Eine geistliche Betrachtung über das richtige Fasten

Über den Body den Geist nicht vergessen

Weniger Süßigkeiten und Alkohol, mehr Bewegung - viele Menschen nutzen die Fastenzeit, um sich und ihrem Körper etwas Gutes zu tun. Doch auch der Blick nach innen sollte dabei nicht fehlen.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Wie funktioniert richtiges Fasten? / © Jörg Loeffke (KNA)
Wie funktioniert richtiges Fasten? / © Jörg Loeffke ( KNA )

Für all diejenigen, die diese Fastenzeit auch dazu nutzen wollen, den Winterspeck loszuwerden, beginnt nun der Endspurt. Mitte April ist Ostern - und dann wird es schwer, eisern zu bleiben, wenn wieder all die Schoko-Eier, Kuchen und andere Köstlichkeiten auf einen warten.

Und auch, wenn es in der Fastenzeit nicht in erster Linie darum geht, Gewicht zu reduzieren, ist es ja durchaus nicht schlecht, wenn man in dieser Zeit auf bestimmte Speisen verzichtet, um überflüssige Pfunde loszuwerden. Schließlich sind die 40 Tage, in denen Jesus in der Wüste war und fastete, das große Vorbild für die österliche Bußzeit. Genauso hilfreich kann es sein, wenn man diese besondere Zeit nutzt, um Gewohntes zu ändern oder sich neue Gewohnheiten anzueignen: Weniger essen, mehr Bewegung und Sport, ausreichend Schlaf und gesunde Lebensmittel sind die Schlagworte.

Selbstoptimierung das ganze Jahr über

Doch manche schießen über das Ziel hinaus. Die Selbstoptimierung des eigenen Körpers ist für viele Menschen eine wichtige Aufgabe geworden, nicht nur in der Fastenzeit. Es ist in Ordnung, sich um sich selbst zu sorgen und wieder in Form zu kommen. Es darf sogar als geistlicher Auftrag verstanden werden. Schließlich schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth: "Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!" (1 Kor 6,19f). Zur Verherrlichung Gottes ist es dann nur recht, am Tempel "Leib" zu arbeiten und auf sich zu achten.

Doch wie mit allem, so ist auch hier das richtige Maß wichtig. Auf sich zu achten und ungesunde Gewohnheiten abzulegen ist die eine, gute Sache. Doch verbissen nur noch den Körper und die eigene Fitness im Blick zu haben, schießt über das eigentliche Ziel hinaus. Denn beim Fasten geht es weniger um Körperfettwerte und den richtigen BMI, sondern es ist immer ein "um zu".

Herausfinden der eigenen Glaubenssätze

Es ist wichtig, den Tempel, in dem der Geist wohnt, in einen guten Zustand zu bringen. In einem "aufgeräumten" Tempel fällt es leichter, seinen Blick nach innen zu richten. Hier gilt es, sich einmal wirklich auf sich selbst einzulassen und wahrzunehmen, wie es um einen bestellt ist. Was sind die Glaubenssätze, also die meist negativen Grundannahmen und inneren Saboteure, die das eigene Leben bestimmen? Mit wem ruft man "Hosianna"? Und welche Ideen des eigenen Lebens muss man endgültig zu Grabe tragen?

Aber auch der Blick "nach außen" darf nicht zu kurz kommen. Denn als Christ geht es immer auch darum, nicht nur sich selber in den Blick zu nehmen. So kann man sein Konsumverhalten hinterfragen: Wo kommt der Kaffee her, den man Tag für Tag trinkt? Welche Folgen hat es für die Schöpfung, wenn man für seinen morgendlichen Smoothie das ganze Jahr über frische Erdbeeren haben möchte? Wem hilft all das Superfood wirklich, das man isst, um den Körper fit zu halten und sich etwas Gutes zu tun?

Gewohnte Muster durchbrechen

Solche Überlegungen sind möglich, wenn der Geist ins Denken kommen kann, weil gewohnte Muster durchbrochen werden und der Leib nicht träge, satt oder sogar benebelt ist. Denn der Verzicht und das "mehr" an neuen Verhaltensweisen wie Sport bringen auch innerlich etwas in uns in Bewegung. Wir können die Welt und uns selber aus einer anderen Perspektive betrachten. Das stellt jeder fest, der sich mal anders durch die Welt bewegt - zur Abwechslung mal zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Schon eine kleine Änderung kann zu neuen Entdeckungen und Erkenntnissen führen.

Und wer nicht mehr gedankenlos eine Tasse Kaffee nach der anderen trinkt, kann sich überlegen, was er wirklich braucht, um wach zu sein. Dabei wird er zugleich zum Genießer, der gute Dinge wie eine Tasse Kaffee zu schätzen weiß. Dazu kann dann auch gehören, sich Zeiten zu nehmen, in denen man auch mal auf die gewohnte Gesellschaft verzichtet und ein Treffen absagt. Eine solche Auszeit von all den Worten und Meinungen anderer Menschen ist hilfreich, um in Ruhe nachzudenken und zu reflektieren.

Gesundes Maß halten

Wer so hinter die Dinge schaut, wer auf seinen Körper in einem guten und gesunden Maß achtet, der pflegt - mit den Worten des Propheten Jesaja – "ein Fasten, wie ich es liebe". Und von Gott darf er sich ohnehin geliebt wissen - egal, ob der Körper nun perfekt ist oder nicht.


Gläubige bei einem Werktagsgottesdienst in der Fastenzeit. / ©  Harald Oppitz (KNA)
Gläubige bei einem Werktagsgottesdienst in der Fastenzeit. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA