Gauck besucht Flüchtlinge in Berlin

Zeichen gegen "Dunkeldeutschland"

Bundespräsident Gauck hat bei Flüchtlingen in Berlin ein Zeichen gegen Fremdenhass gesetzt. Er dankte den Helfern, weil sie ein helles Deutschland zeigten. Derweil war Kanzlerin Merkel zu Gast in Heidenau.

Bundespräsident Joachim Gauck am 26.8.15 in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Wilmersdorf (dpa)
Bundespräsident Joachim Gauck am 26.8.15 in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Wilmersdorf / ( dpa )

Nach dem Besuch in der Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf in Berlin bezeichnete Gauck Rechtsextremisten und Ausländerfeinde am Mittwoch als Hetzer, die das weltoffene Bild Deutschlands beschädigten. Er lobte die "vielen Freiwilligen, die zeigen wollen, es gibt ein helles Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland, das wir empfinden, wenn wir von Attacken auf Asylbewerberunterkünfte oder gar fremdenfeindlichen Aktionen gegen Menschen hören".

Gauck zeigte sich bei dem Besuch des Heims, in dem derzeit mehr als 500 Flüchtlinge leben, überzeugt, dass Rechtsextremisten und Ausländerfeinde durch die große Mehrheit hilfsbereiter Menschen isoliert werden. "Es wird keinen Deutschen geben, der sich hier erlauben würde, Verständnis für diejenigen zu zeigen, die als Hetzer und Brandstifter unser Land verunzieren." Gauck ergänzte: "Ihr repräsentiert uns nicht, und wir werden schon gar nicht dulden, dass Rechtsbrecher (...) im Ausland und im Inland für dieses Deutschland stehen, das sich heute als offenes und hilfsbereites Land darstellt."

Zugleich warb Gauck um Verständnis für die Behörden: "Wir können ein Landes- oder Bundesamt, das plötzlich überrollt wird von einem Massenansturm, nicht nur tadeln." Man müsse Geduld haben. An die Flüchtlinge gerichtet sagte er: "Es darf auch keine Anspruchshaltung entstehen." Bund, Länder und Kommunen müssten enger zusammenarbeiten. Deutschland sei in der Lage, die vielen hunderttausend Menschen aufzunehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien es in der damals bettelarmen und zerstörten Bundesrepublik Millionen gewesen. Nach offizieller Prognose kommen in diesem Jahr bis zu 800 000 Flüchtlinge nach Deutschland. Das wären etwa viermal so viele Menschen wie im Vorjahr.

Nach Gabriel auch Merkel in Heidenau

Am Mittag besuchte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau, wo Rechtsextremisten und Rassisten in den vergangenen Tagen Asylbewerber bedroht und Polizisten angegriffen hatten. Vor Ort hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechtsextreme Anfeindungen gegenüber Flüchtlingen nochmals verurteilt. "Es gibt keine Toleranz gegenüber denen, die die Würde anderer Menschen infrage stellen", sagte Merkel nach einem Rundgang durch die Einrichtung. Die Würde jedes Einzelnen zu achten gehöre zum Selbstverständnis Deutschlands. Vor der Unterkunft in der sächsischen Stadt hatte es am Wochenende massive Ausschreitungen Rechtsextremer gegeben. Merkel wiederholte bei ihrem Besuch, dies sei "abstoßend und beschämend".

Die Bundeskanzlerin sagte, bei der Bewältigung der steigenden Zahl von Flüchtlingen müssten Bund, Länder und Kommunen zusammenarbeiten. Die Herausforderung könne gemeistert werden, wenn der Wille bestehe und neue Wege beschritten werden. Sie kündigte an, dass dafür bei dem im September geplanten Treffen zwischen Bund und Ländern auch Gesetzesveränderungen beschlossen werden sollen.

Die Regierungschefin würdigte in Heidenau auch die Arbeit der haupt- und ehrenamtlichen Helfer. Sie sei stolz auf die Struktur der Hilfsorganisationen, sagte Merkel. An die Helfer und verantwortlichen Kommunalpolitiker gerichtet sagte sie: "Das ist beeindruckend, was Ihr hier auf die Beine stellt."

Mehr Geld für Städte und Gemeinden

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Heidenau am Montag besucht und die Angreifer "Pack" genannt. Seither sieht sich die SPD-Zentrale mit rassistischen Reaktionen konfrontiert, am Dienstag ging sogar eine Bombendrohung ein.

Zur Versorgung der Flüchtlinge stellt der Bund weitere 500 Millionen Euro bereit. Das Kabinett ließ dafür am Mittwoch das sogenannte Entlastungsbeschleunigungsgesetz passieren. Insgesamt fließt damit in diesem Jahr eine Milliarde Euro für Unterbringung, medizinische Versorgung und Ernährung der Flüchtlinge an Länder und Kommunen.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) kündigte an, die Zuschüsse an die Länder für den sozialen Wohnungsbau von aktuell jährlich 518 Millionen bis zum Jahr 2019 mindestens zu verdoppeln. Ziel sei es, gerade auch für Flüchtlinge mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sagte sie der Zeitung "Die Welt".


Quelle:
dpa , epd