Pfarrer über Gottesbotschaften in Filmen

"And the Oscar goes to ..."

Die Oscars werden verliehen. Gute Filme sind allerdings nicht nur in Hollywood ein Thema, sondern auch im Bistum Eichstätt. Dort bietet Pfarrer Michael Kleinert eine besondere Form der inneren Einkehr an: Filmexerzitien.

 (DR)

KNA: Herr Kleinert, welchen Film würden Sie niemals zeigen?

Pfarrer Michael Kleinert (Leiter des diözesanen Exerzitienreferats im Bistum Eichstätt): Einen Horrorfilm. Und damit generell nichts, was zu sehr unter die Haut ginge. Denn bei unseren Exerzitien gibt es nicht die Ablenkung, die der Alltag bietet. Deshalb darf die Auswahl nicht allzu sehr aufwühlen. Ebenfalls ausgeschlossen sind zu seichte Streifen. Schließlich erwarten die Teilnehmer Filme mit Tiefgang und Botschaft.

KNA: Welche Eigenschaften muss ein Film für Ihr Programm noch haben?

Kleinert: Er muss existenzielle Themen ansprechen: Liebe, Hoffnung, erfülltes Leben, Umgang mit Krankheit und Tod zum Beispiel. Auch sollte er inhaltlich und ästhetisch anspruchsvoll sein. Und ein Film sollte offen für Transzendenz sein.

KNA: Können Sie das an einem Beispiel erklären?

Kleinert: "Ida" ist mein Lieblingsfilm aus meinen bisher acht Eichstätter Filmexerzitien-Jahren. "Ida" ist ein polnisches Drama aus dem Jahr 2013. Es geht um eine junge Frau in den 1960er Jahren, die Nonne werden will und entdeckt, dass ihre Lebensgeschichte eine ganz andere ist als die, mit der sie aufwuchs, dass sie als Jüdin geboren wurde. In sehr stimmiger Form - in Schwarz-Weiß, in reduzierter Sprache - geht es um Motive wie Identität, Glaube, Schuld, also existenzielle Fragen. Fragen, die auch die Exerzitienteilnehmer betreffen.

KNA: Wie entdecken Sie einen Film wie "Ida"?

Kleinert: Ich gehe ins Programmkino. Außerdem lese ich Fachzeitschriften wie den "Filmdienst".

KNA: Wenn Sie dann etwas vorgeführt haben: Was fangen die Zuschauer mit dem Film an?

Kleinert: Vor dem Film gibt es eine kurze Einführung. Danach haben die Teilnehmer Zeit, den Film auf sich wirken zu lassen. Deshalb sprechen wir nicht sofort darüber. Der Film bekommt Zeit, bei jedem seine Wirkung zu entfalten. Das kann bei jedem Teilnehmer etwas anderes sein. Denn auch wenn wir gemeinsam denselben Film anschauen, hat jeder seinen eigenen Film gesehen.

KNA: Und dann?

Kleinert: Am nächsten Morgen sprechen wir ausführlich über den Film. So lange, bis jede und jeder spürt: Was möchte der Film mir sagen? Was möchte Gott mir mit diesem Film sagen? Wir setzen viele Methoden ein. Wir malen auch mal oder schreiben Gedanken auf. Wenn wie in "Imagine" der Hauptdarsteller blind ist, gehen die Teilnehmer mit geschlossenen Augen im Raum. Und wenn wie in "Der Schnee am Kilimandscharo" ein Metaxa auf das Leben getrunken wird, dann trinken auch wir einen Metaxa auf das Leben. In den persönlichen Gebetszeiten darf das alles dann auch vor Gott zur Sprache kommen.

KNA: Müssen die Teilnehmer eigentlich bestimmte Voraussetzungen mitbringen?

Kleinert: Sie sollten gerne Filme anschauen wollen. Dazu muss man auch lange sitzen können, mancher Film dauert schließlich über zwei Stunden. Ein ausgeprägter Cineast muss niemand sein. Richtig ist, wer neugierig ist, was der Film ihm sagen möchte. Und wer sich auf all das einlassen möchte, was sonst noch zu Exerzitien gehört: Gebetszeiten, Schweigen, Gottesdienste und Begleitgespräch.

KNA: Wenn dies für alle Exerzitienformen gilt - was ist dann das Besondere an der Film-Variante?

Kleinert: Filmexerzitien sind etwas für Menschen von heute. Filme sind ein heutiges Medium. Mir ist es wichtig, dass die Menschen erfahren: Gott, Glaube, Kirche sind nicht von gestern, sondern von heute. Und die Teilnehmer werden dort auf Menschen treffen, die wie sie selbst heutig und aufgeschlossen sind. Das macht Mut; auch gerade Menschen, die sich in klassischen Glaubensangeboten nicht so zu Hause fühlen. - Übrigens geben wir die Filmexerzitien zu zweit. Ich arbeite zusammen mit meiner Kollegin, der Pastoralreferentin Christina Noe. Dass hier Frau und Mann im Team arbeiten, auch das entspricht ganz der heutigen Form der Exerzitien.

KNA: Gucken Sie sich dann zur Vorbereitung gemeinsam die Oscar-Verleihung an?

Kleinert: Nein. Wir nehmen schon wahr, was da prämiert wird. Ob diesmal ein Film im Rennen ist, der für uns interessant sein könnte, weiß ich nicht. Das kann durchaus sein. Mein Lieblingsfilm "Ida zum Beispiel hat 2015 den Oscar als bester fremdsprachiger Beitrag gewonnen.

Das Gespräch führte Christopher Beschnitt.


Michael Kleinert, Leiter des Exerzitienreferates des Bistums Eichstätt / © Christopher Beschnitt (KNA)
Michael Kleinert, Leiter des Exerzitienreferates des Bistums Eichstätt / © Christopher Beschnitt ( KNA )
Quelle:
KNA