Künftiger Berliner Erzbischof Koch kritisiert Fremdenfeindlichkeit

"Flüchtlingsfrage wird politisch missbraucht"

Der künftige Berliner Erzbischof Heiner Koch kritisiert eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit. "Die momentan scharfe Rechtswendung von Teilen der Gesellschaft ist für mich bedrückend", sagte Koch der "Sächsischen Zeitung".

Heiner Koch, künftiger Erzbischof von Berlin (KNA)
Heiner Koch, künftiger Erzbischof von Berlin / ( KNA )

"Von einigen Gruppen wird die Flüchtlingsfrage politisch absolut missbraucht, um Unruhe in die Gesellschaft zu tragen und Ängste zu mobilisieren, die meines Erachtens nach nicht begründet sind und hier in Sachsen erst recht nicht." Auf Facebook etwa werde die Not von Asylbewerbern "instrumentalisiert, um eigene Interessen durchzusetzen".

Koch zeigt sich von Besuch in Erstaufnahme-Einrichtung in Dresden erschüttert

Koch zeigte sich erschüttert nach einem Besuch in der Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge in Dresden, in der 1.100 Menschen in Zelten untergebracht sind: "Schlimmer als die Perspektivlosigkeit ist die Erstauffangsituation." Die Lebensbedingungen seien "unvorstellbar". Die medizinischen und hygienischen Bedingungen dort hatten Mediziner bereits vor zehn Tagen scharf kritisiert. "Ich glaube, das dies deutlich verbessert wurde", sagte der bisherige Bischof von Dresden-Meißen.

Zugleich warnte Koch vor unbedachter Kritik: "Sie ist nicht gerechtfertigt gegenüber denen, die sich dort abrackern bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten und manchmal selbst leiden." Sie zu beschimpfen, empfinde er als "ungerecht", auch wenn manches besser sein könnte. Koch verwies zudem auf ein "großes Kommunikationsproblem" bei der Unterbringung der Asylbewerber. Das befördere Ängste in der Bevölkerung: "Radikale Kräfte können solche Ängste mit ein paar Parolen zum Explodieren bringen."

Kritik an fehlender Unterstützung von Städten und Gemeinden

Zugleich warf Koch dem Bund mangelnde Unterstützung für die Städte und Gemeinden vor: "Die Kommunen werden teils alleingelassen, müssen gucken, wie sie das finanziell schaffen. Der Bund macht es sich oft zu einfach." Der Erzbischof appellierte an die Kirchengemeinden, eine "Kommunikations- und Kulturstruktur" für die Flüchtlinge zu entwickeln und ihnen bei der Integration zu helfen. Die Flüchtlingshilfe sei ihm ein Herzensanliegen, das er auch in seinem künftigen Erzbistum Berlin schwerpunktmäßig vorantreiben werde, so Koch. Am 19. September tritt er sein neues Amt in der Hauptstadt an.


Quelle:
KNA