevisum nach Deutschland beschleunigt." Am meisten hofft Abdo Albostani darauf, sich richtig um seinen Sohn kümmern zu können und später vielleicht Trainer bei einem Sportverein in Deutschland zu werden.


Quelle:
DR